Was gilt beim Streit um Zäune, Hecken, Mauern und andere Grenzeinrichtungen?
Wem gehört der Baum, der auf der Grundstücksgrenze steht? Und wer muss eigentlich für Schäden am Gartenzaun aufkommen? Fragen wie diese führen häufig zum Nachbarstreit. Hier erhalten Sie umfangreiche Antworten sowie Beispiele und Experten-Tipps rund um die Themen Grundstücksgrenze & Grundstückseinfriedung.
I. Die Gestaltung der Grundstücksgrenze – ein Zankapfel
Häufig gibt es Streit an der Grundstücksgrenze, der sich an Grundstückseinfriedungen
entzündet. Die Frage, ob Ihr Nachbar einen Gartenzaun an oder auf der Grundstücksgrenze errichten darf, bewegt die Gemüter. Diese erhitzen sich weiter, wenn es um Gestaltungsfragen geht oder darum, wer für die Kosten rund um den Gartenzaun aufkommen muss. Vergleichbare Fragen stellen sich auch für andere sogenannte Grenzeinrichtungen
, beispielsweise Garagen, Wände, Bäume, Sträucher oder Hecken, die auf der Grenze stehen. Nachfolgend eine Übersicht mit Antworten auf typische Fragen rund um die Grundstücksgrenze.
II. Was Sie zu Grundstückseinfriedungen wissen sollten
Was ist eigentlich eine Einfriedung?
Einfriedung
ist der juristische Oberbegriff für Zäune und Mauern, die ein Grundstück vom Nachbaranwesen abgrenzen.
Aufgepasst: Lebende Zäune
zählen nicht zu den baulichen Einfriedungen! Wollen Sie Ihr Grundstück durch eine Hecke oder eine andere Grenzanpflanzung abschirmen, müssen Sie die jeweiligen Grenzabstände von Bäumen, Sträuchern und Hecken beachten.
Wo finden Sie Regelungen über »Einfriedungen«?
Gartenzäune und -mauern sind bauliche Anlagen, die nur bis zu einer bestimmten Höhe baugenehmigungsfrei sind (z.B. in Bayern bis zu einer Höhe von 1,80 m innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile).
Erkundigen Sie sich deshalb zunächst bei Ihrer Baubehörde nach den landesrechtlichen Vorgaben. Dort erfahren Sie auch, wie die Einfriedung auszusehen hat (vgl. unten). Haben Sie die baurechtliche Seite geklärt, müssen Sie weiter die nachbarrechtlichen Fragen klären.
Fragen rund um den Gartenzaun beantworten Ihnen in der Regel die Nachbarrechtsgesetze der Länder. Fehlt eine gesetzliche Regelung, müssen Sie sich mit Ihrem Nachbarn einigen. Berufen Sie sich dabei auf die Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses.
Hinsichtlich der landesrechtlichen oder kommunalen Besonderheiten erkundigen Sie sich bei Ihrer Gemeinde (z.B. Zaunhöhe, Anzeigepflicht vor Baubeginn).
Dürfen oder müssen Sie Ihr Grundstück einfrieden?
Ihre Entscheidungsfreiheit, Ihren eigenen Grund und Boden durch einen Zaun oder eine andere Grenzeinrichtung einzufrieden, ist in fast allen Bundesländern durch gesetzliche Einfriedungspflichten beschränkt. Diese knüpfen allerdings an äußerst unterschiedliche Voraussetzungen an.
In Baden-Württemberg besteht eine Einfriedungspflicht, wenn Ihr Nachbar dies für ein bebautes Grundstück im Außenbereich verlangt und es zu seinem Schutz erforderlich ist.
In Brandenburg besteht die Einfriedungspflicht entlang der – von der Straße aus betrachtet – jeweils rechten Grundstücksgrenze.
Daneben bestehen Ausnahmeregelungen, die von der Einfriedungspflicht befreien oder gar die Einfriedung verbieten.
Einfriedungen sind nicht ortsüblich, das Straßenbild wird durch einen Zaun verunstaltet oder die Verkehrssicherheit ist beeinträchtigt, weil durch eine Mauer im Vorgarten die Straße nicht mehr einzusehen ist.
Aus den Bau- und Straßengesetzen der Länder kann sich zudem die Pflicht ergeben, gegenüber öffentlichen Frei- und Verkehrsflächen aus Sicherheitsgründen einen Zaun zu errichten. Dies kann auch gelten, um ein einheitliches Straßenbild zu erreichen. Diese öffentlich-rechtliche Einfriedungspflicht durchzusetzen, ist Sache der zuständigen Baubehörde. Ihr Nachbar kann dies nicht unmittelbar von Ihnen verlangen.
Wohin mit dem Zaun: Neben oder auf die Grundstücksgrenze?
Grundsätzlich läuft eine Einfriedung entlang der Grenze, wenn nur einer der Nachbarn einfriedungspflichtig ist. Besteht eine gemeinsame Einfriedungspflicht der Nachbarn, darf der Zaun auf der Grundstücksgrenze errichtet werden. In der Regel müssen Sie keine Grenzabstände einhalten. Erkundigen Sie sich vorsichtshalber jedoch bei Ihrer Gemeinde nach möglichen Ausnahmevorschriften. Beispielsweise regeln einige Landesnachbarrechtsgesetze, dass Grenzabstände für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke einzuhalten sind, die mit Geräten bearbeitet werden.
Wie muss die Einfriedung aussehen?
Welches Material Sie für die Einfriedung wählen können (z.B. Jäger- oder Maschendrahtzaun, Backstein- oder Glasbausteinmauer) und wie hoch diese sein darf (z.B. ist eine Höhe von 1,20 m bis maximal 1,50 m üblich), erklärt man Ihnen auf dem örtlichen Bauamt. In der Regel enthalten die örtlichen Bebauungspläne entsprechende Gestaltungsanweisungen. Fehlen solche Vorschriften, bildet die Ortsüblichkeit das Maß der Dinge. Die Einfriedung muss in etwa so aussehen, wie dies in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft üblich ist.
Ortsunüblich ist eine Einzäunung aus senkrecht nebeneinandergereihten Eisenbahnschwellen oder eine 2 Meter hohe Einfriedungsmauer bei einem Reihenhausgrundstück. Hier können Sie deren Beseitigung verlangen (BGH, Urteil vom 22.5.1992, V ZR 93/91, NJW 1992 S. 2569).
Wer trägt die Kosten für die Einfriedung?
Hier gilt bundeseinheitlich folgende Grundregel: Derjenige, der den Zaun oder die Mauer aufstellen muss, trägt die entstehenden Errichtungs- und Instandhaltungskosten (z.B. für einen Neuanstrich oder Reparaturen). Sind beide Nachbarn verpflichtet, teilen sie sich die Kosten.
Schließen Sie mit Ihrem Haus eine Baulücke, werden Sie dennoch zur Kasse gebeten, wenn ringsherum alles eingezäunt ist. Vorausgesetzt, Sie trifft eine Einfriedungspflicht. Da Sie vom bereits vorhandenen Zaun profitieren, müssen Sie Ihrem Nachbarn als Entschädigung den halben Zeitwert des Zaunes erstatten. Die Unterhaltskosten werden regelmäßig geteilt.
Informieren Sie Ihren Nachbarn vom geplanten Zaun!
In der Regel müssen Sie Ihren Grundstücksnachbarn vorab über Ihr Bauvorhaben unterrichten. Teilen Sie frühzeitig Art, Ausstattung und Höhe des geplanten Zaunes oder mögliche Änderungen daran mit. Stimmt Ihr Nachbar dem Vorhaben ausdrücklich zu, dürfen Sie vor Fristablauf mit den Arbeiten beginnen. Die Dauer der Anzeigepflicht ist unterschiedlich geregelt. Sie beträgt zwischen zwei Wochen und einem Monat vor dem geplanten Beginn der Arbeiten. Erkundigen Sie sich danach bei Ihrer Gemeinde.
Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Sie Ihrem Nachbarn das Vorhaben auch ankündigen, wenn Sie dazu nicht gesetzlich verpflichtet sind. Versuchen Sie zudem sich mit Ihrem Nachbarn über die Gestaltung zu einigen. Schauen Sie sich dazu gemeinsam in Ihrer Umgebung um.
Was können Sie tun, wenn der Zaun stört?
Ist die Einzäunung Ihres Nachbarn ortsunüblich oder zu hoch, können Sie die Beseitigung der Einfriedung bzw. Verringerung auf die höchstzulässige Höhe verlangen. Diesen Anspruch können Sie gegebenenfalls auch vor den Zivilgerichten durchsetzen. Beachten Sie, dass es in manchen Bundesländern Fristen gibt, innerhalb derer Sie die Beseitigung der Störung verlangen müssen. Diese betragen zwischen ein und drei Jahren nach der Errichtung der Einfriedung. Erkundigen Sie sich rechtzeitig bei Ihrer Gemeindeverwaltung nach der Frist. Denn ist die Frist verstrichen, erlischt der Abwehranspruch.
III. Was gilt für bauliche Anlagen oder Anpflanzungen auf der Grundstücksgrenze?
3.1. Was Sie generell über Grenzeinrichtungen wissen sollten
Wer darf eine Grenzeinrichtung nutzen?
Bestehen Grenzeinrichtungen zwischen zwei benachbarten Grundstücken (z.B. Zaun, Graben, Mauer, Hecke), wird aufgrund der gesetzlichen Regelung vermutet, dass beide Nachbarn zur gemeinschaftlichen Nutzung berechtigt sind (z.B. eine auf der Grundstücksgrenze verlaufende Garagenzufahrt können beide Grundstücksnachbarn befahren). Ausnahme: Äußere Merkmale weisen darauf hin, dass die Grenzeinrichtung einem Nachbarn allein gehört (§ 921 BGB).
Die Garagenzufahrt erfasst das ganze Grundstück eines Nachbarn.
Der Nachbar hat die Thuja-Hecke ausschließlich auf seinem Grundstück gepflanzt.
Ausreichend ist, dass sich die Anlage zumindest teilweise über die Grenze zweier Grundstücke erstreckt und funktionell beiden Grundstücken dient. Eine grenzscheidende Wirkung ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 7.3.2003, V ZR 437/01, MDR 2003, S. 681).
Wer muss dafür bezahlen?
Die Unterhaltskosten für Grenzeinrichtungen tragen regelmäßig die beiden Nachbarn gemeinsam (§§ 921 - 922 BGB).
Darf eine Grenzeinrichtung beseitigt oder verändert werden?
Nein. Solange einer der Nachbarn Interesse am Fortbestand der Einrichtung hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder verändert werden. Verstößt Ihr Nachbar gegen dieses Verbot, beispielsweise indem er die Grenzeinrichtung eigenmächtig beseitigt, haben Sie einen Schadensersatzanspruch: Ihr Nachbar muss auf seine Kosten den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.
3.2. Was gilt für besondere Einrichtungen wie Garagen, Wände oder Bäume auf der Grenze?
Was gilt für Grenzgaragen?
Ob und unter welchen Voraussetzungen Sie zulässigerweise eine Garage auf die Grundstücksgrenze zu Ihrem Nachbarn setzen dürfen, regeln die Bauordnungen der einzelnen Bundesländer. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Gemeindeverwaltung nach den Voraussetzungen, unter denen Ihnen dafür eine Baugenehmigung erteilt werden kann.
Was hat es mit Grenzwänden auf sich?
Wenn Häuser so aneinandergebaut werden, dass sie eine auf oder an der Grundstücksgrenze verlaufende Mauer als gemeinsame Außenwand haben (z.B. bei so genannter geschlossener Bauweise
oder bei Doppelhaushälften), besteht bautechnischer und rechtlicher Beratungsbedarf.
Ziehen Sie am besten für bautechnische Fragen einen Architekten hinzu. Dieser kann Sie regelmäßig auch über die auftretenden rechtlichen Fragen rund um das Anbaurecht informieren. Hier hilft Ihnen auch Ihr örtliches Bauamt weiter. Informieren Sie sich, ob das Nachbarrechtsgesetz in Ihrem Bundesland eine Regelung zum Problem Grenz- oder Nachbarwand
enthält. Die einschlägigen Vorschriften regeln die auftretenden Probleme (z.B: Wo darf die Nachbarwand stehen? Was gilt bei Nichtbenutzen oder Abriss einer bestehenden Wand?).
Darüber hinaus gelten folgende Grundsätze:
Eine Grenzwand steht zwar unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück, doch gänzlich auf dem eigenen Grundstück des Hauseigentümers. Da sie im Eigentum des Erbauers steht, darf dessen Nachbar ohne seine Zustimmung die Wand nicht nutzen. Will der Nachbar sie beispielsweise für Kletterpflanzen, zu Werbezwecken oder zum Anbau eines Gebäudes nutzen, muss er den Eigentümer vorher fragen – vorbehaltlich etwaiger baurechtlicher Erlaubnisse.
Eine Nachbarwand oder Kommunmauer, die auf der Grundstücksgrenze verläuft, dürfen Sie nur errichten, wenn Sie und Ihr Nachbar sich einigen – aus Beweisgründen möglichst schriftlich, auch wenn dies gesetzlich nicht in allen Nachbargesetzen der Länder vorgeschrieben ist. Die Wand steht grundsätzlich im Miteigentum beider Grundstücksnachbarn (OLG Dresden, Urteil vom 1.7.2009, 11 U 568/08 ).
Was gilt für Grenzzäune?
Steht der Zaun auf beiden Grundstücken, handelt es sich um eine Grenzeinrichtung. Besteht eine gemeinsame Einfriedungspflicht der Nachbarn, sind Sie gemeinsam mit Ihrem Nachbarn aufgrund landesrechtlicher Vorschriften verpflichtet, Ihr Grundstück zu umzäunen. Dann darf der Zaun auf der Grundstücksgrenze errichtet werden.
In diesem Fall teilen Sie sich mit Ihrem Nachbarn auch die dafür anfallenden Kosten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.4.1990, 9 U 230/89, NJW-RR 1990 S. 1100). Gleiches gilt für den Unterhalt und die Instandsetzungsarbeiten, zum Beispiel einen neuen Farbanstrich.
Keiner der Nachbarn darf den Zaun eigenmächtig verändern oder abreißen (BGH, Urteil vom 23.11.1984, V ZR 176/83, NJW 1985 S. 1458). Etwas anderes gilt, wenn der Zaun auf Ihrem eigenen Grundstück verläuft. Dann können Sie ihn nach Belieben auch wieder entfernen (LG Bochum, Urteil vom 17.3.1992, NJW-RR 1992 S. 913).
Was gilt für einen Grenzbaum bzw. -strauch?
Ein Grenzbaum ist ein Baum, der an der Stelle, wo er aus der Erde tritt, von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird. Dies muss nicht unbedingt mittig sein. Auch kommt es dabei auf die Wurzelung nicht an (OLG München, Urteil vom 10.6.1992, 27 U 673/91, NJW-RR 1992 S. 1369). Steht auf der Grundstücksgrenze ein Baum, müssen Sie mit Ihrem Nachbarn halbe-halbe machen und sich die Ernte oder das Holz des gefällten Baumes teilen (§ 923 BGB). Gleiches gilt für einen auf der Grenze stehenden Strauch.
Auch die Haftung für Schäden durch einen Grenzbaum trifft die Grundstückseigentümer regelmäßig zu gleichen Teilen, beispielsweise, wenn ein offenkundig kranker Baum ohne Sturmeinwirkung auf das Nachbarhaus fällt. Beide Nachbarn sind für Baumpflegemaßnahmen verantwortlich und müssen die Gesundheit und Standfestigkeit des Baumes regelmäßig überprüfen. Bleiben beide untätig, ist der entstehende Schaden zu halbieren (BGH, Urteil vom 2.7.2004, V ZR 33/04, NJW 2004 S. 3328).
Stört Sie der Grenzbaum, weil er nur Schatten auf Ihr Grundstück wirft, können Sie die Beseitigung des Baumes von Ihrem Nachbarn verlangen. Sie dürfen ihn allerdings nicht eigenmächtig fällen. Ihr Nachbar muss vorher zustimmen. Seine Zustimmung zur Beseitigung des Baumes darf er regelmäßig nicht verweigern (OLG Oldenburg, Urteil vom 28.1.2002, 13 U 107/01, MDR 2002 S. 694).
Weitere Ausnahme: Steht der Grenzbaum unter dem Schutz einer Baumschutzregelung, darf er nicht beseitigt werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.4.1988, 9 U 228/89, NJW 1989 S. 1807).
Die Kosten fürs Baumfällen tragen beide zur Hälfte. Verzichtet Ihr Nachbar auf seine Rechte am Grenzbaum, bleiben Sie zwar auf den Kosten sitzen, dürfen aber auch das Holz allein behalten.
Was gilt für Grenzhecken?
Auch wenn nur ein Teil der Stämme einer 3 m hohen Thuja-Hecke des Nachbarn von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird, handelt es sich um eine Grenzeinrichtung. Kann die krumme Hecke
nicht versetzt werden, weil sie sonst eingeht, sollten Sie sie aber dennoch nicht eigenmächtig stutzen. Ihr Nachbar kann Schadensersatz verlangen.
Zwar besteht kein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustands, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist (hier: 14.000,00 €). Aber der Nachbar bekam eine neue Hecke mit Lebensbäumen von 50 cm bis 70 cm zugesprochen. Darüber hinaus musste der Abholzer
die Kosten für die Anpflanzung und die Pflege übernehmen (BGH, Urteil vom 15.10.1999, V ZR 77/99, NJW 2000 S. 512).