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Ausschlagung der Erbschaft nicht zu vorschnell!

Erben & Schenken 2. Dezember 2024
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MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Die bloße Fehlvorstellung über den Wert des Nachlasses berechtigt nicht zur Anfechtung der Ausschlagung. Eine Fehlvorstellung über die konkrete Zusammensatzung des Nachlasses kann jedoch zur Anfechtung berechtigen.

Die Erbin schlug das Erbe ihrer Mutter aus. Sie hatte seit ihrem 11. Lebensjahr keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt, da sie aufgrund der Alkoholkrankheit ihrer Mutter nicht bei ihr aufwuchs. Zudem wurde ihr nach dem Tod der Mutter mitgeteilt, dass die im Bahnhofsviertel liegende Wohnung der Mutter in einem chaotischen und vermüllten Zustand ist. Daraufhin hatte die Tochter angenommen, dass die Mutter endgültig »abgerutscht« war, und hatte daher die Erbschaft ausgeschlagen.

Der vom Nachlassgericht bestimmte Nachlasspfleger hatte bei der Abwicklung unerwartet ein Kontoguthaben im oberen fünfstelligen Bereich entdeckt. Die Tochter hatte daraufhin die Ausschlagung der Erbschaft angefochten und einen Erbschein als Alleinerbin beantragt.

Das in zweiter Instanz angerufene Oberlandesgericht Frankfurt/Main bestätigte die Tochter als Alleinerbin. Das Gericht stellte klar, dass die Anfechtung einer Erbausschlagung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses zulässig ist, sofern der Irrtum für die Ausschlagung kausal war – also ausschlaggebend. Eine solche Kausalität ist aber nur dann gegeben, wenn der Erbe die ihm naheliegenden Nachforschungsmöglichkeiten über den Nachlass ausgeschöpft hat und diese unzutreffend bewertet hat.

Beachten Sie: Beruht die Ausschlagung auf bloßen Spekulationen und gibt es nur vage Vermutungen über den Nachlass, berechtigt die daraus entstehende Fehlvorstellung nicht zur Anfechtung. Weiter begründet eine Fehlvorstellung über den reinen Wert des Nachlasses keine Anfechtung, anders aber die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses.

Im vorliegenden Fall hatte sich die Tochter nach Ansicht des Gerichts über die tatsächliche Zusammensetzung geirrt, insbesondere darüber, dass überhaupt ein Konto vorhanden ist. Zwar hatte sie nicht alle naheliegenden Möglichkeiten ausgeschöpft, um sich Klarheit über den Nachlass zu verschaffen. Sie konnte das Gericht aber davon überzeugen, dass die Ausschlagung nicht ausschließlich auf einer reinen Vermutung beruhte, sondern auf einer Fehlvorstellung, sodass sie letzten Endes den beantragten Erbschein als Alleinerbin erhielt.

OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 24.7.2024, 21 W 146/23

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