Wann ist eine Ausbildungsvergütung angemessen?
Ein junger Mann absolvierte bei einer Werft eine 3-jährige Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Er empfand die ihm gezahlte Ausbildungsvergütung als nicht angemessen. Die Vergütung unterschreite 80 % der tariflich vorgesehenen Vergütung, so seine Begründung. Er bezog sich dabei auf den für das Land Mecklenburg-Vorpommern geltenden Tarifvertrag zwischen der Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe und der IG Metall.
Der Auszubildende verlangte von seinem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber eine Nachzahlung von über € 8.000,–. Der Arbeitgeber verweigerte dies. Er verwies mit Blick auf die vereinbarte Höhe der Ausbildungsvergütung auf die Empfehlung der Handwerkskammer. Diese sei angemessen gewesen.
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern gab dem Auszubildenden recht. Bei fehlender Tarifbindung muss die Höhe der Ausbildungsvergütung vereinbart werden. Auszubildende haben dabei Anspruch auf eine angemessene Vergütung (§ 17 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG)).
Eine Ausbildungsvergütung ist in der Regel nicht angemessen im Sinne des Gesetzes, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 % unterschreitet.
Folge: Die in diesem Fall im Ausbildungsvertrag getroffene Vergütungsvereinbarung ist nichtig. An die Stelle der vereinbarten tritt die angemessene Vergütung.
Im Einzelfall ist diese unter Abwägung der Interessen aller Beteiligter zu bestimmen. Es gibt keinen Automatismus. Auch eine Ausbildungsvergütung, die oberhalb der gesetzlich festgelegten Mindestvergütung für Auszubildende liegt, ist nicht zwangsläufig »angemessen« im Sinne des Gesetzes (§ 17 Abs. 2 BBiG). Auf jeden Fall als angemessen gilt eine Ausbildungsvergütung, die einer in einem einschlägigen Tarifvertrag vereinbarten Vergütung entspricht.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.6.2022, 2 Sa 251/21