Türkische Witwe darf toten deutschen Ehemann in Türkei beerdigen
Ein 60 Jahre alter Münchner war gestorben, ohne einen ausdrücklichen Bestattungswunsch zu hinterlassen. Er war seit 2011 mit einer türkischstämmigen Frau verheiratet. Er selbst war nie in der Türkei gewesen. Seine Witwe wollte den Leichnam dennoch in ihrem Heimatdorf in der Türkei bestatten, da es ihr Wunsch ist, selbst dort einmal begraben zu werden.
Die Mutter des Verstorbenen war davon wenig begeistert und wollte das verhindern. Die geplante Bestattung in der Türkei entspreche nicht dem Willen ihres verstorbenen Sohnes. Es sei vielmehr besprochen gewesen, dass er in dem Familiengrab in München beerdigt werde. Außerdem habe sich der Verstorbene eine Feuerbestattung gewünscht. In der Türkei beerdigt zu werden, habe er dagegen zu keinem Zeitpunkt gewünscht.
Das Amtsgericht München erlaubte letzten Endes die Bestattung des Mannes in der Türkei. Das Recht der Totenfürsorge sei zwar gesetzlich nicht geregelt. Es müsse aber einem Menschen grundsätzlich gestattet sein, über den Verbleib und die weitere Behandlung oder Verwendung seiner sterblichen Überreste selbst zu bestimmen. Deshalb übertrage die Rechtsprechung das Recht der Totenfürsorge auf den nächsten Angehörigen des Verstorbenen, hier die Ehefrau. Dabei müsse sie sich im Rahmen des (mutmaßlichen) Willens des Verstorbenen bewegen. Innerhalb dieses Rahmens bestehe allerdings ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum. Andernfalls sei die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel.
Das Gericht ging davon aus, dass der Plan der Ehefrau vom mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gedeckt ist. So habe dieser gegenüber den Töchtern seiner Ehefrau geäußert, dass er mit seiner Ehefrau gemeinsam bestattet werden wolle. Zwar habe der Verstorbene gegenüber seiner Mutter eine Feuerbestattung und Beerdigung im Familiengrab gewünscht. Es sei aber durchaus vorstellbar, dass sich der Verstorbene mit verschiedenen Möglichkeiten der Totenfürsorge befasst und angefreundet habe. Die Beisetzung in der Türkei stehe somit nicht im Widerspruch zu dem, was er sich zu Lebzeiten gewünscht hatte.
Dem Gericht stellte ausdrücklich fest, dass diese Entscheidung für die Mutter eine nur schwer zu ertragende Härte mit sich bringe. Diese Gesichtspunkte seien bedauerlich, aber für die Entscheidungsfindung nicht erheblich. Es sei hier ausschließlich darum gegangen, den erklärten oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu ergründen.
(AG München, Urteil vom 11.6.2016, Az. 171 C 12772/15)