Was Eltern minderjähriger Kinder unbedingt wissen sollten
Was gilt, wenn Kinder eigenmächtig Verträge abschließen, Schäden verursachen oder wenn es um das Thema Ausgehen und Freundin oder Freund geht? Darüber müssen Eltern Bescheid wissen.
I. Wenn Kinder Verträge schließen
1.1. Wann wird ein Kind zur geschäftsfähigen Person?
Kinder zwischen 0 und 6 Jahren
Kinder, die noch nicht 7 Jahre alt sind, sind nach § 104 Abs. 1 BGB absolut geschäftsunfähig. Alle rechtlich bedeutsamen Erklärungen, die sie abgeben, sind nichtig. Sie können keinerlei Verträge wirksam abschließen. Daran ändert auch die elterliche Erlaubnis nichts.
Mit Hilfe von Smartlaw können Sie sich schriftlich von ungewollten Verträgen lösen. Am Ende wird es immer darauf ankommen, welches Geschäft Ihr Kind abschließt.
Kauft sich zum Beispiel Ihre 6-jährige Tochter, die schon über ein paar Euro Taschengeld verfügt, ohne Ihr Einverständnis am Kiosk ein Comic-Heftchen, könnten Sie auf der Rückabwicklung des nichtigen Geschäftes bestehen. In der Praxis werden Sie die Augen zudrücken und Ihr Recht nicht durchsetzen.
Kauft sich Ihre 6-jährige Tochter allerdings auf dem Schulweg ein Paar Schuhe, nachdem sie dafür ihr Sparschwein geschlachtet hat, können Sie die Schuhe umtauschen, auch wenn die Verkäuferin nicht gewusst hat, dass das Kind noch unter 7 Jahre alt ist. Das Nichtwissen schützt den Verkäufer nicht.
Rechtlich komplizierter wird es, wenn die Eltern ihr unter 7 Jahre altes Kind zum Beispiel zum Bäcker schicken. Dann treten die Kinder nur als Bote auf. Rein rechtlich werden die Eltern zum Vertragspartner des Verkäufers. Das Kind ist nur ihr Sprachrohr
.
Geht hier etwas schief, kann Ihr Sohn oder Ihre Tochter für nichts persönlich verantwortlich gemacht werden. Das gilt auch, wenn das Kind aus Versehen etwas Falsches verlangt. Dann ist das Ganze so, als hätten Sie sich selbst versprochen.
Kinder zwischen 7 und 18 Jahren
Mit dem siebten Geburtstag darf Ihr Kind rechtlich bedeutsame Erklärungen abgeben, für die es aber die Einwilligung seiner Eltern braucht (§ 6 BGB). Jetzt ist es beschränkt geschäftsfähig. Der Vertrag ist nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam
. Konkret: Als Eltern können Sie Ihre Genehmigung noch nachträglich erteilen, um das Geschäft wirksam zu machen. Das geschieht in aller Regel stillschweigend, nämlich wenn Sie sich nicht rühren.
Ihre 13-jährige Tochter kauft sich auf dem Schulweg ebenfalls ein Paar Schuhe, nachdem sie dafür ihr Sparschwein geschlachtet hat. Sie haben nichts dagegen, genehmigen das Rechtsgeschäft also stillschweigend.
Ausnahme: Manchmal reicht selbst die elterliche Genehmigung nicht aus, eine rechtsgeschäftliche Bindung des Kindes wirksam werden zu lassen. Das ist insbesondere immer dann der Fall, wenn es sich um größere Sachen
wie zum Beispiel einen Grundstückskauf handelt. Hier muss das Familiengericht zustimmen. Und sind gar die eigenen Eltern oder die Großeltern daran beteiligt, muss noch ein sogenannter Ersatzpfleger eingeschaltet werden.
Ab 18 Jahren
Mit Eintritt der Volljährigkeit, also ab dem 18. Geburtstag, wird Ihr Kind voll geschäftsfähig. Es nimmt wie jeder andere Erwachsene am Rechtsverkehr teil. Das heißt, es muss für alles persönlich geradestehen. Einen Minderjährigenschutz gibt es nicht mehr.
Aber: Ein Geschäft, das noch aus der Zeit der Minderjährigkeit herrührt und noch schwebend unwirksam ist, wird nicht mit Eintritt der Volljährigkeit automatisch wirksam. Der Neu-Erwachsene kann sich aber selbst die Genehmigung erteilen (§ 108 Abs. 3 BGB). Hierfür reicht es aus, wenn die Genehmigung stillschweigend erteilt wird.
Ein Minderjähriger hat kurz vor seinem 18. Geburtstag ohne Wissen seiner Eltern ein Motorrad bestellt, obwohl er wusste, dass er deren Genehmigung gebraucht hätte. Nach Eintritt der Volljährigkeit holt er das Motorrad ab und bezahlt. Hierdurch wird der ursprünglich schwebend unwirksame Vertrag wirksam.
1.2. Wann bestimmen die Eltern?
Grundsätzlich immer bei Minderjährigen
Will ein Minderjähriger am Geschäftsleben bzw. Rechtsleben teilnehmen, braucht er grundsätzlich für alle Handlungen und Willensäußerungen, die relevant sind, die Genehmigung seiner Eltern (§ 107 BGB). Betroffen sind hiervon nicht nur Verträge wie zum Beispiel ein Kaufvertrag über ein Fahrrad oder einen Mobilfunkvertrag. Es gibt noch zahlreiche andere rechtlich bedeutsame Handlungen.
Packt zum Beispiel die 16-jährige Tochter die Schulunlust, kann sie sich nicht ohne elterliche Genehmigung von der Schule abmelden. Darauf wird die Schulleitung schon achten.
Im kommerziellen Geschäftsverkehr gibt es schon eher Probleme. Schließlich ist es keine Seltenheit, dass Jugendliche mit mehreren Hundert Euro – etwa aus Geldgeschenken – alleine zum Einkauf losmarschieren. Deshalb ist es für Eltern ganz besonders wichtig zu wissen, was sie tun können, wenn sie mit den Geschäften des eigenen Kindes nicht ganz einverstanden sind.
Denn häufig wird der minderjährige Kunde keine Einwilligung nachweisen und auch nicht danach gefragt. Offensichtlich hoffen viele Geschäftsleute in diesem Fall, dass es trotzdem seine rechtliche Ordnung
hat. Oder sie denken vielleicht gar nicht daran.
Aber: Einen Gutglaubensschutz zugunsten der Vertragspartner eines Minderjährigen gibt es nicht. Selbst wenn der Geschäftspartner womöglich von dem Jugendlichen erzählt bekommen hat, die Eltern seien mit dem Geschäft einverstanden, nützt ihm das nichts. Wollen Sie also das Geschäft Ihres Kindes nicht genehmigen, können Sie die Rückabwicklung des Geschäftes verlangen.
Während dieses Schwebezustandes ist der Vertragspartner Ihres Kindes selbst aber an den Vertrag gebunden, wenn er die Minderjährigkeit und die fehlende Einwilligung gekannt hat. War dies nicht der Fall, kann er seinerseits bis zur Genehmigung vom Vertrag zurücktreten.
Will der Vertragspartner Ihres Kindes auf Nummer sicher gehen, wird er Sie als gesetzlicher Vertreter zur Genehmigung auffordern. Dann haben Sie noch zwei Wochen Bedenkzeit, ob Sie den Vertrag genehmigen wollen. In diesem Fall können Sie sogar eine schon erteilte Genehmigung zurückziehen. Äußern Sie sich nicht, gilt die Genehmigung auf alle Fälle als verweigert.
Die Verweigerung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie erst nach einer gewissen Zeit (z.B. drei Monaten) erfolgt. Allerdings macht sich der Minderjährige unter Umständen schadensersatzpflichtig, wenn dem Vertragspartner durch das Ganze ein Vermögensschaden entstanden ist und man dem Jugendlichen deswegen einen Schuldvorwurf machen kann (LG Schwerin, Urteil vom 28.8.2003, 2 S 53/03, DAR 2004 S. 98).
Ausnahmen von der Genehmigungspflicht
Taschengeldgeschäfte müssen nicht genehmigt werden
Ein Minderjähriger darf auch ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters beliebige Verträge schließen, wenn seine vertragsmäßige Leistung mit Geldmitteln bewirkt
wird, die ihm zur freien Verfügung überlassen worden sind. Das regelt § 110 BGB, der sogenannte Taschengeldparagraf.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich das Kind etwas Kleines oder Großes leisten will. Die verwendeten Geldmittel können auch von anderer Seite her stammen (z.B. von Verwandten) – immer vorausgesetzt, die gesetzlichen Vertreter, also Sie als Eltern, sind mit der freien Verwendung einverstanden. Sind Sie es nicht, kommt kein wirksamer Vertrag zustande. Der Vertragspartner kann sich nicht darauf berufen, von nichts gewusst zu haben. Der Minderjährigenschutz geht immer vor.
Ihr Sohn verfügt seit der Konfirmation über größere Geldmittel, die nach Ihrer Vorstellung auf das Sparkonto des Kindes sollen. Ihr Sohn hat sich allerdings schon die neueste Playstation gekauft. Hier können Sie den Erwerb rückgängig machen, indem Sie dem Verkäufer gegenüber Ihre Genehmigung verweigern. Schließlich waren Sie mit der freien Verwendung des Geldes nicht einverstanden.
Haben Sie dagegen das Geld Ihrem Kind als Taschengeld zur Verfügung gestellt, können Sie zwar Einfluss nehmen und bestimmen, wofür und in welchem Umfang es ausgegeben werden darf. Denn auf jeden Fall geht das elterliche Erziehungsrecht vor. Dies müssen Sie aber rechtzeitig tun. Nachträglich können Sie nichts verbieten. Es ist aufgrund des Taschengeldparagrafen ein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Allerdings ist es immer eine Frage des Beweises, wann Sie das Verbot ausgesprochen haben.
Es kann aber auch passieren, dass Ihr Kind Sie vor vollendete Tatsachen stellen will, die sich nicht mehr umkehren lassen, indem es sich ein Piercing oder ein Tattoo machen lässt.
Sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrer Tochter bzw. Ihrem Sohn. Sagen Sie, wenn andere Argumente nicht ziehen, dass Sie solche Alleingänge verbieten. Erklären Sie, dass Sie die in der Regel von Minderjährigen verlangte schriftliche Zustimmung nicht erteilen werden und den Geschäftsinhaber gegebenenfalls wegen Körperverletzung anzeigen werden. Fälscht dann Ihr Kind Ihre Unterschrift, muss es seinerseits mit einer Strafanzeige wegen Betruges durch das Studio rechnen.
Selbst wenn Sie generell erlaubt haben, dass das Taschengeld beliebig verwendet werden darf, wird der Vertrag des Kindes erst wirksam, wenn tatsächlich bezahlt worden ist. Hat Ihre minderjährige Tochter zum Beispiel etwas aus einem Katalog gegen Rechnung bestellt, können Sie Ihre Einwilligung noch so lange widerrufen, bis der Betrag von ihrem Konto abgebucht worden ist.
Achtung! Sämtliche Ausführungen an dieser Stelle sind für Sie natürlich dann spiegelbildlich genauso wichtig, wenn Sie nicht als Eltern, sondern selbst als Verkäufer handeln.
Keine Zustimmung bei rein rechtlichem Vorteil für Ihr Kind
Nach § 107 BGB müssen gesetzliche Vertreter nicht zustimmen, wenn mit dem Rechtsgeschäft mit dem Minderjährigen keine wirtschaftlichen Nachteile verbunden sind.
Typischer Fall ist die Schenkung an einen Minderjährigen. Dann aber dürfen keine Auflagen und Bedingungen damit verbunden sein, die den Minderjährigen rechtlich belasten. Schenkt zum Beispiel die Großmutter ihrer 15-jährigen Enkeltochter eine Querflöte mit der gleichzeitigen Auflage, ihrer Cousine gratis Flötenunterricht zu erteilen, kann die Enkelin schon nicht mehr über die Annahme der Flöte allein entscheiden. Hier müssen Sie als Eltern Ihre Einwilligung geben.
Dieser Fall dürfte allerdings nicht allzu häufig vorkommen. Häufiger stellt sich das Problem immer dann, wenn Grundstücks- oder andere Vermögensübertragungen familienintern geschehen sollen, um zum Beispiel Steuern zu sparen. Hier ist mit der Schenkung häufig auch ein Nachteil verbunden. Das gilt zum Beispiel bei Schenkung einer Eigentumswohnung durch die Wohngeldzahlungsverpflichtung (BayObLG, Urteil vom 4.9.2003, 2 ZR BR 162/03, NJW-RR 2004 S. 810). Dasselbe gilt, wenn zum Beispiel ein geschenktes Grundstück noch mit einer Hypothek belastet ist.
Bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen gibt es Teilgeschäftsfähigkeit
Steht ein Jugendlicher schon in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis, dürfen Eltern den Kindern nach § 113 BGB für diesen Bereich die volle Geschäftsfähigkeit einräumen.
Das heißt, sie erteilen eine generelle Zustimmung für Willenserklärungen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Diese Teilgeschäftsfähigkeit berechtigt zum Beispiel dazu, den Lohn selbst in Empfang zu nehmen und ein Girokonto zu eröffnen. Sogar einen Mietvertrag darf der Jugendliche eigenständig abschließen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht am bisherigen Wohnsitz ausgeübt werden kann. Und letztlich darf sogar der Arbeitsvertrag gekündigt werden. Auch die Entscheidung über Überstunden oder Sondertätigkeiten, ein Gewerkschaftsbeitrag und Anträge auf Sozialleistung können dann ohne weitere elterliche Genehmigung erfolgen.
Aber: Ein Berufsausbildungsvertrag darf nicht ohne elterliche Genehmigung abgeschlossen werden.
Die Banken lassen sich zwar gerne bei der Kontoeröffnung für Auszubildende eine sogenannte Generaleinwilligung unterschreiben. Das ist möglich. Im Zweifel geht aber der Minderjährigenschutz vor. Das heißt, die elterliche Genehmigung kann nur Geschäfte umfassen, die nach Art und Geldbetrag bei einem Jugendlichen üblich sind. Kommt es zum Beispiel zu einer Kontoüberziehung, was die Banken in einem bestimmten Rahmen schon mal zulassen, haben sie, wenn es zum Streit kommt, keinen Anspruch auf die Zinsen. Denn zu dieser Art der Kreditgewährung hätte es nicht nur der elterlichen Genehmigung, sondern auch der Genehmigung durch das Familiengericht bedurft.
Klären Sie mit Ihrer Bank schon bei Eröffnung des Girokontos, in welcher Höhe Ihre Tochter oder Ihr Sohn frei über sein Konto verfügen soll. Sie können sogar bestimmen, dass ein bestimmter Restbetrag immer übrig bleiben soll.
1.3. Wann hat das Familiengericht das Sagen?
Sind minderjährige Kinder an besonders gravierenden Rechtsgeschäften beteiligt, reicht nicht einmal die elterliche Genehmigung für deren Wirksamkeit aus.
Die familiengerichtliche Genehmigung ist erforderlich bei:
Geschäften mit Grundstücken, z.B. Verkauf oder Kauf (§ 1821 BGB).
Geschäften über das Gesamtvermögen oder aber über eine Erbschaft von Kindern und Jugendlichen (§ 1822 Nr. 1 BGB). Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Minderjähriger eine Erbschaft macht und aus dieser Erbschaft heraus einem Angehörigen ein Privatdarlehen geben will (OLG Köln, Beschluss vom 30.11.1998, 14 Wx 22/98, NJW-RR 1999 S. 877).
Verträgen über einen Geschäftsanteil (§ 1822 Nr. 3 BGB). Hier kann aber eine Ausnahme gemacht werden, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, dass eine Nachschusspflicht nicht infrage kommt und die Eltern den Kaufpreis geschenkweise zur Verfügung stellen (OLG Bremen, Beschluss vom 24.2.1999, 4 UF 16/99, NJW-RR 1999 S. 876).
Miet- und Pachtverträgen (sowohl als Mieter oder Vermieter bzw. Pächter oder Verpächter) oder Versicherungsverträgen sowie anderen Verträgen, durch die Minderjährige zu wiederkehrenden Leistungen über das 18. Lebensjahr hinaus verpflichtet werden (§ 1822 Nr. 5 BGB).
Kreditgeschäften (§ 1822 Nr. 8 BGB), worunter auch Dispositionskredite im Rahmen eines Girovertrages fallen.
Schuldverschreibungen auf den Inhaber, auch Inhaberschecks, worunter die üblichen Bankschecks fallen (§ 1822 Nr. 9 BGB).
Übernahme von Verbindlichkeiten, einschließlich Bürgschaften (§ 1822 Nr. 10 BGB).
Erteilung einer Prokura, wenn der Minderjährige Inhaber eines Handelsgeschäfts ist.
der Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses sowie beim Verzicht auf einen Pflichtteil in einem Erbfall (§ 1643 Abs. 2 BGB).
Tatsächlich spielen die meisten der genannten Fälle aber im Leben eines Minderjährigen keine große Rolle. Anders sieht es dagegen bei Versicherungs- und Kreditgeschäften aus.
1.4. Was müssen Sie zu Versicherungs- und Kreditverträgen von Minderjährigen wissen?
Versicherungen
Lebens-, Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherungen können mit ihren sehr langen Laufzeiten durch die jahrelang zu leistenden Versicherungsprämien eine erhebliche Belastung darstellen. Deshalb ist in solchen Fällen sogar die Genehmigung des Familiengerichtes erforderlich (§ 1643 Abs. 1, § 1822 BGB). Die Genehmigung ist für alle Versicherungsverträge erforderlich, deren Laufzeit über den Eintritt der Volljährigkeit hinausreicht. In der Regel wird daher nicht der Minderjährige als Versicherungsnehmer eingesetzt, sondern ein Elternteil.
Es spielt keine Rolle, dass der Minderjährige den Vertrag möglicherweise vorher kündigen kann, wenn damit wesentliche Vermögenseinbußen einhergehen. Schon gezahlte Prämien sind also in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn der jugendliche Versicherungsnehmer aus dem Vertrag wieder aussteigen will. Bearbeitungs- und Verwaltungskosten darf der Versicherer nicht zurückbehalten. Schließlich hätte er wissen müssen, dass es bei Minderjährigen der vormundschaftlichen Genehmigung bedarf.
Wird der Minderjährige volljährig und zahlt weiter, wird der Vertrag aber unter Umständen jetzt wirksam, weil er ihn durch die Bezahlung stillschweigend (konkludent) genehmigt hat. Ausnahme: Der Versicherungsnehmer war sich über die Rechtslage nicht im Klaren. So kann selbst Jahre nach der Volljährigkeit noch das Recht bestehen, die Police bei voller Prämienerstattung zurückzugeben.
TippSollte sich die Versicherung weigern, beschwert man sich am besten bei dem Ombudsmann der Versicherungswirtschaft.
Kreditverträge
Soll zwischen einer Bank und einem Minderjährigen ein Kreditvertrag geschlossen oder soll ein Überziehungskredit im Rahmen eines Girokontos eingeräumt werden, muss schon während der Vertragsverhandlungen das Familiengericht eingeschaltet werden. Praktische Relevanz hat das, wenn der Minderjährige z.B. durch eine Erbschaft (Mit-)Eigentümer einer Immobilie geworden ist, für die ein Investitionsdarlehen aufgenommen oder eine Umschuldung vorgenommen werden soll.
Eine Ausnahme gibt es hier nur im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses. Ansonsten gilt der Grundsatz, dass bei Minderjährigen Konten auf reiner Guthabenbasis zu führen sind.
Kommt es dennoch zu einer Kontoüberziehung, so wird der Kredit selbst bei einer nachträglichen ausgleichenden Einzahlung nicht wirksam. Deshalb kann ein Kreditinstitut von den jugendlichen Bankkunden zwar den geliehenen Geldbetrag zurückverlangen, aber keine Zinsen. Es darf keine Negativmeldung bei der Schufa erfolgen.
TippÜberprüfen Sie im Fall des Falles, ob möglicherweise doch eine Meldung bei der Schufa erfolgt ist. Beantragen Sie gegebenenfalls die sofortige Löschung dieser unzulässigen Eintragung.
Der Satz Eltern haften für ihre Kinder
ist in diesem Zusammenhang falsch. Die Eltern des minderjährigen Kunden können für die Schulden nicht in Anspruch genommen werden.
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen das Kind selbst sind unverhältnismäßig, da das Kreditinstitut in der Regel ein Mitverschulden an der Situation trifft. Schließlich hätte es durch entsprechende Vorsorgemaßnahmen die Kontoüberziehung verhindern können.
Wenden Sie sich im Streitfall an die Schiedsstellen der verschiedenen Kreditinstitute.
Die Genehmigung selbst erhalten Sie bei den Amtsgerichten, wo die Familiengerichte untergebracht sind. Erkundigen Sie sich am besten vor der Antragstellung wegen der Einzelheiten. Das Gericht entscheidet dann danach, was im Interesse des Kindes liegt. Das Interesse der Eltern spielt hier keine Rolle. Zumeist wird dem Kind in diesem Genehmigungsverfahren ein eigener Rechtsanwalt (Verfahrenspfleger) zur Vertretung seiner Interessen beigeordnet.
Ein Vater hatte, um Steuern zu sparen, größere Vermögensteile auf seine Tochter übertragen. Die Erträge sollten zur Prämienzahlung im Rahmen einer Kapitallebensversicherung verwendet werden. Nutznießer für den Fall der Auszahlung sollte der Vater selbst sein. Ein derartiges Geschäft kann aber nicht vom Familiengericht genehmigt werden. Hier liegt eindeutig das Interesse beim Vater und nicht aufseiten des Kindes. Beachtet das Familiengericht diese Grundsätze nicht, kann dem Minderjährigen ein Schadensersatzanspruch entstehen, der gegen das jeweilige Bundesland gerichtet ist.
Wenn es schnell gehen soll, kann man das genehmigungspflichtige Geschäft schon vorher abschließen und die Genehmigung des Familiengerichtes nachreichen. Der Vertrag ist so lange schwebend unwirksam, bis das Gericht seine Zustimmung erteilt hat. Fordert die Gegenseite die Eltern beziehungsweise den gesetzlichen Vertreter (Ergänzungspfleger) auf, nachzuweisen, ob die Genehmigung erteilt worden ist, muss diese binnen zwei Wochen nach dem Erhalt der Aufforderung erfolgen. Andernfalls gilt die Genehmigung als verweigert (§ 1829 Abs. 2 BGB). Der Vertrag ist dann rückwirkend unwirksam.
1.5. Wenn die eigenen Eltern zum Vertragspartner werden
Wollen Sie mit Ihren eigenen Kindern Geschäfte machen
, um zum Beispiel Steuern zu sparen, brauchen Sie einen sogenannten Ergänzungspfleger, um Interessenkonflikte zu vermeiden (§ 1623 BGB). Typische Fälle hierfür sind:
Schenkung gegen Nießbrauch, wenn zum Beispiel das elterliche Grundstück übertragen werden soll, um Erbschaftsteuer zu sparen;
Schenkung mit anschließender Darlehensgewährung an die Eltern;
Arbeits- bzw. Ausbildungsvertrag;
unentgeltlicher Zuwendungsnießbrauch, also die Übertragung des Rechts, Grundeigentum zu vermieten oder zu verpachten;
Schenkungsvertrag mit anschließender Beteiligung als stiller Gesellschafter;
unentgeltliche Übertragung von GmbH-Anteilen;
Gründung von Familienpersonengesellschaften wie OHG, KG, BGB-Gesellschaft usw.
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Wenn es sich um ein Geschäft handelt, das vom Familiengericht genehmigt werden muss, erkundigen Sie sich am besten vorab schon bei dessen Geschäftsstelle, ob Sie zusätzlich einen Ergänzungspfleger brauchen.
Der Ergänzungspfleger selbst wird gemäß § 1909 BGB vom Gericht bestellt, nachdem Sie dem Gericht mitgeteilt haben, dass Sie mit Ihrem Kind ein Geschäft abschließen wollen. Das sollten Sie auch unverzüglich tun, damit das Ganze rechtlich Bestand hat. Anderenfalls könnte das insbesondere bei Steuersparmodellen zum Eigentor werden.
Bei der Auswahl hat das Gericht freie Hand, lässt Sie aber einen Vorschlag machen. Klar ist, dass der Pfleger nicht gerade aus dem nächsten Verwandtenkreis des Kindes genommen wird.
Überlegen Sie sich am besten rechtzeitig, welche honorige – gegebenenfalls sogar sachkundige – Person aus Ihrem Bekanntenkreis infrage kommt. Dann kann kaum etwas schiefgehen, und das Verfahren zieht sich nicht unnötig in die Länge. Beachten Sie aber: Sind mit der Ergänzungspflegschaft Rechtsfragen verbunden, wird das Gericht nur einen Rechtsanwalt als Ergänzungspfleger bestellen.
Eine Vergütung kann der bestellte Pfleger normalerweise nicht verlangen (§ 1915, 1836 Abs. 1 BGB). Das Familiengericht kann jedoch, wenn der Umfang und die Bedeutung des Geschäftes es rechtfertigen, eine angemessene Vergütung zusprechen. Betreibt der Ergänzungspfleger diese Aufgabe beruflich (das gilt für Rechtsanwälte und Berufsbetreuer), wird er auf jeden Fall eine Vergütung beantragen.
1.6. Welche Bedeutung hat das Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger?
Mit dem Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger soll zwar der Start in die Volljährigkeit ohne Schulden möglich sein. Es gilt aber nur für Verbindlichkeiten, die die Eltern im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht durch Rechtsgeschäfte oder sonstige Handlungen für das Kind begründet haben. Das heißt, das Kind haftet in solchen Fällen nur mit dem Vermögen, das es zum Zeitpunkt der Volljährigkeit hat (§ 1629 a BGB).
Ein Minderjähriger hat aufgrund eines längst vergessenen Testamentes das inzwischen überschuldete Geschäft seines Onkels geerbt. Die Eltern haben es versäumt, im Namen des Kindes die Erbschaft auszuschlagen. Hier kommt die Haftungsbeschränkung zum Zuge.
Schon das genannte Beispiel zeigt, wie selten diese Fälle in der Praxis sind. Für selbst begründete Verbindlichkeiten gilt das Gesetz erst gar nicht. Das Gesetz gilt auch nicht für Schulden, die aus einem vormundschaftsgerichtlich genehmigten Erwerbsgeschäft wie zum Beispiel einer eigenen kleinen Internetdesignfirma herrühren. Und es gilt außerdem nicht, wenn die Schulden der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse gedient haben wie zum Beispiel der Erwerb eines Computers.
II. Rechte und Pflichten innerhalb des Elternhauses
2.1. Die elterliche Sorge – Hauptaufgabe der Eltern
Elterliche Sorge heißt, dass Sie für Ihr Kind die Personen- und Vermögenssorge haben (§ 1627 BGB). Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern einigen.
Das gilt selbst bei Trennung oder Scheidung der Eltern. Denn ein gemeinsames Sorgerecht ist auch hier der Regelfall, das einseitige Sorgerecht die Ausnahme.
Was bedeutet Personensorge im Einzelnen?
Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung (§ 1631 Abs. 1 BGB)
Pflege heißt körperliche Betreuung des Kindes. Dazu gehört alles von der Versorgung mit Kost und Logis bis hin zum notwendigen Arztbesuch. Verweigern Eltern zum Beispiel aus religiösen Gründen eine dringend erforderliche Operation des Kindes oder eine Bluttransfusion, besteht aber die Möglichkeit, dass die behandelnden Ärzte das Familiengericht anrufen und die Zustimmung der Eltern ersetzen lassen. Voraussetzung ist allerdings hier, dass ohne die Maßnahme mit erheblichen Gesundheitsschäden oder dem Tod des Kindes zu rechnen ist.
Auch die Frage, ob in Gegenwart von Kindern geraucht werden darf, gehört im Prinzip zur Pflege. Hier gilt, dass, solange keine gesundheitliche Vorschädigung beim Kind vorliegt, wie zum Beispiel Bronchitis, Asthma oder Allergie, das Rauchen in Gegenwart des Kindes nicht gerichtlich verboten werden kann. Es gibt keine generelle rechtliche Verpflichtung, in räumlicher Gemeinschaft mit Nichtrauchern das Rauchen zu unterlassen (BayObLG, Beschluss vom 30.4.1993, 1 ZBR 104/92, NJW-RR 1993 S. 1224).
Erziehung bedeutet, dass Sie als Eltern für die sittliche, geistige und seelische Entwicklung Ihres Kindes in erster Linie verantwortlich sind. Sie bestimmen deshalb, welche Konfession, welchen Sport, welche Schulausbildung und welcher Beruf für Ihr Kind infrage kommen (s.u.).
Durch die Beaufsichtigung soll das Kind geschützt werden. Es soll weder sich noch anderen Schaden durch gefährliche Spielsachen, Schusswaffen, Gift oder Feuer zufügen. Deshalb sind Sie als Eltern verpflichtet, sich um die Freizeitgestaltung Ihrer Kinder zu kümmern. Dazu gehört auch die Vorbereitung auf den Straßenverkehr. Eltern, die sich nicht daran halten, laufen Gefahr, für Schäden, die Ihre Kinder verursachen, persönlich haftbar gemacht zu werden. Das ist eine der Fallkonstellationen, in denen
Eltern haften für ihre Kinder
zutrifft.Aufenthaltsbestimmung (§ 1631 Abs. 1 BGB)
Als Eltern bestimmen Sie, wo Ihr Sprössling regelmäßig lebt. Das wird bei minderjährigen Kindern in der Regel das Elternhaus sein. Wollen Sie aber, dass Ihr Kind ein Internat besucht oder eine Kur in einem bestimmten Kurort durchführt, können Sie sich zumindest rein rechtlich Ihrem Kind gegenüber durchsetzen. Dasselbe gilt für Aufenthaltsorte zur Freizeitgestaltung wie zum Beispiel die örtliche Disco. Wollen Sie, dass Ihr Kind dort nicht hingeht, ist es Ihr gutes Recht, dies zu verbieten.
Körperliche Bestrafung (§ 1631 Abs. 2 BGB)
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig. Deshalb kann Gewalt als Erziehungsmittel für Eltern strafrechtliche Folgen haben. Außerdem sind, wenn es anders nicht geht, auch erzieherische Maßnahmen gegenüber den Eltern bis hin zum Entziehen der elterlichen Sorge möglich. Allerdings hat diese gesetzliche Regelung hauptsächlich eine Appellfunktion, die eine Bewusstseinsänderung in der Bevölkerung bewirken soll. Kommt es vereinzelt zu Verstößen, wie zum Beispiel einer spontanen Ohrfeige, wäre es wohl dem Kindeswohl eher abträglich, die Eltern deswegen vor Gericht zu zerren.
Religiöse Erziehung (§ 1 Gesetz über die religiöse Kindererziehung)
Grundsätzlich bestimmen beide Eltern über die Religionszugehörigkeit des Kindes. Keiner kann sie einseitig festlegen oder alleine ändern. Eltern müssen sich einigen. Andernfalls muss das Familiengericht angerufen werden. Leben die Eltern getrennt oder sind sie geschieden, gilt im Prinzip dasselbe.
Allerdings wird in Fragen der Religion dem Kind selbst schon sehr früh ein Mitspracherecht eingeräumt, das sich in vier Schritten vollzieht:
Wenn das Familiengericht eingeschaltet werden muss, z.B. um bei Trennung oder Scheidung der Eltern über den Aufenthalt, das Sorgerecht oder den Umgang zu entscheiden, ist auch ein sehr kleines Kind (ab Kindergartenalter) bereits anzuhören.
Ab dem 10. Lebensjahr ist das dann der Fall, wenn sich getrennt lebende Eltern über die Religionszugehörigkeit oder die Teilnahme am Religionsunterricht nicht einigen können.
Vom 12. Lebensjahr an kann die Religionszugehörigkeit des Kindes nicht mehr gegen dessen Willen geändert werden. Dasselbe gilt für den Fall, dass ein Kind erstmalig getauft werden soll (das ist die sogenannte beschränkte Religionsmündigkeit).
Vom 14. Lebensjahr an ist Ihr Kind voll religionsmündig und kann über sein religiöses Bekenntnis ganz allein entscheiden. Es kann jetzt schon aus der Kirche austreten oder konvertieren. Auch die Entscheidung über die Teilnahme am Religionsunterricht ist ihm nun freigestellt.
Ausbildung und Beruf (§ 1631 a BGB)
Sowohl die Wahl der Schule als auch die Wahl der anschließenden Ausbildung liegt bei den Eltern. Sind Sie zum Beispiel der festen Überzeugung, dass Ihre Tochter auf der Realschule besser aufgehoben ist als auf einem Gymnasium, ist es Ihr gutes Recht, so zu entscheiden. Sie müssen jedoch auf Eignung und Neigung des Kindes Rücksicht nehmen und in Zweifelsfällen den Rat des Lehrers einholen. Das elterliche Erziehungsrecht ist jedoch durch die allgemeine Schulpflicht eingeschränkt. Eltern, die die allgemein übliche Schule für ihr Kind zum Beispiel aus Glaubens- und Gewissensgründen ablehnen, dürfen ihre Kinder nicht vom Schulbesuch abhalten. Andernfalls laufen sie Gefahr, sogar strafrechtlich belangt zu werden (OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 15.7.2004, 2 Ss 139/04 ; VG Sigmaringen, Urteil vom 24.1.2012, 4 K 3901/09 und 4 K 33/12 ). In allen Fällen, in denen die beiden Sorgeberechtigten uneins sind oder jemand (z.B. Schule oder Jugendamt) durch eine elterliche Entscheidung das Kindeswohl gefährdet sieht, wird das Familiengericht entscheiden. Hierfür muss kein besonderer Antrag gestellt werden. Das Gericht entscheidet von Amts wegen.
Eltern entscheiden auch über den späteren Beruf, solange die Kinder noch nicht volljährig sind. Selbstverständlich müssen sie dabei auch die Eignung und Neigung ihres Kindes berücksichtigen. Sollte es über diese Frage Streit geben, kann ebenso das Familiengericht um eine Entscheidung ersucht werden. Dabei ist es möglich, dass das Kind selbst das Gericht anruft, um eine Entscheidung gegen den Willen der Eltern zu erzwingen. Das wird zwar in der Praxis nicht oft vorkommen, ist aber theoretisch möglich. Zu einer Entscheidung des Familiengerichts gegen den elterlichen Willen kommt es aber nur dann, wenn es sich um eine offensichtliche Fehleinschätzung durch die Eltern handelt und eine nachhaltige und schwere Beeinträchtigung der Kindesentwicklung zu befürchten ist.
Umgangsbestimmung (§ 1632 Abs. 2 BGB)
Als Eltern wollen und sollen Sie schädliche Einflüsse auf Ihr Kind nach Möglichkeit verhindern und es vor Belästigungen schützen. Deshalb ist es nicht nur Ihr Recht, sondern auch Ihre Pflicht, den Umgang mit anderen Personen zu überwachen und gegebenenfalls zu verbieten. Typische Fälle sind hier zum Beispiel Kontakte zum Rauschgiftmilieu. Auch frühe sexuelle Beziehungen der Kinder können Eltern zu Recht dazu veranlassen, einen bestimmten Kontakt zu verbieten.
Was bedeutet Vermögenssorge im Einzelnen?
Neben der Personensorge steht Eltern das Recht und die Pflicht zu, das Vermögen ihres Kindes zu verwalten. Dies ist deshalb von zunehmender Bedeutung, da immer mehr Vermögen aus Gründen der Steuerersparnis auf Kinder übertragen wird. Auch Großeltern, die zum Beispiel ihre Enkelkinder durch Erbschaft oder Vermögenszuwendung zu Lebzeiten bedenken wollen, sollten über die elterliche Vermögenssorge Bescheid wissen. Besonders spannend wird das, wenn die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt sind, aber z.B. nach Trennung unterschiedliche Interessen verfolgen. Informieren Sie sich deshalb anhand der nachfolgenden Auflistung über elterliche Eingriffe in das kindliche Vermögen.
Schenkungen aus dem Kindesvermögen
Diese dürfen Sie nur dann vornehmen, wenn sie einer sittlichen Pflicht entsprechen (§ 1641 BGB). Gemeint sind damit angemessene Geburtstags-, Weihnachts- oder Hochzeitsgeschenke. Unzulässige Schenkungen sind nichtig. Sie können nicht einmal vom volljährig gewordenen Kind nachträglich genehmigt werden.
Geldanlage
Das Vermögen des Kindes muss nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung angelegt werden. Infrage kommen hier Immobilien, Wohnrechte, Sparkonten, Bausparverträge, festverzinsliche Wertpapiere, insbesondere Pfandbriefe und Kommunalobligationen, Investmentanteile, offene und geschlossene Immobilienfonds, Aktien, Lebensversicherungen, Renten, Unternehmensbeteiligungen, Edelmetalle, Antiquitäten, Kunstwerke, Münzen, Briefmarken etc.
Bei größerem Vermögen sollte ein Anlageberater hinzugezogen werden. Das heißt, im Prinzip sollen Eltern für ihre Kinder so handeln, wie sie für sich selbst in eigenen Vermögensangelegenheiten agieren würden. Zusätzlich darf kein großes Risiko bei Spekulationsgeschäften eingegangen werden. Umgekehrt ist bei größeren Vermögen auch eine Anlage mit einer Mindestrendite eines Sparguthabens mit gesetzlicher Kündigungsfrist zu wenig (LG Kassel, Urteil vom 16.5.2002, 8 O 1391/97, FamRZ 2003 S. 626).
Auskunftsanspruch
Wenn das Kind volljährig ist, hat es einen Auskunftsanspruch gegen die Eltern, die Rechenschaft ablegen müssen, dass sie sorgsam mit dem Vermögen des Kindes umgegangen sind und das Geld im Interesse des Kindes verwaltet und verbraucht haben.
Halten sich Eltern nicht an die Regeln, machen sie sich gegenüber dem eigenen Kind schadensersatzpflichtig. Das gilt insbesondere, wenn sie das Geld für eigene Zwecke verwenden (OLG Köln, Urteil vom 23.10.1996, 2 U 20/96, FamRZ 1997 S. 1351). Das gilt auch, wenn nur einem Elternteil die Vermögenssorge entzogen werden soll. Also zum Beispiel, wenn der Großvater nicht möchte, dass der ungeliebte Schwiegersohn Zugriff auf das auf den Enkel übertragene Vermögen hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.9.2002, fehlt, NJW-RR 2004 S. 370).
Wichtig: Vergessen Sie nicht, dass in einigen Fällen ohnehin das Familiengericht hinzugezogen und unter Umständen sogar ein Pfleger für das Kind bestellt werden muss, wenn es um die Verfügung über das Kindesvermögen geht.
2.2. Auch Kinder haben Pflichten
Mithelfen im elterlichen Haushalt und Geschäft
Nach § 1619 BGB ist Ihr Kind, solange es noch in Ihrem Haushalt lebt, verpflichtet, im Haushalt oder in Ihrem Geschäft nach Kräften mitzuhelfen. Das gilt auch für volljährige Kinder, die noch bei den Eltern leben, und gilt selbst dann, wenn Ihr Kind auswärts studiert oder in die Lehre geht.
Da es sich hierbei um eine rein familienrechtliche Verpflichtung handelt, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Vergütung. Das heißt allerdings nicht, dass Sie auf eine steuerliche Anerkennung verzichten müssen. Diese ist möglich, wenn die Mithilfe auch durch ein Arbeitsverhältnis mit Dritten erreicht werden könnte.
Familiensolidarität
Eltern und Kinder sind einander zum Beistand und zur Rücksichtnahme verpflichtet (§ 1618 a BGB). Das heißt zum Beispiel, dass ältere Geschwister jüngeren Nachhilfe leisten oder auch einmal auf die kleinen Geschwister aufpassen müssen. Rücksichtnahme heißt, dass eigene Belange zugunsten der Familie gegebenenfalls einmal zurückgestellt werden müssen.
Zwar kommt es zwischen Minderjährigen und Eltern deswegen nicht gleich zu einem Rechtsstreit. Die meisten Konflikte innerhalb einer Familie dürften nicht justiziabel sein. Für Eltern ist es aber gut zu wissen, dass es tatsächlich ein Gesetz gibt, das ihre erzieherische Haltung begründet.
Tatsächlich können solche Streitigkeiten sogar vor Gericht ausgetragen werden – insbesondere, wenn es um den Konflikt zwischen Eltern und volljährigen Kindern geht. So muss zum Beispiel ein volljähriges Kind die elterliche Wohnung räumen, wenn sich ständige Streitigkeiten mit dem Rest der Familie anders nicht vermeiden lassen (AG Gladbeck, Urteil vom 19.12.1990, fehlt, FamRZ 1991 S. 980).
Da sich Eltern manchmal gar nicht anders gegen ihre aggressiven volljährigen Kinder zu schützen wissen, besteht zusätzlich die Möglichkeit, ein Hausverbot nach dem Gewaltschutzgesetz gegen das eigene Kind im Eilverfahren durchzusetzen.
Ausgangspunkt für ein solches familiengerichtliches Verfahren ist häufig ein polizeilicher Einsatz mit einer 10-tägigen Wegweisung. Innerhalb dieser Frist ist ein Antrag beim Familiengericht sinnvoll, der auch ohne Anwalt bei der Rechtsantragstelle mündlich entgegengenommen wird.
III. Rechte und Pflichten außerhalb des Elternhauses
3.1. Wenn es Streit ums Ausgehen gibt
Nicht nur Eltern werden beim Thema Ausgehen aus Sicht ihrer Kinder oft zum Miesmacher
, auch der Gesetzgeber erlaubt nicht alles, wonach Jugendlichen der Sinn steht. Das Jugendschutzgesetz (JuSchG) soll hier vor der eigenen Courage schützen.
Regelungen des Jugendschutzgesetzes für den Aufenthalt in der Öffentlichkeit:
Gaststättenbesuch (§ 4)
In Gaststätten dürfen sich Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur dann aufhalten, wenn eine personensorgeberechtigte oder erziehungsbeauftragte Person sie begleitet oder wenn sie in der Zeit zwischen 5:00 Uhr und 23:00 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen. Jugendliche ab 16 Jahren dürfen sich ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten Person oder Erziehungsbeauftragten in der Zeit von 24:00 Uhr bis 5:00 Uhr morgens nicht in Gaststätten aufhalten.
Dieses Verbot sowie die nachfolgenden dürfen Sie als Eltern nicht außer Kraft setzen, indem Sie z.B. eine schriftliche Erlaubnis mitgeben!
Ausnahme: Die Kinder oder Jugendlichen nehmen an einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe teil oder befinden sich auf Reisen.
Gaststätten, die als Nachtklub oder Nachtbar geführt werden, sind für Kinder oder Jugendliche aber absolut tabu.
Genuss von alkoholischen Getränken (§ 9)
Branntweinhaltige Getränke und Lebensmittel, also etwa Whiskey oder Cognac, ja sogar Schnapspralinen und Ähnliches, dürfen an Kinder und Jugendliche nicht abgegeben oder verkauft werden. Das gilt insbesondere auch für die sogenannten Alkopops. Alkoholhaltige Süßgetränke im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Alkopopsteuergesetzes dürfen sogar nur mit dem Hinweis
Abgabe an Personen unter 18 Jahren verboten, § 9 Jugendschutzgesetz
in den Verkehr gebracht werden. Natürlich ist der Verzehr in der Öffentlichkeit ebenfalls verboten.Bier, Wein und ähnliche Getränke dürfen dagegen ab 16 Jahren verzehrt werden. Das Verbot gilt nicht, wenn eine personensorgeberechtigte Person, in der Regel die Eltern, dabei sind.
Verstößt zum Beispiel ein Gastwirt gegen das Alkoholausschankverbot, macht er sich dennoch nicht ohne Weiteres schadensersatzpflichtig, wenn ein Jugendlicher infolgedessen zu Schaden kommt. Denn grundsätzlich dient das Jugendschutzgesetz dem Zweck, eine
geistige und sittliche Verwahrlosung
zu verhindern (OLG Nürnberg, Urteil vom 2.4.2004, 6 U 2507/03 ). Kommt es zu einem rauschbedingten Unfall, muss der Verschuldenszusammenhang eindeutig sein. Im entschiedenen Fall hatte sich ein betrunkener 14-jähriger Jugendlicher sein Geschlechtsteil mit dem Reißverschluss eingeklemmt. Das hätte nach Ansicht des Gerichtes auch im nüchternen Zustand passieren können.Zum weiteren Schutz der Jugend vor den Gefahren durch Alkohol besteht ein Verbot, alkoholische Getränke in Automaten anzubieten. Dies ist nur erlaubt, wenn der Automat an einem für Kinder und Jugendliche unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder anderweitig sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche keine alkoholischen Getränke entnehmen können.
Tanzveranstaltungen (§ 5)
Öffentliche Tanzveranstaltungen dürfen ohne Begleitung personensorgeberechtigter oder erziehungsbeauftragter Personen von Kindern und Jugendlichen nicht und von Jugendlichen ab 16 Jahren längstens bis 24:00 Uhr besucht werden. Ausnahmen: Handelt es sich um eine Tanzveranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe (zum Beispiel Haus der Jugend) oder dient die Veranstaltung der künstlerischen Betätigung oder der Brauchtumspflege, dürfen Kinder bis 22:00 Uhr und Jugendliche unter 16 Jahren bis 24:00 Uhr auch ohne Begleitung bleiben. Jugendlichen über 16 Jahren ist es gestattet, öffentliche Tanzveranstaltungen längstens bis 24:00 Uhr zu besuchen.
Aufenthalt in Spielhallen und Teilnahme an Glücksspielen (§ 6)
Hier haben Kinder und Jugendliche nichts zu suchen. Nur Gewinnspiele auf Volksfesten, Schützenfesten, Jahrmärkten oder ähnlichen Veranstaltungen sind gestattet, wenn der Gewinn Waren von geringem Wert darstellt.
Elektronische Bildschirmunterhaltungsspielgeräte ohne Gewinnmöglichkeiten dürfen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur in Begleitung eines Erziehungsberechtigten oder Erziehungsbeauftragten spielen. Selbstverständlich müssen die Spiele für diese Altersgruppe freigegeben sein.
Rauchen in der Öffentlichkeit und der Erwerb von Tabakwaren (§ 10)
Die Jugendschutzvorschriften zum Rauchen wurden 2004 und 2009 verschärft. Die Altersgrenze zum Rauchen in der Öffentlichkeit wurde von 16 auf 18 Jahre angehoben. Das bedeutet, es darf Minderjährigen das Rauchen in Gaststätten oder Schulen nicht gestattet werden. Raucht ein Jugendlicher, ohne dass jemand es ihm gestattet, auf der Straße, greift diese Vorschrift nicht. Ebenso wenig dürfen Tabakwaren an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (zuvor: 16 Jahren) abgegeben werden. Das Abgeben meint nicht nur den Verkauf. Folglich dürfen Tabakwaren auch nicht in öffentlich zugänglichen Automaten angeboten werden. Stellt der Automatenbetreiber technisch sicher, dass nur Volljährige ihn nutzen können (häufig über eine Bankkarte), ist es jedoch erlaubt.
Besuch von Filmveranstaltungen (§ 11)
Der Eintritt zu öffentlichen Filmveranstaltungen ist nur erlaubt, wenn die Filme ausdrücklich für die jeweilige Altersgruppe freigegeben sind. Kinder unter 6 Jahren dürfen zusätzlich nur mit ihren Erziehungsberechtigten bzw. Erziehungsbeauftragten die für sie freigegebenen Filme sehen. Ein unter 6-jähriges Kind darf man also weder allein noch mit den älteren Geschwistern ins Kino schicken! Es müssen nicht zwingend die Eltern dabei sein, sondern eine Person, die für diesen Kinobesuch
erziehungsbeauftragt
wurde.Für alle anderen Altersgruppen gilt: Zusammen mit ihren Erziehungsberechtigten bzw. Erziehungsbeauftragten dürfen sie zu jeder Tageszeit Filme sehen. Kinder unter 12 dürfen in solcher Begleitung auch Filme mit
FSK 12
sehen, wenn die Eltern der Meinung sind, dass der Film schon geeignet sei. OhneAufpasser
müssen sie folgende Schlusszeiten beachten: Kinder unter 14 Jahren 20:00 Uhr, Jugendliche unter 16 Jahren 22:00 Uhr und Jugendliche unter 18 Jahren 24:00 Uhr.Zum weiteren Schutz der Jugend darf erst nach 18:00 Uhr Werbung für Tabakwaren oder alkoholische Getränke gezeigt werden.
DVD-Filmverleih und -verkauf
DVD-Filme sind ebenfalls nur für bestimmte Altersgruppen freigegeben. Sie dürfen in der Öffentlichkeit nur der jeweiligen Altersgruppe zugänglich gemacht, also vermietet, verkauft oder sonstwie weitergegeben werden. Deshalb müssen alle Filme auf der Hülle und auf der Disc gekennzeichnet sein – und zwar deutlich sichtbar.
Da auch andere Personen anstelle der Eltern als sogenannte Erziehungsbeauftragte auftreten dürfen (z.B. Großeltern oder Eltern anderer Kinder), ist Folgendes zu beachten: Die Erziehungsbeauftragten müssen selbst über 18 Jahre alt sein und sollten für den Fall der Fälle am besten eine schriftliche Erlaubnis der Eltern vorlegen können. Will zum Beispiel die 18-jährige Schwester ihren noch nicht volljährigen Bruder mit in die Disco nehmen, braucht sie hierfür eine ausdrückliche Erklärung der Eltern. Als Eltern sollten Sie zumindest telefonisch erreichbar sein. Dann kann gegenüber Polizei und Discobesitzer nichts schiefgehen. Letztere achten übrigens in der Regel selbst auf die strenge Einhaltung des Jugendschutzgesetzes – es droht der Konzessionsentzug. Eine Garantie, dass man nicht doch des Lokales verwiesen wird, hat man als Jugendlicher in diesem Fall dennoch nicht.
Aber auch wenn Ihr Kind von einer erziehungsbeauftragten Person begleitet wird, darf es unter 16 Jahren in der Öffentlichkeit keinen Alkohol konsumieren und unter 18 nicht rauchen. Unter 18 Jahren sind alle branntweinhaltigen Getränke tabu.
Wenn Sie sich als Eltern nicht an die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes halten, kann es Ärger mit dem Jugendamt geben. Was in der Praxis aber nicht allzu oft vorkommt. Am ehesten müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Kind im Rahmen einer Razzia auffällt und heimgeschickt wird.
3.2. Wenn es um Freund oder Freundin geht
Knüpft Ihre Tochter oder Ihr Sohn die ersten zarten Bande, werden Sie sich sicherlich fragen, wie weit Liebe bei Minderjährigen gehen darf, beziehungsweise ob Sie sie dulden müssen. Die Gesetzeslage wurde im November 2008 verändert. Ein einheitliches Schutzalter für sexuelle Handlungen existiert nicht. Vielmehr gelten je nach Tatbestand unterschiedliche Altersgrenzen; eine Besonderheit des Sexualstrafrechts ist es darüber hinaus, auch die Abgrenzung der im Einzelnen verbotenen Handlungen je nach Tatbestand unterschiedlich vorzunehmen.
Und das gilt im Einzelnen:
Unter 14 Jahren
Sexuelle Handlungen mit Kindern (also unter 14-Jährigen) sind nach § 176 StGB strafbar. Daher macht sich zum Beispiel selbst ein Jugendlicher (ab 14 Jahren gilt man als strafmündig) strafbar, wenn er einvernehmliche sexuelle Beziehungen zu einem Mädchen hat, das noch nicht 14 Jahre alt ist. Ist derjenige, der Sex mit einem Kind unter 14 hat, mehr als sechs Jahre älter, ist das ein psychiatrisches Kriterium für Pädophilie
.
Kinder untereinander machen sich nicht strafbar. Sie sind noch nicht strafmündig. Daher macht es z.B. keinen Sinn, exhibitionistische Handlungen eines Kindergartenkindes bei der Polizei anzuzeigen.
Zwischen 14 und 16 Jahren
Minderjährige, die in dieser Altersstufe sexuelle Kontakte miteinander haben, machen sich selbst nicht strafbar. Ist also z.B. das Mädchen 15 und der Junge 18, spricht strafrechtlich nichts dagegen, wenn sie eine Liebesbeziehung haben und dabei Sex.
Unter bestimmten Voraussetzungen machen sich aber Erwachsene strafbar, die mit Jugendlichen sexuellen Kontakt haben, die zwar älter als 14, aber noch nicht 16 Jahre alt sind. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Zwangslage, eine sexuelle Unerfahrenheit oder Abhängigkeit ausgenutzt wird oder sogar Geld dafür bezahlt wird.
Sexuelle Handlungen von mindestens 21 Jahre alten Erwachsenen mit 14- und 15-jährigen Jugendlichen können nach § 182 Abs. 3 StGB bestraft werden, falls der Täter die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung
des Jugendlichen ausgenutzt hat. Im Zweifel wird ein psychologisches Sachverständigengutachten dies individuell klären.
Wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen gemäß § 174 StGB wird derjenige bestraft, der sexuelle Handlungen mit einem unter 16-jährigen Jugendlichen vornimmt, wenn ihm dieser zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung überlassen wurde, und zwar auch dann, wenn (anders als bei 16- und 17-Jährigen, s.u.) kein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wurde.
Zwischen 16 und 18 Jahren
Ab 16 ist der strafrechtliche Schutz Minderjähriger im Wesentlichen auf die Fälle beschränkt, in denen sich einer von beiden in einem Abhängigkeitsverhältnis befindet.
Sexuelle Handlungen mit Personen unter 18 Jahren sind strafbar, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
Die sexuellen Handlungen finden in einer Zwangslage statt (§ 182 Abs. 1 StGB). Der Täter kann also auch jünger als das Opfer sein, wenn die Zwangslage bei dem älteren Beteiligten vorliegt, ist aber nur strafmündig, wenn er älter als 14 ist. Beispiel: Ein 15-Jähriger bietet einer obdachlosen 17-Jährigen einen Schlafplatz an mit dem Ziel, dies für einen sexuellen Kontakt auszunutzen.
Die sexuellen Handlungen finden gegen Entgelt statt (§ 182 Abs. 2 StGB). Strafbar macht sich in diesem Fall nur ein mindestens 18 Jahre alter Täter.
Außerdem werden sexuelle Handlungen mit Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren nach § 174 StGB bestraft, wenn dem Täter der Jugendliche zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung anvertraut oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist (Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses).
Schließlich ist es sogar zulässig, dass Minderjährige ab 16 Jahren heiraten dürfen, wenn der Partner volljährig ist. Hierzu ist allerdings die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich.
Unabhängig vom Strafrecht sind Sie als Eltern nicht gezwungen, die sexuellen Kontakte Ihres Kindes in Ihrer eigenen Wohnung zu dulden. Der Grund dafür liegt in Ihrem Hausrecht. Deshalb können Sie, sogar Ihrem volljährigen Kind gegenüber, den Besuch des Freundes bzw. der Freundin untersagen.
Den Straftatbestand der Kuppelei gibt es nicht mehr.
Sexuelle Handlungen mit einem leiblichen Kind (Inzest) oder einem adoptierten Kind sind unabhängig vom Alter oder einem etwaigen Abhängigkeitsverhältnis strafbar.
3.3. Kinderarbeit verboten
Kinder, die noch nicht 15 Jahre alt sind, dürfen nicht arbeiten. Ausnahmen von diesem Kinderarbeitsverbot enthält aber das Jugendarbeitsschutzgesetz. So darf zum Beispiel, wenn die erziehungsberechtigte Person einwilligt, ein Kind über 13 Jahren leichte und für Kinder geeignete Arbeiten ausüben, zum Beispiel das Nachbarskind nachmittags beaufsichtigen. Diese Beschäftigung darf aber nicht länger als zwei Stunden täglich (in landwirtschaftlichen Betrieben auch drei Stunden pro Tag) betragen. Sie darf aber nicht vor dem Schulunterricht erfolgen, während des Schulunterrichtes selbstverständlich auch nicht und nur zwischen 8:00 und 18:00 Uhr.
Zwischen 15 und 18 Jahren darf gearbeitet werden – allerdings unter Beachtung des Jugendarbeitsschutzgesetzes. Aber: Solange ein Jugendlicher noch vollzeitschulpflichtig ist, gilt er als Kind. Das heißt konkret, dass zum einen die oben genannten Regelungen zu beachten sind. Zum anderen aber, dass während der Schulferien vier Wochen pro Kalenderjahr gejobbt werden darf, allerdings nicht mehr als acht Stunden täglich, maximal 40 Wochenstunden.
Einzelheiten entnehmen Sie bitte unserem Beitrag zum Jugendarbeitsschutz.
3.4. Straftaten durch Jugendliche
Ab dem 14. Lebensjahr sind Jugendliche strafmündig. Das heißt, dass alle Straftatbestände des Strafgesetzbuches (StGB), wenn sie von Jugendlichen begangen werden, nicht ohne Folgen bleiben. Allerdings gibt es Besonderheiten, was das Jugendstrafverfahren anbetrifft.
In der Regel werden zwar keine Freiheitsstrafen verhängt. Trotzdem sollten sich gerade Eltern darüber informieren, wie schnell Jugendliche altersbedingt typische Straftaten begehen und mit einer Strafverfolgung rechnen müssen. Schließlich ist man sich als Eltern oft gar nicht darüber im Klaren, was alles in dieser Altersklasse als strafrechtlich relevantes Verhalten vorkommt.
Informieren Sie sich deshalb bei Bedarf über das Jugendstrafverfahren. Eine Übersicht hierzu finden Sie in unserem Beitrag Jugendliche und Straftaten
.
IV. Wenn Kinder Schäden verursachen
4.1. In welchem Umfang haften Kinder?
Dass minderjährige Kinder erhebliche Schäden verursachen können, zeigt schon der tägliche Blick in die Zeitung. Vom Großbrand bis zum folgenschweren Verkehrsunfall durch unachtsames Verhalten ist da alles vertreten. Ob die Minderjährigen für die Schäden auch aufkommen müssen, hängt von ihrer Verantwortlichkeit ab. Und diese hängt wiederum vom Alter ab. Wie die Haftung in den einzelnen Altersstufen geregelt ist, ergibt sich aus § 828 BGB.
Schadenshaftung nach Altersstufen:
Kinder unter sieben Jahren
In dieser Altersklasse gilt der Grundsatz:
Denn sie wissen nicht, was sie tun
. Egal, was sie angestellt haben, sie werden für nichts verantwortlich gemacht. Nur besonders reiche Kinder müssenaus Billigkeitsgründen
den von ihnen angerichteten Schaden finanziell wiedergutmachen. Man spricht hier von dem sogenanntenMillionärsparagrafen
(§ 829 BGB). Eine private Haftpflichtversicherung im Hintergrund allein soll aber nicht dazu führen, dass die Haftung bejaht wird (z.B. LG Heilbronn, Urteil vom 5.5.2004, 7 S 1/04, NJW 2004 S. 2391).Kinder zwischen sieben und 18 Jahren
Wenn Kinder sieben Jahre alt werden, haften sie entsprechend ihrer Einsichtsfähigkeit. Lässt sich Einsichtsfähigkeit feststellen, kann ein Minderjähriger für den Schaden in voller Höhe persönlich haftbar gemacht werden, wenn dem Geschädigten kein Mitverschulden anzulasten ist. Dass Kinder in der Regel in diesem Alter vermögenslos sind, spielt keine Rolle. Denn aus einem Gerichtsurteil kann 30 Jahre lang vollstreckt werden.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese gesetzliche Regelung, die Minderjährige unter Umständen in enormer Höhe haftbar macht, bestehen nicht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall nach den Grundsätzen von
Treu und Glauben
(§ 242 BGB) entschieden wird (BVerfG, Beschluss vom 13.8.1998, fehlt, NJW 1998 S. 3556).Wichtige Ausnahme: Wenn der Schaden mit einem Kraftfahrzeug oder mit Bus oder Bahn verursacht worden ist, haften Kinder unter 10 Jahren generell nicht (§ 828 Abs. 2 BGB). Dieses Haftungsprivileg gilt allerdings nicht für Schäden, die Kinder im ruhenden Verkehr verursachen, also zum Beispiel wenn sie mit dem Fahrrad an parkenden Fahrzeugen Schäden verursachen (BGH, Urteil vom 30.11.2004, VI ZR 365/03). Das Haftungsprivileg gilt auch nicht, wenn das Kind den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, zum Beispiel durch Bewerfen vorbeifahrender Fahrzeuge mit Steinen. Ansonsten gilt auch hier der oben schon erwähnte
Millionärsparagraf
.Wann konkret bei einem Schadensfall die Einsichtsfähigkeit vorliegt, hängt wiederum vom Einzelfall ab. Generell lässt sich aber sagen, einsichtsfähig ist ein Kind immer dann, wenn es in der Lage ist, das Unrecht seiner Handlung gegenüber dem Mitmenschen und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seiner Handlung selbst einstehen zu müssen. Außerdem muss ein Kind in der Lage sein, sich der Einsicht gemäß zu verhalten. Nur dann kann ihm letztlich ein Schuldvorwurf gemacht werden. Wie das Ganze konkret aussehen kann, zeigen Ihnen die folgenden Beispiele:
Zwei Neunjährige, die mit Streichhölzern und Heu eine Lagerhalle in Brand gesetzt hatten, wurden für den Schaden verantwortlich gemacht (LG Bremen, Urteil vom 15.2.1991, fehlt, NJW-RR 1991 S. 1432).
Mehrere 10-jährige Kinder, die in einem abgesperrten Bereich einer Kiesgrube einen Radlader in Gang und anschließend beim Zurücksetzen in einen Schlammweiher gefahren haben, sind zur gesamtschuldnerischen Haftung in Höhe von ca. 27.000,00 € verurteilt worden. Begründung: Bei einem 10-jährigen Kind könne man davon ausgehen, dass es wisse, ohne entsprechende Ausbildung nicht mit einem fremden Radlader fahren zu dürfen. Es müsse wissen, dass dies gefährlich ist, weil dabei Schäden, wie hier geschehen, eintreten können (OLG Koblenz, Urteil vom 27.7.2003, 10 O 998/02, NJW-RR 2004 S. 528).
Das Oberlandesgericht Köln gab der Schmerzensgeldklage gegen einen 11-Jährigen, geistig um zwei Jahre zurückgebliebenen Jungen statt, der beim Spielen einen siebenjährigen Kameraden mit einem Wurfpfeil im Gesicht getroffen hatte. Das verletzte Kind erblindete auf einem Auge. Hier entschied das Gericht, dass der Pfeilwerfer wissen musste, dass das Spiel wegen seiner Gefährlichkeit verboten war (OLG Köln, Urteil vom 5.5.1993, fehlt, MDR 1993 S. 739).
Wenn ein Kind einen Schaden verursacht hat, bei ihm aber nichts zu holen ist, sollten Geschädigte versuchen, über das Opferentschädigungsgesetz Ersatz zu erhalten. Berufen Sie sich auf eine einschlägige Entscheidung des Bundessozialgerichts. Im entschiedenen Fall hatte ein 10-jähriges Kind einem anderen einen angezündeten Feuerwerkskörper in die Hosentasche gesteckt, dabei kam es zu schweren Verbrennungen (BSG, Urteil vom 3.2.1999, fehlt, NJW 1999 S. 2207).
Zusammengefasst: Kinder und Jugendliche haften nur unter bestimmten Voraussetzungen
0–7 Jahre: nicht deliktfähig, d.h. keine eigene Haftung
0–10 Jahre: keine eigene Haftung im motorisierten/fließenden Straßenverkehr (außer bei Vorsatz)
ab 7/10 bis 18 Jahre: bedingt deliktfähig, d.h. eigene Haftung nur, wenn der Minderjährige aufgrund von Alter und Reife selbst verantwortlich gemacht werden kann.
4.2. Haften auch Eltern für ihre Kinder?
Wenn die Aufsichtspflicht verletzt worden ist
Eltern haften für ihre Kinder
– das Schild kennt man von der Baustelle. Durch das Aufstellen eines Schildes verändert sich jedoch nicht die Rechtslage, dass dies nur unter besonderen Umständen der Fall ist. Nur wenn die Aufsichtspflicht verletzt wurde, haften die Eltern nach § 832 Abs. 1 Satz 2 BGB. Denn wer ein Kind betreut, das aufsichtsbedürftig ist, macht sich bei Verletzung der Aufsichtspflicht selbst schadensersatzpflichtig – gleich, ob das Kind den Schaden vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat.
Der Gesetzgeber geht hier sogar so weit, dass er den Eltern die Beweislast dafür aufbürdet, das Kind in gehöriger Weise, das heißt dem Alter entsprechend, beaufsichtigt zu haben. Es handelt sich um eine sogenannte Beweislastumkehr
zugunsten des Geschädigten.
Die Aufsichtspflicht ist unter anderem abhängig vom Alter des Kindes, seinem früheren Verhalten in ähnlichen Situationen, aber auch von sonstigen Umständen, das heißt: Die Beurteilung der Situation hängt immer vom Einzelfall ab. Es ist entscheidend, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um Schaden abzuwenden.
Eltern können sich nur dann vor der Haftung schützen, wenn sie nachweisen können, dass sie ihrer Aufsichtspflicht genügt haben.
Die Aufsichtspflicht der Eltern kann auch zeitweilig auf jemanden übertragen werden, der den Eltern geeignet erscheint.
Die Aufsichtspflicht gilt nicht unbegrenzt
Laut Bundesgerichtshof bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes, nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie danach, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssen, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern
(BGH, Urteil vom 19.11.1993, fehlt, NJW 1993 S. 1003).
Im entschiedenen Fall ging es um einen zündelnden fast 12-jährigen Jungen. Dieser hatte mit einem in einer Schmuckkassette seiner Mutter gefundenen Feuerzeug Stroh in Brand gesetzt und dadurch eine Scheune in Schutt und Asche gelegt. Die Feuerversicherung des Geschädigten wollte sich an die Eltern halten, weil die Haftpflichtversicherung des Kindes nur einen Teilbetrag übernommen hatte. Man warf der Mutter vor, sie habe die Schmuckkassette, in der sich das Feuerzeug befand, dem Kind unbeaufsichtigt überlassen und es so fahrlässig in Versuchung geführt.
Das sah das Gericht nicht so. Mit zunehmendem Alter ist ein normal begabtes und entwickeltes Kind intellektuell und psychisch in der Lage, die Gefahren offenen Feuers zu erkennen. Demnach musste die Mutter nicht damit rechnen, dass ihr Sohn ihr das Feuerzeug heimlich entwendet und später zum Zündeln einsetzt.
Anders sieht es dagegen bei sieben bis acht Jahre alten Kindern aus. Diese müssen nicht nur eindringlich über die Gefährlichkeit des Spiels mit dem Feuer belehrt werden. Es muss auch streng darauf geachtet werden, dass diese Kinder nicht unerlaubt Streichhölzer oder ein Feuerzeug in die Finger bekommen.
Außerdem gilt für die Aufsichtspflicht: Je geringer der Erziehungserfolg bzw. je jünger das Kind ist, desto intensiver müssen Aufsicht und Überwachung sein. So dürfen zum Beispiel Kleinkinder grundsätzlich nicht längere Zeit sich selbst überlassen bleiben. Eine regelmäßige Kontrolle in etwa halbstündigen Abständen ist erforderlich.
Auch bei einem geistig zurückgebliebenen und schwer verhaltensgestörten Kind wird von den Eltern eine mehr oder weniger ständige unmittelbare Kontrolle des Kindes verlangt (BGH, Urteil vom 10.10.1995, fehlt, r+s 1996 S. 21). Im entschiedenen Fall hatte ein 9-Jähriger mit ausgeprägter Aggressionsbereitschaft gezündelt und einen Schaden von ca. 50.000,00 € verursacht.
Ein normal entwickeltes Kind von acht Jahren darf dagegen im Freien ohne Aufsicht auch dort spielen, wo die Eltern nicht sofort eingreifen können. Es genügt, wenn Sie sich einen groben Überblick über das kindliche Tun verschaffen (BGH, Urteil vom 10.7.1988, fehlt, NJW 1984 S. 2574).
Es gibt aber auch zahlreiche Fälle, in denen die Rechtsprechung sogar die Alleinhaftung der Eltern annimmt.
Eltern verletzen ihre Aufsichtspflicht, wenn sie ihr 4-jähriges Kind in einem haltenden Auto an der Bundesstraße zurücklassen (OLG Oldenburg, Urteil vom 23.4.1974, fehlt, VersR 1976 S. 1999). Im entschiedenen Fall war das Kind aus dem Fahrzeug ausgestiegen und auf die Straße gelaufen.
Eine 3-Jährige versuchte, einen Elektroherd einzuschalten. Die Mutter hatte sie zwar beobachtet und das Kind ermahnt, aber ohne Erfolg. Es kam zu einem Brand, für den die Mutter haftbar gemacht wurde. Sie hätte damit rechnen müssen, dass das Kind nicht aufhört am Herd herumzuspielen, wenn das Interesse einmal geweckt ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.9.2000, fehlt, NJW-RR 2002 S. 235).
Auch Eltern eines 2-jährigen Kindes müssen stets damit rechnen, dass das Kind unvermittelt und ohne Grund plötzlich irgendwohin rennt. Deshalb ist ein Kind in diesem Alter noch an der Hand zu halten bzw. müssen die Eltern das Verhalten des Kindes jederzeit steuern können. In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall war ein Kind in diesem Alter unvermittelt auf die Straße gelaufen. Dadurch war ein herzkranker Pkw-Fahrer zum Bremsen gezwungen worden und erlitt einen tödlichen Infarkt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.1991, 14 U 16/91 ).
Was gilt für andere Aufsichtspersonen?
Die Aufsichtspflicht gilt natürlich nicht nur für Eltern. Dieselbe Pflicht trifft auch alle anderen aufsichtspflichtigen Personen wie zum Beispiel Kindermädchen, Erzieher, Lehrer etc., die die Betreuung Ihres Kindes übernommen haben. Das können übrigens auch andere Eltern sein, bei denen sich Ihr Kind aufhält.
Ein Elternpaar, das zum Kindergeburtstag eingeladen hatte, machte sich wegen eines Aufsichtsverschuldens haftbar. Eines der eingeladenen Kinder warf einen Tennisball so, dass ein auf dem Tisch stehendes Glas zersprang. Unglücklicherweise kam es dabei zu einer Augenverletzung eines anderen Kindes durch einen Glassplitter. Die einladenden Eltern hätten nach Ansicht des entscheidenden Gerichtes die Tennisballwerfereien in Glasnähe verhindern müssen (OLG Celle, Urteil vom 1.7.1987, fehlt, NJW 1987 S. 1984). Die einladenden Eltern wurden zur Zahlung von ca. 10.000,00 € verurteilt.
Wie können sich Eltern und andere aufsichtspflichtige Personen entlasten?
Am besten legen Sie konkret dar, was Sie alles zur Pflichterfüllung getan haben. Selbstverständlich müssen Sie das auch beweisen. Gelingt Ihnen dies nicht, haften Sie. Dasselbe gilt für jede andere aufsichtspflichtige Person.
Da es aber nicht immer ganz einfach ist, die erteilten Mahnungen, Belehrungen und durchgeführten Kontrollen nachzuweisen, sollten Sie sich in einem eventuellen Prozess als Partei vernehmen lassen.
Bestehen Sie gegebenenfalls auf dieser Parteivernehmung. Bitten Sie das Gericht um einen Hinweis, wenn es Ihre Behauptung zu den getroffenen Aufsichtsmaßnahmen für nicht ausreichend hält. Dann können Sie Ihr Vorbringen rechtzeitig ergänzen.
Bedenken Sie aber auch, dass es Fälle gibt, in denen es von Vorteil ist, sich zu einem Aufsichtsverschulden zu bekennen. Denn gerade wenn Ihr Kind zum Beispiel altersbedingt nicht haftet, tritt die Privathaftpflichtversicherung in der Regel auch nicht ein. Trifft Sie als Eltern aber ein Aufsichtsverschulden, zahlt die Versicherung zwar nicht für Ihr Kind, aber für Ihr Fehlverhalten.
4.3. Wenn nicht nur die Eltern ein Verschulden trifft
Eltern und Kinder haften gemeinsam
Kann man sowohl Ihnen als auch Ihrem über 7-jährigen Kind ein Verschulden an dem Schaden anlasten, haften Sie zusammen mit Ihrem Kind als Gesamtschuldner (§ 840 BGB). Sie und Ihr Kind können jeder für sich auf den vollen Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Klar ist, dass sich der Geschädigte lieber an die Eltern hält. Das kann unter Umständen sogar für alle Beteiligten von Vorteil sein, wenn zum Beispiel kein Privathaftpflichtversicherungsschutz besteht, aber bei den Eltern die Kfz-Haftpflicht für den Schaden aufkommen muss.
Eine Autofahrerin hielt am linken Rand einer Einbahnstraße. Die 11-jährige Tochter öffnete unachtsam die rechte Beifahrertür und beschädigte so ein von hinten kommendes Fahrzeug. Das Kind hätte es in seinem Alter schon besser wissen müssen, andererseits hätte die Mutter nachdrücklich auf die Gefahrensituation hinweisen müssen (LG Mainz, Urteil vom 16.11.1999, fehlt, DAR 2000 S. 273). Folge: Der Geschädigte kann sich an die Mutter bzw. an deren Kfz-Haftpflichtversicherung wegen seines Gesamtschadens halten.
Dabei gilt im Verhältnis zu den eigenen Kindern, dass die Eltern theoretisch den von ihnen beglichenen Schaden voll von ihren Kindern zurückverlangen können (§ 840 Abs. 2 BGB).
Wird zum Beispiel Ihr Kind von einem Auto erfasst, weil Sie für einen kurzen Augenblick nicht richtig aufgepasst haben, haften Sie nicht. Eine Haftung gegenüber dem eigenen Kind kommt nur infrage, wenn Ihnen grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. In solchen Fällen muss der andere Verursacher allein für den Schaden aufkommen (BGH, Urteil vom 15.6.2004, VI ZR 60/03 ).
Den Geschädigten trifft ein Mitverschulden
In diesem Fall wird der Schadensersatzanspruch in der Regel gemindert (§ 254 BGB). Die Verursachungsbeiträge der Eltern, des Kindes und des Geschädigten werden einander gegenübergestellt. Besonders häufig kommt das bei Unfällen im Straßenverkehr vor. Zum einen müssen bei Kindern Autofahrer besonders aufmerksam fahren, weshalb ein Mitverschulden in der Regel vorliegt. Zum anderen haften Autofahrer aus der sogenannten Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs in Höhe von ca. 30 %, wenn sie nicht die Unabwendbarkeit beweisen können.
4.4. Die private Haftpflichtversicherung – für Eltern sinnvoll
Weil die eigenen Kinder Schäden in nicht unbeträchtlicher Höhe verursachen können, ist eine Privathaftpflichtversicherung für Eltern unbedingt anzuraten. Aber: Auch wenn Sie eine Privathaftpflicht haben, versprechen Sie dem Geschädigten nicht zu viel – jedenfalls nicht, bevor Ihre Versicherung ihre Zahlungsbereitschaft zugesagt hat. Ist nämlich Ihr Kind noch keine sieben Jahre alt, muss die Versicherung an sich nicht zahlen. Schließlich können Kinder unter sieben Jahren nicht haftbar gemacht werden. Und wer nicht persönlich haftet, für den zahlt die Versicherung grundsätzlich auch nicht. Vermeiden Sie deshalb Vorauszahlungen auf den vermeintlichen von der Versicherung erwarteten Schadensersatz. Das Geld bekommen Sie oft nicht zurück. Mit einem Anerkenntnis können Sie Ihren Versicherungsschutz gefährden.
Bei der Meldung Ihres Schadenfalles bei Ihrer Versicherung ist es nicht sinnvoll, bei Kindern dieser Altersklasse das eigene Aufsichtsverschulden zu bagatellisieren. Schließlich zahlt Ihre Versicherung dann für Ihr Verschulden. Es gibt allerdings inzwischen Privathaftpflichtversicherungen, die aus Kulanz auch bei Kindern unter sieben Jahren ohne Aufsichtsverschulden zahlen. Dies sollte zumindest bei einem Neuabschluss, wenn man Kinder in diesem Alter hat, abgeklärt werden.
Selbstverständlich zahlt die Versicherung nicht, wenn der Schaden vom Kind oder von Ihnen vorsätzlich herbeigeführt worden ist. Das ist Gott sei Dank in den meisten Fällen eher nicht so.
4.5. Haftung in Kindergarten und Schule
Im Kindergarten
Hier haften Kinder nicht für Schäden, die sie anderen zufügen. Während der Besuchszeit eines Kindergartens besteht jedoch eine gesetzliche Unfallversicherung (§§ 105 ff. SGB VII). Diese Unfallversicherung kommt für alle Personenschäden auf, die Kinder in diesen Einrichtungen verursacht haben. Versichert sind hierdurch alle Tätigkeiten, die sich in diesem Rahmen abspielen. Das gilt für Tätigkeiten im Gebäude, auf dem Gelände des Kindergartens bzw. der Schule, aber auch außerhalb, z.B. auf öffentlichen Spielplätzen, in Badeanstalten, beim Zoobesuch oder bei Ausflügen und Wanderungen etc.
Erfasst werden ebenfalls die Wege von und zum Kindergarten bzw. zur Schule. Träger, Erzieher und Kinder haften dagegen weder untereinander noch gegeneinander für die Personenschäden. Der Verletzte muss sich an den zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung wenden.
Sind die Erzieher im kirchlichen oder öffentlichen Dienst, kann der Geschädigte sich auch an den Dienstherrn wenden, der dann im Wege der sogenannten Amtshaftung für den Schaden aufkommt. Ersetzt werden hier nicht nur Personenschäden, sondern auch Sachschäden.
Es kommt auf alle Fälle darauf an, dass den Betreuer ein Aufsichtsverschulden trifft. Das gilt übrigens auch für Sachschäden, die Kinder im Kindergarten verursachen. In beiden Fällen hat es der Geschädigte also nicht leicht, seinen Schaden ersetzt zu bekommen.
Kinder, die von einem umzäunten Kindergartengelände aus mit Steinen auf Fahrzeuge werfen, müssen nicht rund um die Uhr bewacht werden – jedenfalls dann nicht, wenn es sich um normal entwickelte Kinder handelt. Folge: Der Geschädigte bekommt in derartigen Fällen nichts (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.10.1995, fehlt, FamRZ 1996 S. 803).
In der Schule
Dasselbe wie für Kindergartenkinder gilt auch für alle Schüler der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Sie sind ebenfalls nach dem §§ 105 ff. SGB VII gesetzlich versichert. Dabei ist es gleich, ob es sich um eine öffentliche oder private Schule handelt.
Versichert sind alle Unfälle, die Schüler bei Tätigkeiten verursachen oder erleiden, die mit dem Schulbesuch in Zusammenhang stehen. Dazu zählen Unfälle auf dem Schulweg oder bei schulischen Veranstaltungen jeder Art ebenso wie Verletzungen, die sich Schüler bei Raufereien im Schulbereich zufügen. Auch hier kann der Anspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger normalerweise nur gegen den zuständigen Träger der Unfallversicherung gerichtet werden. Eine persönliche Haftung ist ausgeschlossen. Das hat zur Folge, dass zwar die üblichen Personenschäden wie zum Beispiel Heilbehandlungskosten bezahlt werden. Ausgeschlossen ist dagegen ein Schmerzensgeldanspruch. Das gilt auch, wenn der Schädiger eine private Haftpflichtversicherung im Hintergrund hat.
Schmerzensgeld gibt es nur, wenn dem Schädiger Vorsatz nachgewiesen werden kann. Dabei muss der Vorsatz auch die schweren Folgen umfassen (BGH, Urteil vom 11.2.2003, VI ZR 34/02 ).
Bei der oben zitierten Entscheidung ging es um einen 16-jährigen Schüler, der im Klassenzimmer Kügelchen aus Aluminiumfolie mit einer Eisensäge durch das Klassenzimmer schoss. Dabei verwendete er die Säge wie einen Tennisschläger. Das Sägeblatt löste sich und traf einen Mitschüler im Augenbereich. Dieser verlor sein Sehvermögen auf dem rechten Auge und den Teil eines Zahns. Das Gericht lehnte eine persönliche Haftung des Schädigers ab. Diese schweren Folgen hatte er sicherlich nicht vorausgesehen oder billigend in Kauf genommen.
Die Haftungsbeschränkung durch die gesetzliche Unfallversicherung besteht aber nicht für Verletzungen, die sich Schüler auf dem Heimweg zufügen – selbst wenn schon in der Schule aufgestaute Aggressionen die Ursache dafür waren (LG Hamburg, Urteil vom 27.4.1999, fehlt, NJW-RR 2000 S. 170). Grund: Einer Rauferei auf dem Heimweg von der Schule fehle es an der räumlichen Nähe zur Schule. Das hatte im entschiedenen Fall zur Folge, dass der Schädiger unter anderem für ein erhebliches Schmerzensgeld aufkommen musste. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass der Schädiger bei der konkreten Körperverletzung vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
In einem Fall packte ein 13-jähriger Schüler einen Mitschüler grundlos im Genick und stieß diesen mit dem Gesicht gegen einen metallenen Laternenpfahl. Das Opfer verlor dabei zwei Vorderzähne (OLG Koblenz, Urteil vom 12.7.1996, fehlt, NJW-RR 1997 S. 1307). Haben die Schüler allerdings auf einen Schulbus gewartet, bleibt es bei dem oben genannten Haftungsprivileg (LG Leipzig, Urteil vom 13.6.2000, fehlt, NJW-RR 2000 S. 1625). Außerdem gilt die Freistellung auch bei verschiedenen Schulen, die sich in einem Gebäude befinden (AG Schleiden, Urteil vom 13.3.2000, 2 C 286/99, r+s 2000 S. 460).
Wenn es bei reinen Sachschäden geblieben ist
In diesem Fall zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nicht, weil sie nur für reine Personenschäden zuständig ist. Konkret: Von der leichten Fahrlässigkeit bis zum Vorsatz muss der Schädiger für das Ergebnis der Rauferei aufkommen. Ist zum Beispiel die Armbanduhr eines Mitschülers beschädigt worden, muss er selbst bzw. die private Haftpflichtversicherung der Eltern dafür bezahlen.