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Zwei fast identische Testamente: nicht automatisch Original und Abschrift

Erben & Schenken 7. Oktober 2020
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Daniel Jędzura / stock.adobe.com

Warum auch immer ein Erblasser zwei fast gleiche Testamente abfasst und eins davon später zerreißt. Das zweite Testament wird dadurch nicht unwirksam. Es bleibt bei der darin getroffenen Verfügung. Es tritt keine gesetzliche Erbfolge ein.

Ein Erblasser hatte im Jahr 2011 zwei im Wesentlichen identische Testamente errichtet. In diesen setzte er seine Cousine als alleinige Erbin ein. Ein Exemplar behielt der Erblasser bei sich. Das andere Exemplar händigte er seiner Cousine aus. Der Mann verstarb am 22.6.2017. Die Cousine lieferte das bei ihr befindliche Testament beim Nachlassgericht ab und beantragte einen Erbschein, der sie als alleinige Erbin des Erblassers ausweisen sollte.

Gegen diesen Erbscheinsantrag wehrte sich ein Verwandter des Erblassers, der als ohne das Testament gesetzlicher Erbe geworden wäre. Der vermeintliche Erbe teilte dem Nachlassgericht, dass die Version des Testaments, die der Erblasser selber behalten hatte, im Jahr 2017 von dem Betreuer des Erblassers zerrissen worden ist. Damit sei auch das andere Testament unwirksam geworden. Es gelte somit die gesetzliche Erbfolge. Das Nachlassgericht sah das anders, sodass die Sache bis zum Oberlandesgericht Frankfurt ging.

Auch hier gab man der Cousine recht. Begründung: Bei dem von der Cousine vorgelegten Testament handele es sich um eine wirksame letztwillige Verfügung des Erblassers. Das OLG ging dabei davon aus, dass der Erblasser durch die Anfertigung zweier Exemplare seines Testaments kein Original mit Abschrift oder Kopie erstellen wollte. Aus einer Abschrift oder Kopie eines Testaments könnten grundsätzlich keine Rechte hergeleitet werden.

Sowohl die äußere Form des noch vorhandenen Testaments und auch die fehlende Kennzeichnung als „Kopie“ rechtfertige es, das zweite Testament Urkunde als vollwertige Verfügung von Todes wegen anzusehen. Folglich würde die Vernichtung des einen Originals des Testaments nicht automatisch zur Unwirksamkeit des zweiten Exemplars führen. Im Ergebnis wurde damit die Cousine des Erblassers dessen Erbin.

OLG München, Beschluss vom 5.5.2020, 31 Wx 246/19