Sturz beim Medikamente-Holen als Arbeitsunfall?

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Eine als Näherin beschäftigte Frau nahm regelmäßig Tabletten gegen Epilepsie ein. Während der Frühschicht bemerkte sie, dass sie ihre Medikamente im Auto vergessen hatte. Sie bat ihren Vorgesetzten um Erlaubnis, die Medizin aus dem Auto holen zu dürfen. Auf dem Rückweg stürzte sie und brach sich das Handgelenk. Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Das Landesozialgericht Berlin-Brandenburg stellte sich auf die Seite der Berufsgenossenschaft. Es liegt kein Arbeitsunfall vor. Die Einnahme von Medikamenten gehört nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern ist dem nicht versicherten, persönlichen Lebensbereich zuzuordnen.
Grundsätzlich kann ein versichertes Ereignis vorliegen, wenn ein überwiegendes betriebliches Interesse dann besteht, vergessene Gegenstände zu holen, die zwingend benötigt werden, um die Arbeit fortzusetzen (z.B. eine Brille oder einen Spindschlüssel holen).
Ein solches zwingendes Erfordernis liegt hier nicht vor. Das abstrakte Risiko, dass es ohne die regelmäßige Einnahme der Tabletten während der Arbeitszeit zu einem Epilepsie-Anfall kommt, liegt nicht im versicherten Bereich. Hätte die Arbeitnehmerin mit der Einnahme der Epilepsie-Tabletten bis zum Schichtende gewartet, wäre ihre Arbeitsfähigkeit laut ärztlichem Gutachten nicht gefährdet gewesen. Die Einnahme liegt vorrangig im privaten Interesse.
Auch die Erlaubnis des Vorgesetzten, die Medikamente holen zu dürfen, ist unerheblich. Der Vorgesetzte hat hier nicht sein arbeitsvertragliches Weisungsrecht ausgeübt, sondern der Frau lediglich erlaubt, ihre Arbeit kurz zu unterbrechen, um einer privaten Besorgung nachzugehen.
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.9.2024, L 21 U 40/21; n. rk.
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