»Fremdnützige« Umkleide-, Wasch- und Wegezeit ist als Arbeitszeit zu vergüten
Zu den Aufgaben eines als Containermechaniker tätigen Mitarbeiters gehörte es, rostige und beschädigte Stellen an Transportcontainern abzuschleifen und diese nachzulackieren. Dabei nutzte er die vom Arbeitgeber gestellte Arbeitskleidung (z.B. Handschuhe, Schutzbrille, Atemmaske). Dennoch wurde er bei diesen Arbeiten sehr schmutzig. Er musste sich waschen oder duschen, bevor er nach Hause ging.
Dabei bezahlte der Arbeitgeber weder die Umkleidezeiten noch das Waschen oder Duschen – und auch nicht die Wegezeiten von der Umkleide zum Arbeitsplatz. Er vertrat die Meinung, da tarifvertraglich nichts geregelt sei, müssen Umkleide- und Reinigungszeiten nicht vergütet werden. Der Wechsel der Kleidung sei zudem nicht aus Gründen des Gesundheitsschutzes erforderlich.
Der Beschäftigte hielt das nicht für richtig. Er verlangte für die Zeit ab Januar 2017 eine Nachzahlung von mehr als € 20.000,–.
Das LAG gab dem Beschäftigten im Grundsatz recht. Es sprach ihm aber nur knapp € 2.400,– plus Zinsen für einen Zeitraum von knapp 20 Monaten zu. Nach dem Urteil des LAG muss der Arbeitgeber täglich insgesamt 21 Minuten für das Umkleiden, Waschen und für Arbeitswege vergüten. Ansprüche für die Zeit vor Juni 2020 sind in diesem Fall aber aufgrund arbeitsvertraglich vereinbarter Verfallsfrist erloschen.
Begründung: Die Umkleide- und die Reinigungszeiten, aber auch die innerbetrieblichen Wegezeiten sind als »Arbeitszeit« zu werten und daher zu vergüten. Entscheidend ist dabei, dass alle Tätigkeiten »fremdnützig« sind. Das setzt voraus, dass sie im Interesse des Arbeitgebers bzw. auf dessen Anweisungen erfolgen.
Das Tragen der Schutzkleidung erfolgte hier auf Weisung und im Interesse des Arbeitgebers. Diese Tätigkeit ist daher »fremdnützig«. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber vorschreibt, dass die Dienstkleidung im Betrieb angelegt und abgelegt werden muss. Das Umkleiden ist Bestandteil der Arbeitsleistung. Die dafür aufgewendete Zeit ist zu vergüten. Anders, wenn das Umkleiden zugleich einem Bedürfnis des Beschäftigten dient. Dann gehört die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit (z.B. entscheidet sich der Mitarbeiter, die Kleidung zu Hause anzuziehen und trägt sie auf dem Weg zur Arbeit).
Das Waschen zählt dann nicht zur Arbeitszeit, wenn es auch im Privatleben erforderlich wird. Anders bei Reinigungszeiten, »die aufgewendet werden müssen, weil die Verunreinigung des Körpers deutlich über das Maß hinausgeht, das üblicherweise im Privatleben anfällt«. Das ist hier der Fall, weil der Grad der Verschmutzung bei der Tätigkeit als Containermechaniker erheblich ist. Die Körperreinigung ist damit notwendiger Bestandteil der vom Beschäftigten geschuldeten Arbeit und ist »fremdnützig«. Ob sich der Containermechaniker nach der Arbeit duscht oder am Waschbecken wäscht, macht nach Ansicht des Gerichts keinen großen Unterschied, weil er sich ohnehin umziehen muss.
Da in diesem Fall der Arbeitgeber das Tragen der Arbeitskleidung angeordnet und für das Umziehen einen Raum zur Verfügung gestellt hat, gehört die innerbetriebliche Wegezeit zur Umkleide hin und zurück ebenfalls zur Arbeitszeit. Auch diese Zeiten sind zu vergüten.
Zwar sind tariflich abweichende Regelungen zulässig, sie liegen hier aber nicht vor. Ob es trotzdem noch zumutbar wäre, den Betrieb ohne vorheriges Duschen zu verlassen, spielt für die Frage der Vergütungspflicht keine Rolle. Gleiches gilt für die Frage, ob die Körperreinigung aus Gründen des Arbeitsschutzes erforderlich ist.
LAG Nürnberg, Urteil vom 6.6.2023, 7 Sa 275/22; n. rk.