Direkt zum Inhalt

Hammerschlags- und Leiterrecht: Wann darf ein Kran über das Nachbargrundstück schwenken?

Wohnungseigentum & Grundbesitz 28. April 2021
Image

dragoncello / stock.adobe.com

Verweigert der Eigentümer eines Grundstücks, dass ein Baukran über das Grundstück schwenkt, darf der Bauherr nicht im Wege des Selbsthilferechts sich darüber hinwegsetzen. Er muss vielmehr die Gerichte bemühen (z.B. Duldungsklage erheben).

Für den Bau eines Mehrfamilienhauses war unter anderem das Aufstellen eines Krans und ein Schwenken des Baukrans über das Nachbargrundstück erforderlich. Dem Nachbarn wurden die beabsichtigten Bauarbeiten angezeigt. Dieser verweigerte jedoch seine Zustimmung. Solange er über keine näheren Angaben verfüge, dürfe insbesondere der Kran nicht über sein Grundstück schwingen.

Die fehlende Zustimmung ignorierte der Bauherr. Er stellte eigenmächtig einen Kran auf und ließ den Kranarm – ohne Ladung – über das Nachbargrundstück schweben. Daraufhin zog der Nachbar vor das Gericht und verlangte Unterlassung im Wege der einstweiligen Verfügung.

Das Oberlandesgericht München gab dem Unterlassungsanspruch des Nachbarn statt. Das Überschwenken des Nachbargrundstücks fällt (hier: unter das bayerische) Hammerschlags- und Leiterrecht – ob mit oder ohne Last. Die Absicht, von diesem Recht Gebrauch zu machen, muss dem Nachbarn rechtzeitig vor der Ausübung angezeigt werden und dieser muss zustimmen.

Untersagt der Nachbar die Ausübung der Betretung und Benutzung seines Grundstücks, darf das Grundstück aber nicht ohne Weiteres betreten oder benutzt werden. Das Recht auf eigenmächtige Selbsthilfe besteht hier. Stattdessen ist eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (z.B. muss in Bayern der Bauherr auf Duldung klagen und darf erst das Grundstück für die Baumaßnahmen in Anspruch nehmen, wenn die Entscheidung vorliegt).

OLG München, Urteil vom 15.10.2020, 8 U 5531/20