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Wann die Verpflichtung der Eltern zum Ausbildungsunterhalt wegfällt

Familie & Vorsorge 3. August 2020
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industrieblick / stock.adobe.com

Eltern müssen ihren Kindern eine angemessene Berufsausbildung finanzieren. Das kann auch eine Zweitausbildung sein. Die Unterhaltsverpflichtung entfällt aber, wenn die Eltern zurecht nicht mehr mit weiteren Ausbildungskosten rechnen müssen.

Die nichteheliche Tochter eines Mannes hatte nach ihrem Abitur im Jahr 2004 und einer vergeblichen Bewerbung um einen Medizinstudienplatz zunächst 2005 eine Ausbildung als anästhesietechnische Assistentin begonnen und nach drei Jahren erfolgreich abgeschlossen. Danach arbeitete sie in dem erlernten Beruf mehrere Jahre, bis sie für das Wintersemester 2010/2011 einen Medizin-Studienplatz zugewiesen bekam, den sie auch annahm.

Zur Finanzierung des Studiums beantragte sie BAFöG. Erst in diesem Zusammenhang erfuhr ihr Vater, der nie mit ihr oder ihrer Mutter zusammengelebt und sie im Alter von 16 Jahren zuletzt gesehen hatte, vom Medizinstudium seiner Tochter. Das Studierendenwerk hatte ihn zur Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse aufgefordert, um ihn finanziell an den Studienkosten für die Tochter zu beteiligen.

Das lehnte der Mann nach all den Jahren ab. Schließlich hatte er der Tochter gleich nach dem Abitur schriftlich mitgeteilt, dass er davon ausgeht, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Andernfalls solle sie sich bei ihm melden. Da er von der Tochter keine Antwort bekam, stellte der Vater die Unterhaltszahlungen ein.

Das Land Hessen verklagte den Vater daraufhin auf Ausgleich für an die Tochter geleistete Vorauszahlungen in Höhe von 3.452,16 Euro. Die Sache ging bis zum Bundesgerichtshof. Der stellte letztinstanzlich fest, dass der Vater die Unterhaltszahlungen zurecht verweigert hatte. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Ausbildungsunterhalt habe zum Zeitpunkt der Studienaufnahme nicht mehr bestanden. Zwar gehöre zum Kindesunterhalt auch der Ausbildungsunterhalt. Diese Verpflichtung sei auch nicht wegen der vorherigen praktischen Ausbildung entfallen. Dies sei nämlich dann unschädlich, wenn wie hier ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zum angeschlossenen Ausbildungsgang bestehe. Auch gebe es keine gesetzlichen Altersgrenzen beim Unterhalt. Dennoch komme es auf den Einzelfall an.

Konkret: Ein Unterhaltspflichtiger müsse in der Lage sein, die auf ihn zukommenden Kosten absehen zu können. Brauche er nicht mehr damit zu rechnen, in Anspruch genommen zu werden, entfalle seine Zahlungsverpflichtung. Es gehöre zu den schützenswerten Belangen eines Unterhaltspflichtigen, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern werde.

Hier habe der Vater nicht mehr damit rechnen müssen, dass seine Tochter in ihrem Alter noch ein Studium aufnimmt. Zwar sei die längere Dauer zwischen Abitur und Studienbeginn allein noch kein Grund, von einem Wegfall der Unterhaltspflicht auszugehen. Allerdings sei der Vater schon aufgrund der ausgebliebenen Antwort auf seinen Brief schützenswert in seinem Vertrauen darauf, dass künftig keine Unterhaltszahlungen mehr auf ihn zukommen. Deshalb habe er bereits längerfristige finanzielle Dispositionen in Form von Krediten treffen dürfen.

(BGH, Beschluss vom 3.5.2017, Az. XII ZB 415/16)