Direkt zum Inhalt

Darf der Betriebsrat ein privates Handynutzungsverbots am Arbeitsplatz mitentscheiden?

Personalentwicklung & Arbeitsbedingungen 8. Juli 2024
Image
Mann im Anzug sitzt am Schreibtisch mit Laptop und Unterlagen. Er schaut lächelnd auf ein Handy, welche er vor sich in den Händen hält.

Liubomir / stock.adobe.com

Will der Arbeitgeber durch eine Untersagung der Handynutzung erreichen, dass die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht wird und dabei nicht durch die private Nutzung des Smartphones unterbrochen wird. Dann liegt eine Regelung vor, welche die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers unmittelbar konkretisiert und daher nicht die Mitbestimmung des Betriebsrates erfordert.

Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Automobilzuliefer-Industrie mit rund 200 Arbeitnehmern. Mittels Aushangs im November 2021 untersagte die Standortleitung jede private Handynutzung während der Arbeitszeit und drohte im Fall des Verstoßes mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur außerordentlichen Kündigung.

Der Betriebsrat hielt die Anordnung für mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Er verlangte vom Arbeitgeber, das Verbot einstweilen zurückzunehmen und mit dem Gremium über die konkrete Ausgestaltung der Regeln für die Smartphone-Nutzung zu verhandeln. Nachdem die Arbeitgeberin dies ablehnte, leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren ein.

Das Bundesarbeitsgericht klärte in diesem Verfahren die bislang kontrovers diskutierte Frage, ob ein generelles Verbot der Handynutzung zu privaten Zwecken der betrieblichen Mitbestimmung unterliegt. Das BAG verneint dies: Dem Betriebsrat steht für die Anordnung, die Nutzung von Mobiltelefonen zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit zu unterlassen, kein Mitbestimmungsrecht zu.

Die maßgebende Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG regelt, dass der Betriebsrat in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen hat. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dagegen sind Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren (sog. »Arbeitsverhalten«), nicht mitbestimmungspflichtig. Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungs- und das Arbeitsverhalten aus, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt. Entscheidend ist der jeweilige objektive Regelungszweck.

Hier sind das Arbeitsverhalten und die Art und Weise der Arbeitserbringung betroffen. Der Arbeitgeber wollte hier erreichen, dass die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht wird und dabei nicht durch die private Nutzung des Smartphones unterbrochen wird. Hierin ist eine Konkretisierung der Arbeitspflicht zu sehen und keine Regelung, die das arbeitsbegleitende Ordnungsverhalten betrifft.

BAG, Urteil vom 17.10.2023, 1 ARB 24/22

Anmerkung der Redaktion:

Von der mitbestimmungsrechtlichen Frage ist zu unterscheiden, ob der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer überhaupt die private Nutzung des Handys während der Arbeitszeit verbieten darf. Eine solches Verbot stellt eine arbeitsrechtliche Weisung dar. Sie muss »billigem Ermessen« entsprechen. Arbeitgeber müssen also stets auch die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen. Fehlt es an einem sachlich gerechtfertigten ausdrücklichen Verbot (z.B. ein Privatnutzungsverbot von Mobilfunkgeräten im Krankenhaus zur Vermeidung von Störungen von Maschinen wie Röntgengeräten), dürfen Arbeitnehmer ihr Mobiltelefon in angemessenem Umfang zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nutzen, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Nach einschlägiger Rechtsprechung stellen etwa 10 bis 15 Minuten am Tag eine sozialadäquate Nutzungsdauer dar. Dies muss vom Arbeitgeber geduldet werden.