Ein Testament, das nur noch in Kopie vorliegt, kann trotzdem die Erbfolge regeln
Ein Mann hatte mehrere Testamente verfasst. Um ihn hatte sich in den letzten Jahren ausschließlich ein guter Bekannter gekümmert. Der Erblasser hatte zuletzt ein handschriftliches Testament errichtet, das zum Zeitpunkt seines Ablebens aber nur noch in Kopie vorlag.
In diesem Testament hatte der Erblasser festgelegt, dass seine Tochter von seinem Vermögen nichts erhalten solle, da er zu ihr seit 30 Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Alleiniger Erbe, so das Testament, solle sein Bekannter werden. Dieses zweite Testament wurde nur in Form einer Kopie vorgelegt. Das Original war nicht mehr auffindbar.
Nach dem Tod des Erblassers beanspruchten sowohl der im Testament benannte Bekannte als auch die Tochter des Erblassers die Erbschaft für sich. Beide stellten einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins – jeweils als Alleinerbe.
Die Tochter des Erblassers erklärte darüber hinaus die Anfechtung des in Kopie vorliegenden Testaments ihres Vaters. Sie sah sich auf der Grundlage der gesetzlichen Erbfolge als Erbin.
Das Oberlandesgericht Hamm stellte fest, auch ein Testament, das nur noch in Kopie vorliegt, kann trotzdem die Erbfolge regeln. Folge: Der Bekannte des Erblassers wurde dessen alleiniger Erbe.
Grundsätzlich muss zwar das Original eines Testaments vorgelegt werden. Es bleibt aber wirksam, wenn es »ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder sonst nicht mehr auffindbar ist«.
Im vorliegenden Fall wurde die Existenz des Testaments zum einen durch die vorliegende Kopie sowie die Aussagen von Zeugen im Prozess bewiesen. Diese bestätigten den Inhalt des Testaments glaubhaft.
Das Gericht konnte zum andern auch nicht feststellen, dass dieses Testament vom Erblasser widerrufen oder bewusst vernichtet wurde. Die Tochter hätte dies im Verfahren beweisen müssen. Allein durch den Umstand, dass das Original des Testaments nicht mehr aufgefunden werden konnte, wurde dieser Beweis aber nicht geführt.
Nachdem auch die von der Tochter des Erblassers erklärte Anfechtung des Testaments rechtlich nicht erheblich war, verblieb es bei der Regelung im Testament.
OLG Hamm, Beschluss vom 9.2.2024, I-10 W 60/23
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