Das Verfahren vor den Arbeitsgerichten
Für Konflikte aus dem Arbeitsverhältnis sind die Arbeitsgerichte zuständig. Dabei kommen nicht nur Kündigungen in Betracht. Handelt es sich aber um eine Kündigung, sind unbedingt die Fristen einzuhalten. Ein Prozess vor dem Arbeitsgericht besteht aus Güteverhandlung und Kammertermin. Informieren Sie sich ebenfalls über Ihre Rechtsmittel.
I. Wann geht es vor das Arbeitsgericht?
1.1. Wenn Sie mit Ihrem Arbeitgeber über Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis streiten
Wurde Ihnen gekündigt? Zahlt Ihr Chef nicht oder sind Sie mit Ihrem Arbeitszeugnis unzufrieden? Für Konflikte, die im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis stehen, hat der Gesetzgeber als Fachgerichte die Gerichte für Arbeitssachen eingerichtet (§ 1 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)). Dabei ist das Arbeitsgericht unabhängig vom Streitwert stets erstinstanzlich für solche Rechtsstreitigkeiten zuständig.
1.2. Nur als Arbeitnehmer können Sie vor dem Arbeitsgericht klagen
Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes sind Sie als Arbeiter und Angestellter, ebenso als Auszubildender. Heimarbeiter, arbeitnehmerähnliche Personen und Einfirmen-Handelsvertreter, die aufgrund des Vertragsverhältnisses in den letzten sechs Monaten nicht mehr als durchschnittlich 1.000,00 € im Monat verdient haben, gelten, was die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte betrifft, ebenfalls als Arbeitnehmer (§ 5 ArbGG).
Besonderheit bei Streitigkeiten aus einem Ausbildungsverhältnis!
Besteht zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Auszubildenden und seinem Ausbilder aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis ein Schlichtungsausschuss, muss dieser angerufen werden, ehe ein Arbeitsgerichtsverfahren eingeleitet wird (§ 111 Abs. 2 ArbGG, § 71 BBiG). Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit gegebenenfalls auszusetzen, bis der Schlichtungsausschuss entschieden hat. Erkundigen Sie sich bei der zuständigen Kammer (z.B. Handwerks-, Ärzte-, Rechtsanwaltskammer), ob ein solcher Ausschuss eingerichtet ist.
Keine Arbeitnehmer sind dagegen Beamte (§ 5 Abs. 2 ArbGG) und Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind (z.B. Geschäftsführer oder Vorstände; § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).
Ausnahmsweise können auch andere Personen vor den Arbeitsgerichten klagen, also nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch deren Rechtsnachfolger (§ 3 ArbGG) sowie Hinterbliebene, die eigenständige und nicht nur abgeleitete Ansprüche verfolgen (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG).
Als Witwe eines verstorbenen Arbeitnehmers beanspruchen Sie Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung.
1.3. Arbeitsgerichte sind nicht nur für Kündigungen zuständig!
Das Gesetz regelt abschließend, wann die Arbeitsgerichte sachlich zuständig sind (§§ 2 ff. ArbGG). Es sind dabei folgende Konstellationen möglich:
Das Arbeitsgericht kann ausschließlich zuständig sein
Das ist nach § 2 Abs. 1 ArbGG unter anderem der Fall für Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern
aus dem Arbeitsverhältnis
Sie streiten über Gehaltsansprüche, die Bewilligung von Urlaub oder über Rückzahlungsansprüche bei überzahltem Entgelt.
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses
Sie wollen im Rahmen einer Kündigungsschutzklage feststellen lassen, dass eine bestimmte Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat (§ 4 KSchG).
Sie klagen auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer bestimmten Befristung nicht beendet ist (sogenannte
Entfristungsklage; § 17 TzBfG) oder dass Ihr Arbeitsverhältnis (fort)besteht.Sie wollen Ihren Beschäftigungsanspruch während des Rechtsstreits um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich durchsetzen.
Sie klagen auf Feststellung der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit einer Kündigung vor Dienstantritt.
aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen
Sie streiten über den Ersatz von Vorstellungskosten oder die Rückgabe von Bewerbungsunterlagen, die Erteilung eines Arbeitszeugnisses, die Unterlassung von Wettbewerb oder über eine Karenzentschädigung wegen eines Wettbewerbsverbots.
über Arbeitspapiere
Sie klagen auf Herausgabe Ihrer Lohnsteuerkarte, des Sozialversicherungsnachweises oder die Erteilung der Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III. Beachten Sie dabei jedoch folgende Besonderheiten: Wollen Sie unrichtige Eintragungen in der Lohnsteuerbescheinigung berichtigt haben, sind nicht die Arbeits- sondern die Finanzgerichte zuständig (BAG, Beschluss vom 11.6.2003, 5 AZB 1/03 ). Geht es um die Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben (BAG, Urteil vom 13.7.1988, 5 AZR 467/87, NZA 1989 S. 321).
über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen
Dazu zählen Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung oder auf Nebenleistungen des Arbeitgebers (z.B. die Möglichkeit zum verbilligten Einkauf oder die Nutzung von Sportstätten).
Weiter sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit (z.B. Ansprüche auf Verteilung eines gemeinsam erarbeiteten Lohnes bei Gruppenarbeit) und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen (z.B. verlangen Sie von einem Arbeitskollegen Schmerzensgeld nach einer vorsätzlichen Körperverletzung).
In Fällen der ausschließlichen Zuständigkeit müssen Sie den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht austragen. Amts- oder Landgericht sind unzuständig und müssen die Sache an das Arbeitsgericht verweisen.
Das Arbeitsgericht kann neben dem Amts- oder Landgericht zuständig sein
Die Arbeitsgerichte sind auch zuständig für Rechtsstreitigkeiten, die mit einer beim Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden Arbeitssache
in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Ansprüche gegen Hauptschuldner und Bürgen sowie Widerklage des Arbeitgebers auf Rückzahlung eines Darlehens, das nicht als Lohnvorschuss gewährt wurde.
In Fällen der erweiterten Zuständigkeit des Arbeitsgerichts können Sie den Streit auch vor dem Amts- oder Landgericht austragen. Ausnahme: Sie müssen aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit eines anderen Gerichts dort klagen.
Für Ansprüche aus einem Mietverhältnis über eine Werkwohnung ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig (§ 29a ZPO i.V.m. § 23 Nr. 2 a GVG).
Das Arbeitsgericht kann durch Verweisung zuständig werden
Dies ist der Fall, wenn ein anderes Gericht den Rechtsstreit bindend an das Arbeitsgericht verweist, und gilt selbst dann, wenn die Verweisung objektiv falsch ist (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
Das Landgericht verweist die Klage eines GmbH-Geschäftsführers, der sich gegen die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrages wehrt, an das Arbeitsgericht. Keine Partei legt gegen den Beschluss ein Rechtsmittel ein. Das Arbeitsgericht wird zuständig, obwohl der Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer gilt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG). Hier hätten die Parteien die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch vereinbaren können (§ 2 Abs. 4 ArbGG).
Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts wird auch durch sogenannte
rügelose Einlassung
begründet, wenn das Arbeitsgericht den Rechtsstreit nicht von Amts wegen verweist.
Das Arbeitsgericht übersieht, dass es für eine Rechtsstreitigkeit gar nicht zuständig ist, und entscheidet in der Sache, ohne dass dies eine Partei gerügt hat. Im Falle einer Berufung prüft das Landesarbeitsgericht nun nicht mehr, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 65 ArbGG).
1.4. Welches Arbeitsgericht ist örtlich zuständig?
Für Klagen gegen Ihren Arbeitgeber gilt:
-
Normalerweise werden Sie Ihren Arbeitgeber am Sitz des Betriebes verklagen, in dem Sie ständig arbeiten oder gearbeitet haben (sogenannter
Erfüllungsort
; § 29 ZPO). -
Daneben können Sie den Arbeitgeber aber auch an seinem Wohnsitz (§ 13 ZPO), eine juristische Person (z.B. GmbH, AG) am Sitz ihrer Verwaltung (§ 17 ZPO) oder ihrer Niederlassung (§ 21 ZPO) verklagen.
-
Seit dem 1.4.2008 kann auch am gewöhnlichen Arbeitsort Klage eingereicht werden (§ 48 Abs. 1a ArbGG). Ein Außendienstmitarbeiter, der seine Einsätze von zu Hause aus plant und dort auch seine sonstigen Tätigkeiten ausübt, kann nun beispielsweise an dem für seinen Wohnsitz zuständigen Arbeitsgericht Klage erheben. Bei Telearbeitnehmern ist der Standort des Computers der gewöhnliche Arbeitsort.
-
Für unerlaubte Handlungen kommt noch der Ort, an dem diese begangen wurden oder der schädigende Erfolg eingetreten ist, hinzu (§ 32 ZPO).
Als Arbeitnehmer können Sie von Ihrem Arbeitgeber ebenfalls an Ihrem Wohnsitz, am Ort des Betriebes, in dem Sie ständig gearbeitet haben, oder am Ort der unerlaubten Handlung verklagt werden.
Vereinbarungen im Arbeitsvertrag nur eingeschränkt möglich:
Die örtliche Zuständigkeit eines an sich unzuständigen Gerichts können Sie als Arbeitnehmer mit Ihrem Arbeitgeber grundsätzlich nicht wirksam im Voraus vertraglich festlegen (sogenannte Gerichtsstandsvereinbarung
). Ausnahmen sind in Sonderfällen möglich (z.B. haben entweder Sie oder Ihr Arbeitgeber keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland). Nach dem Entstehen der Streitigkeit ist die Vereinbarung eines Gerichtsstands zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich erfolgt (§ 38 Abs. 3 ZPO).
Haben Sie beim unzuständigen Gericht Klage erhoben oder werden Sie beim unzuständigen Gericht verklagt, verweist das angerufene, unzuständige Gericht den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien von Amts wegen oder auf Rüge der verklagten Partei an das zuständige, bei mehreren zuständigen an das vom Kläger ausgewählte Gericht (§§ 17a ff. GVG). Dabei gilt:
-
Betrifft der Verweisungsbeschluss die örtliche Zuständigkeit, ist er unanfechtbar (§ 48 Abs. 1 Ziff. 1 ArbGG).
-
Beschlüsse betreffend die sachliche Zuständigkeit werden auf eine sofortige Beschwerde der unterlegenen Partei vom Landesarbeitsgericht überprüft (§ 17 Abs. 4 Satz 2 GVG). In Fällen grundsätzlicher Bedeutung lässt dieses die Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu (§ 78 Satz 2 ArbGG).
1.5. Beachten Sie die Klagefristen!
Bevor Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, sollten Sie zunächst versuchen, den Streit mit Ihrem Arbeitgeber außergerichtlich gütlich beizulegen. Das erspart Ihnen unter Umständen Ärger und Kosten und sichert gegebenenfalls langfristig Ihren Arbeitsplatz. Für bestimmte Verfahren müssen Sie allerdings gesetzliche Klagefristen beachten. Warten Sie also nicht zu lange, ehe Sie das Gericht anrufen.
Eine Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erheben.
Eine Entfristungsklage nach § 17 TzBfG muss innerhalb von drei Wochen nach Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses bei Gericht eingehen.
Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG muss innerhalb von drei Monaten nach schriftlicher Geltendmachung erhoben werden (§ 61b ArbGG).
Zudem enthalten Arbeitsverträge oder Tarifverträge oft sogenannte Ausschluss- oder Verfallsfristen. Diese können beispielsweise vorschreiben, dass ein Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist nach Ablehnung durch den Arbeitgeber vor Gericht eingeklagt werden muss. Prüfen Sie deshalb rechtzeitig Ihren Arbeitsvertrag und den einschlägigen Tarifvertrag, ob auch Sie eine entsprechende Klausel vereinbart haben!
1.6. Wie Sie die Kosten in den Griff bekommen
Ihre Entscheidung, einen Arbeitsgerichtsprozess zu führen, wird auch davon abhängen, ob Sie die Prozesskosten aus eigener Tasche bestreiten müssen:
-
Die Gewerkschaften bieten ihren Mitgliedern im Arbeits- und Sozialrecht kostenlosen Rechtsschutz. Hier werden Sie in der Regel durch einen im Arbeitsrecht erfahrenen Rechtssekretär und nicht durch einen Anwalt Ihrer Wahl beraten und vertreten.
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Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Prozesskosten einschließlich der Kosten eines Rechtsanwalts nach den jeweiligen Vertragsbedingungen. Prüfen Sie also, ob Sie Arbeitsrechtsschutz haben und fordern Sie gegebenenfalls eine Deckungszusage an.
-
Wenn Sie nach Ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozesskosten nicht oder nur in Raten aufbringen können, wird Ihnen auf Antrag Prozesskostenhilfe bewilligt, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Prozesskostenhilfe umfasst in der Regel auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 Abs. 2 ZPO). Wenn die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, darf aus Gründen der Chancengleichheit vor dem Arbeitsgericht die Beiordnung eines Rechtsanwalts nur dann unterbleiben, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist (§ 11a Abs. 2 ArbGG).
1.7. Brauchen Sie einen Rechtsanwalt?
Grundsätzlich nicht, denn vor den Arbeitsgerichten besteht kein Anwaltszwang. Sie können sich in erster Instanz selbst vertreten oder durch eine von Ihnen bevollmächtigte Person vertreten lassen. Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen (§ 80 ZPO). Sie kann auch zu Protokoll erklärt werden.
Seit dem 1.7.2008 sind vor den Arbeitsgerichten auf Arbeitnehmerseite nur vertretungsbefugt:
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volljährige Familienangehörige (§ 11 AO; § 11 LebenspartnerG), nicht aber Lebensgefährten, Freunde, Bekannte oder Nachbarn. Diese können aber in der mündlichen Verhandlung als Beistände zugelassen werden (§ 11 Abs. 6 ArbGG);
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Personen mit der Befähigung zum Richteramt;
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Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, insbesondere Gewerkschaften, für ihre Mitglieder.
Beachten Sie: Nicht vertretungsbefugte Bevollmächtigte weist das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Bis dahin vorgenommene Vertretungshandlungen bleiben aber wirksam (z.B. eine Klageeinreichung).
Übernimmt weder die Rechtsschutzversicherung noch die Gewerkschaft noch die Prozesskostenhilfe die Verfahrenskosten, lohnt es sich, darüber nachzudenken, den Weg zum Arbeitsgericht auf eigene Faust zu beschreiten. Denn in erster Instanz müssen Sie Ihren Anwalt unabhängig vom Ausgang des Prozesses selbst bezahlen.
In einfach gelagerten Fällen können Sie das ohne Weiteres wagen. Häufig wird der Arbeitgeber schon nicht zum Gütetermin erscheinen, und das Verfahren endet mit einem Versäumnisurteil zu Ihren Gunsten.
Sie erhalten ohne Begründung das in der Lohnabrechnung ausgewiesene Gehalt nicht ausbezahlt, oder Sie erhalten trotz Mahnung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ihre Arbeitspapiere nicht zurück.
Aber selbst in komplizierteren Fällen (z.B. Kündigungsrechtsstreit) können Sie zunächst eine Vertretung in eigener Sache in Betracht ziehen.
Geht es Ihnen in einem Kündigungsrechtsstreit nur noch um eine Abfindung, können Sie den Gütetermin ohne Anwalt wahrnehmen. Das Gericht wird von sich aus die Sprache auf eine gütliche Abfindungsregelung bringen und gegebenenfalls einen Vorschlag unterbreiten. Nur wenn Sie mit dem Arbeitgeber zu keiner auch für Sie akzeptablen Vereinbarung kommen, empfiehlt sich für die Fortsetzung des Verfahrens die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts.
II. So läuft das Verfahren vor dem Arbeitsgericht ab
2.1. Wie Sie Klage erheben
Sie schicken eine Klageschrift auf dem Postweg oder per Telefax
Sie können die Klageschrift selbst verfassen – notfalls auch handschriftlich – und als einfachen Brief oder per Telefax an das zuständige Arbeitsgericht senden. Aus diesem Schreiben muss mindestens hervorgehen:
-
Wer ist der Kläger? (d.h. Ihr Vor- und Zuname und Ihre Anschrift als klagende Partei; bei Minderjährigen auch deren gesetzlicher Vertreter).
-
Gegen wen klagen Sie? (d.h. Name, Unternehmensform und Anschrift der beklagten Partei, in der Regel Ihr Arbeitgeber). Recherchieren Sie sorgfältig, denn klagen Sie gegen den
falschen
Arbeitgeber, indem Sie ihn nicht eindeutig oder falsch bezeichnen (z.B. sind im Handelsregister zwei namensgleiche Firmen registriert: eine als GmbH, eine als KG), riskieren Sie, dass Ihre Klage abgewiesen wird (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.6.2002, 7 Sa 167/02 ). Das ist besonders wichtig bei fristgebundenen Klagen (z.B. Kündigungsschutzklage; § 4 KSchG). -
Warum erheben Sie Klage? Hier muss erkennbar sein, was Sie als Kläger wollen (z.B. klagen Sie Urlaub ein oder wehren sich gegen eine Kündigung). Kopien der zur Begründung notwendigen Unterlagen (z.B. Arbeitsvertrag, Kündigung, Schwerbehindertenausweis) müssen Sie an sich zunächst nicht beifügen, sie erleichtern jedoch die Vorbereitung für das Gericht. Senden Sie keine Originale!
Bei fristgebundenen Klagen (z.B. einer Kündigungsschutzklage) sollten Sie eine Kopie des Kündigungsschreibens beilegen. Selbst wenn Sie die beklagte Partei nicht richtig bezeichnet haben, kann mithilfe des Kündigungsschreibens die richtige
Partei bestimmt werden (§ 140 BGB).
-
Schließlich müssen Sie oder die von Ihnen bevollmächtigte Person die Klageschrift unterschreiben.
Orientierung bietet Ihnen dabei unser Beitrag
Arbeitsgerichtsverfahren: Formulierungshilfen für Ihre Klageschrift
.
Sie wenden sich an die Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht
Wenn Sie sich nicht zutrauen, eine Klage selbst zu formulieren, helfen Ihnen kostenlos die Rechtspfleger in den bei allen Arbeitsgerichten eingerichteten Rechtsantragsstellen. Diese dürfen allerdings keine Rechtsberatung betreiben – dies ist den Rechtsanwälten und den Gewerkschaftssekretären vorbehalten. Sie werden Sie jedoch auf Bedenken aufmerksam machen und müssen in jedem Fall auf sachdienliche Angaben und Anträge hinwirken. Erkundigen Sie sich nach den Öffnungszeiten, damit Sie nicht umsonst vorsprechen.
Sonderfall: Das Mahnverfahren
Wegen einer Geldforderung können Sie beim Arbeitsgericht auch den Erlass eines Mahnbescheides beantragen. Wird dagegen kein Widerspruch eingelegt, erlässt das Arbeitsgericht auf Ihren Antrag einen Vollstreckungsbescheid, mit dem Sie den Gerichtsvollzieher losschicken
Diesen Weg sollten Sie nur wählen, wenn Sie sicher damit rechnen, dass Ihr Schuldner gegen den Mahn- bzw. Vollstreckungsbescheid keine Rechtsmittel einlegt. Andernfalls ist das normale Klageverfahren wegen des in aller Regel zügig anberaumten Gütetermins effektiver.
Welche Unterlagen benötigen Sie zur Vorbereitung einer Klage?
Sie wehren sich gegen eine Kündigung
Egal, ob Sie für einen Kündigungsrechtsstreit einen Rechtsanwalt oder die Rechtsantragsstelle eines Arbeitsgerichts aufsuchen, die notwendigen Unterlagen sollten Sie parat haben:
-
der oder die Arbeitsverträge, aus denen sich Ihr Arbeitgeber, die Gesamtdauer des Beschäftigungsverhältnisses sowie Informationen über anwendbare Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ergeben, insbesondere, soweit sie den Kündigungsschutz betreffen;
-
das oder die Kündigungsschreiben, aus denen hervorgeht, wer zu welchem Zeitpunkt und gegebenenfalls warum gekündigt hat;
-
Angaben über die Anzahl der im Betrieb Voll- bzw. Teilzeitbeschäftigten. Klären Sie insbesondere vorab, ob der sogenannte
Schwellenwert
von mehr als zehn Arbeitnehmern erreicht wird, damit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet; -
die dem Kündigungsschreiben beigefügte Stellungnahme des Betriebsrats, wenn dieser der Kündigung widersprochen hat (§ 102 Abs. 4 BetrVG);
-
für den Fall, dass Sie besonderen Kündigungsschutz nachweisen müssen, benötigen Sie Ihren Schwerbehindertenausweis, aus dem sich ein Grad der Behinderung von mindestens 50 bzw. die Gleichstellung ergibt; als schwangere Arbeitnehmerin oder Mutter nach der Geburt den Mutterschutzpass bzw. die Geburtsurkunde Ihres Kindes sowie als Arbeitnehmer in Elternzeit die entsprechende Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber;
-
die Lohnabrechnungen der letzten drei Monate zur Feststellung des
Streitwerts
, aus dem sich Anwaltsgebühren und Gerichtskosten errechnen; -
falls Sie nicht selbst den Anwalt oder die Rechtsantragsstelle aufsuchen können, eine Vollmacht für Ihren Vertreter.
Sie klagen auf Entgeltzahlung
In diesem Fall sollten Sie folgende Unterlagen bereithalten:
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der oder die Arbeitsverträge, aus denen sich der Arbeitgeber, die Gehaltsvereinbarungen sowie Informationen über anwendbare Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen ergeben, insbesondere die Regelungen, die den streitigen Entgeltanspruch betreffen; die beanstandeten und früheren Lohnabrechnungen sowie gegebenenfalls die darüber geführte bisherige Korrespondenz mit Ihrem Arbeitgeber;
-
falls Sie auf Urlaubsabgeltung klagen, die Unterlagen über genommenen/abgelehnten Urlaub (Urlaubsbescheinigung);
-
falls Sie nicht selbst den Anwalt oder die Rechtsantragsstelle aufsuchen können, eine Vollmacht für Ihren Bevollmächtigten.
2.2. Der Gütetermin: Zügig und bündig
Zum Gütetermin werden Sie schnell geladen
Ist Ihre Klage bei Gericht eingegangen, erhält sie einen Eingangsstempel
mit dem Eingangsdatum und von der nach der Geschäftsverteilung des jeweiligen Gerichts zuständigen Kammer ein Aktenzeichen, das Sie bei der Korrespondenz mit dem Gericht stets angeben müssen. Der Vorsitzende bestimmt dann einen Termin zum Zwecke der gütlichen Einigung der Parteien vor dem Vorsitzenden (sogenannte Güteverhandlung
; § 54 Abs. 1 ArbGG). In der Regel können Sie mit einem solchen Termin innerhalb von vier bis acht Wochen rechnen. Die Ladung zu diesem Termin erhalten Sie und der Arbeitgeber zusammen mit der Klage per Postzustellungsurkunde.
Wenn Sie am Gütetermin verhindert sind
Können Sie aus einem wichtigen Grund den Gütetermin nicht wahrnehmen (z.B. Krankheit, Kur, Urlaub), sollten Sie die Verlegung des Termins am besten schriftlich beantragen.
Absender |
Ort/Datum |
An das Arbeitsgericht (...)
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Verlegungsantrag |
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In dem Rechtsstreit |
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des/-r (hier: Ihr Vor- und Zuname und Ihre vollständige Anschrift; bei Minderjährigen zusätzlich Name und Anschrift des gesetzlichen Vertreters), Kläger/-in, |
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gegen |
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den/die (hier: vollständige Bezeichnung des Arbeitgebers mit vollständiger Anschrift), Beklagte/-r, |
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Aktenzeichen (...) |
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beantrage ich, den auf (hier: Datum mit Termin wiedergeben, z.B. Mittwoch, den 8.10.2008 um 10:15 Uhr) anberaumten Güte-/Kammertermin1 zu verlegen. |
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Ich kann aus wichtigem Grund nicht zum genannten Termin erscheinen: (hier: Begründung ergänzen; z.B.: Ich befinde mich in dieser Woche auf einer schon lange geplanten und nicht mehr verschiebbaren Urlaubsreise ins Ausland). Ich möchte den Termin jedoch selbst wahrnehmen und keinen Vertreter schicken. |
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(Ihre Unterschrift) |
Der Vorsitzende kann verlangen, dass Sie den Verhinderungsgrund glaubhaft machen, das heißt, entsprechende Unterlage vorlegen (z.B. ärztliches Attest, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Einweisung ins Krankenhaus, Reisebestätigung). Legen Sie Ihrem Antrag Kopien dieser Dokumente gleich bei.
Wird der Termin nicht verlegt, können Sie eine vertretungsberechtigte Person zum Termin schicken. Erteilen Sie Ihrem Vertreter vorsorglich eine schriftliche Prozessvollmacht, falls der Gegner seine Berechtigung zur Vertretung bestreitet. Hat das Gericht für den Gütetermin Ihr persönliches Erscheinen angeordnet, muss die Vollmacht auch zu einem Vergleichsabschluss ermächtigen (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Außerdem muss Ihr Vertreter den Sachverhalt aufklären können. Sie müssen ihn also vorab gut informieren.
So bereiten Sie sich auf den Gütetermin vor
Bringen Sie zum Termin vor dem Arbeitsgericht die Unterlagen mit, mit denen Sie Ihre Ansprüche belegen können. Zeugen werden zum Gütetermin nicht geladen. Der Richter kann jedoch einen präsenten Zeugen anhören und dadurch eine gütliche Einigung fördern. Meist wird dazu aber die Zeit nicht ausreichen. Für eine Güteverhandlung wird in der Regel nicht länger als 20 Minuten anberaumt.
Überlegen Sie bereits vor dem Gütetermin, wie weit Sie Ihrem Arbeitgeber im Rahmen eines Vergleichs entgegenkommen wollen. Ihre Entscheidung wird unter anderem davon abhängen, wie das Gericht das Prozessrisiko einschätzt und wie sehr Sie der Prozess finanziell und psychisch belastet. Spielen Sie deshalb schon im Vorfeld verschiedene Varianten durch.
Bestehen Sie in jedem Fall auf dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses oder kommt für Sie auch eine Abfindungslösung in Betracht? Sind Sie beim Streit über die Höhe einer Jahressonderzahlung bereit, auf einen Teil zu verzichten? Sind Sie bereit, einen Teil des dem Arbeitgeber durch einen Unfall entstandenen Schadens zu ersetzen?
Was erwartet Sie im Gütetermin?
In der Güteverhandlung wird der Vorsitzende mit Ihnen und Ihrem Arbeitgeber die Umstände des Rechtsstreits erörtern und die Lage für eine gütliche Einigung sondieren (§ 54 Abs. 1 ZPO). Das Gericht wird bei Unklarheiten zunächst erfragen, was Sie mit der Klage bezwecken.
Wollen Sie die Vergütung von Überstunden oder die Bezahlung von nicht genommenem Freizeitausgleich?
Es wird dazu Stellung nehmen, ob die Klage unter rechtlichen Gesichtspunkten erfolgreich sein kann oder sie von vornherein aussichtslos ist.
Sie fordern die Abgeltung Ihres Vorjahresurlaubs: Ein bis zum Jahresende nicht genommener Urlaub verfällt grundsätzlich und kann deshalb auch nicht abgegolten werden.
Das Gericht wird darauf hinweisen, wenn die vorgetragenen Tatsachen nicht ausreichen, um Ihren Anspruch zu begründen.
Sie klagen gegen eine krankheitsbedingte Kündigung Ihres Arbeitgebers. Wenn dieser anhand der Dauer und Häufigkeit der bisherigen erheblichen Fehlzeiten davon ausgehen darf, dass Sie auch weiterhin in ähnlichem Umfang ausfallen werden, müssen Sie diese
negative Prognosewiderlegen. Dazu müssen Sie im Einzelnen darlegen, welche Fehlzeiten sich nicht wiederholen werden, entweder weil die zugrunde liegende Erkrankung schon vor Zugang der Kündigung ausgeheilt war oder weil es sich um eine sich nicht wiederholende Krankheit (z.B. einen Unfall) handelte.
Es wird Ihnen schließlich bei der Formulierung der (weiteren) Anträge helfen, die Sie stellen müssen, um das von Ihnen gewünschte Ziel zu erreichen.
Sie wollen erreichen, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Abfindung gemäß Sozialplan in Höhe von 15.000,00 € bezahlt. Der Richter wird Sie darauf hinweisen, dass Sie hier nicht auf
Feststellung einer Zahlungsverpflichtung, sondern konkret aufLeistungklagen müssen (d.h., Sie beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, an Sie 15.000,00 € zu bezahlen). Nur ein solcher Leistungstitel ist später vollstreckbar.
Dagegen darf der Richter Sie nicht rechtlich beraten. Dadurch würde er seine Neutralitätspflicht verletzen. Die Gegenseite könnte ihn wegen der Besorgnis der Befangenheit ablehnen.
Sie klagen Ihr Urlaubsentgelt ein. Der Richter fragt Sie, ob Sie wissen, dass Ihnen nach dem einschlägigen Tarifvertrag zusätzlich noch 50 % Urlaubsgeld zustehen.
Die Grenzen sind hier fließend und hängen entscheidend von der Persönlichkeit des Richters ab. Deshalb brauchen Sie auch keine Scheu zu haben, Fragen an den Richter zu stellen. Er wird sie beantworten, wenn er dies für vertretbar hält, oder die Beantwortung mit Hinweis auf seine Neutralitätspflicht ablehnen.
Wie endet der Gütetermin?
Ziel des Gütetermins ist es, den Rechtsstreit durch einen Vergleich beizulegen. Dieser Vergleich kann endgültig sein oder mit einem Widerrufsvorbehalt für beide oder auch nur für eine Partei versehen werden (z.B. formuliert das Gericht: Beiden Parteien bleibt vorbehalten, diesen Vergleich durch Schreiben an das Arbeitsgericht (Ort), welches spätestens am (Datum) eingegangen sein muss, zu widerrufen.
). Wird der Vergleich nicht widerrufen, beendet er den Rechtsstreit wie ein von vornherein endgültiger Vergleich. Wird dadurch der gesamte Rechtsstreit erledigt, entfallen die Gerichtsgebühren.
Ist die Güteverhandlung erfolglos, kommt es also nicht zum Abschluss eines Vergleichs, kann sie in einem weiteren Termin fortgesetzt werden. Dazu müssen die Parteien zustimmen (§ 54 Abs. 1 Satz 5 ArbGG). Andernfalls schließt sich die weitere Verhandlung unmittelbar an (§ 54 Abs. 4 ArbGG). Ist die Sache entscheidungsreif und ehrenamtliche Richter präsent, kann der Rechtsstreit noch in diesem Termin entschieden werden. Der Vorsitzende kann den Rechtsstreit auch allein entscheiden, wenn die Parteien dies übereinstimmend beantragen (§ 55 Abs. 3 ArbGG).
Normalerweise aber bestimmt der Vorsitzende einen Termin zur
streitigen
Verhandlung vor der Kammer. Der Termin wird Ihnen entweder bereits im Gütetermin mitgeteilt und im Protokoll über die Güteverhandlung vermerkt (§ 54 Abs. 3 ArbGG), oder es wird Ihnen und Ihrem Arbeitgeber eine Terminladung später zugestellt. So wird auch verfahren, wenn ein Widerrufsvergleich rechtzeitig und in der im Vergleich vorgesehenen Form widerrufen wird und der Vorsitzende nicht einen zweiten Gütetermin anberaumt.
Was passiert, wenn eine Partei zum Gütetermin nicht erscheint?
Sie haben den Termin verschwitzt
Wenn Sie oder Ihr Vertreter unentschuldigt nicht zum Gütetermin erscheinen, erlässt das Arbeitsgericht, wenn Sie ordnungsgemäß geladen waren, in der Regel auf Antrag des Gegners ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil.
Ihr Prozessgegner erscheint nicht
Erscheint Ihr Arbeitgeber unentschuldigt nicht zum Gütetermin, erlässt das Gericht auf Ihren Antrag ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil, wenn
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der Arbeitgeber ordnungsgemäß geladen war,
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die 1-wöchige Einlassungsfrist für den Arbeitgeber zwischen Zustellung der Klage und dem Termin eingehalten wurde (§ 47 Abs. 1 ArbGG) und
-
Ihre Klage schlüssig ist. Das ist dann der Fall, wenn der Vortrag in der Klageschrift den Anspruch rechtfertigt. Ob Ihr Vortrag bewiesen werden kann, wird dabei nicht geprüft.
Aus dem Versäumnisurteil können Sie die Zwangsvollstreckung betreiben, es ist vorläufig vollstreckbar
. Bedenken Sie jedoch, dass Sie einen vollstreckten Geldbetrag samt Kosten zurückerstatten müssen, wenn das Versäumnisurteil nach einem Einspruch des Arbeitgebers aufgehoben wird. Droht Ihrem Arbeitgeber die Insolvenz, ist eine vorläufige Vollstreckung aber in jedem Fall ratsam, um Ihre Ansprüche zu sichern.
Ist Ihre Klage nicht schlüssig, wird der Richter normalerweise dennoch kein klagabweisendes Versäumnisurteil in der Güteverhandlung erlassen, sondern Ihnen Gelegenheit geben, die Klage weiter zu begründen. Er wird im Zweifel also einen weiteren Gütetermin bestimmen.
Wie wehren Sie sich gegen das Versäumnisurteil?
Das steht in der Rechtsmittelbelehrung am Ende des Versäumnisurteils: Die Partei, gegen die das Versäumnisurteil ergangen ist, kann binnen einer Woche nach Zustellung schriftlich Einspruch einlegen (§ 59 ArbGG); auch die Rechtsantragsstelle beim Arbeitsgericht nimmt Ihren Einspruch entgegen. Im Einspruch müssen alle Einwände gegen die Klage vorgetragen werden (z.B. die Zulässigkeit der Klage wird gerügt, der Anspruch wird inhaltlich infrage gestellt). Später vorgebrachten Sachvortrag muss das Arbeitsgericht unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr beachten.
Dem Einspruch folgt ein neuer Gerichtstermin, der beiden Parteien zugestellt wird. Diesen Termin sollten Sie als säumige Partei auf keinen Fall mehr verpassen: Denn gegen ein
zweites Versäumnisurteil
, mit dem
der Einspruch dann verworfen wird, gibt es keinen weiteren Einspruch mehr (§ 345 ZPO). Selbst wenn nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften eine Berufung zulässig ist, können Sie diese nur noch damit begründen, dass Sie den Termin unverschuldet versäumt haben (§ 64 Abs. 2d ArbGG).
Was passiert, wenn keine Partei zum Gütetermin erscheint?
Erscheinen weder Sie noch Ihr Arbeitgeber zum Gütetermin, ordnet das Gericht das Ruhen des Verfahrens an. Eine Partei muss dann innerhalb von sechs Monaten die Bestimmung eines Termins zur streitigen Verhandlung beantragen (§ 54 Abs. 5 ArbGG). Von Amts wegen wird das Verfahren nicht weiterbetrieben. Wird kein Antrag gestellt, gilt die Klage nach Ablauf von sechs Monaten als zurückgenommen. Bei fristgebundenen Klagen bedeutet das, dass beispielsweise die Kündigung oder die Befristung als von Anfang an rechtswirksam gelten. Eine Wiedereinsetzung ist nicht möglich.
2.3. Der Kammertermin: Jetzt geht es ins Detail
Wie bereiten Sie sich auf den Kammertermin vor?
Ist der Gütetermin gescheitert oder ein Vergleich widerrufen worden, sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, ob Sie den Prozess weiterführen wollen. Hat der Vorsitzende beispielsweise schon durchblicken lassen, dass Ihre Klage kaum Aussicht auf Erfolg hat, sollten Sie eine Klagerücknahme in Betracht ziehen. Bis im Verfahren die Anträge gestellt sind, ist das ohne Einwilligung der Gegenseite möglich (§ 54 Abs. 2 ArbGG). Sie sparen sich dann die Gerichtsgebühren.
Spätestens jetzt sollten Sie sich auch entscheiden, ob Sie den Prozess weiter alleine führen wollen, oder ob Sie besser einen Anwalt beauftragen. Das sollten Sie tun, wenn Sie sich mit der Prozessführung überfordert fühlen.
Zur Vorbereitung des Kammertermins kann der Vorsitzende Auflagen erteilen (z.B. kann er von Ihnen und Ihrem Prozessgegner verlangen, dass Sie den bisherigen Vortrag ergänzen, Beweismittel benennen oder Urkunden vorlegen) und dafür eine Frist setzen (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Diese Auflagen müssen Sie pünktlich erfüllen. Das Gericht kann Ihren Vortrag sonst unter bestimmten Umständen unbeachtet lassen. Können Sie die gesetzte Frist nicht einhalten, beantragen Sie Fristverlängerung.
Absender |
Ort/Datum |
An das Arbeitsgericht (...)
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Antrag auf Fristverlängerung |
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In dem Rechtsstreit |
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des/-r (hier: Ihr Vor- und Zuname und Ihre vollständige Anschrift; bei Minderjährigen zusätzlich Name und Anschrift des gesetzlichen Vertreters), Kläger/-in, |
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gegen |
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den/die (hier: vollständige Bezeichnung des Arbeitgebers mit vollständiger Anschrift), Beklagte/-r, |
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Aktenzeichen (...) |
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beantrage ich, die im Beschluss vom (hier: Datum des Auflagenbeschlusses) gesetzte Frist bis zum (hier: die von Ihnen gewünschte Frist einsetzen) zu verlängern. Mir ist es nicht möglich, die vorzulegenden Unterlagen vor dem (Datum) zu beschaffen. Eine Verzögerung des Rechtsstreits tritt dadurch nicht ein. |
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(Ihre Unterschrift) |
Sind Sie am anberaumten Termin aus einem wichtigen Grund verhindert, können Sie die Verlegung des Kammertermins beantragen oder sich vertreten lassen.
Was erwartet Sie im Kammertermin?
Praxisbezug durch ehrenamtliche Richter
In allen drei Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit wirken an den streitigen Urteilen ehrenamtliche Richter und Richterinnen mit. Im Kammertermin sitzen neben dem vorsitzenden Berufsrichter, der die Verhandlung leitet, je ein ehrenamtlicher Richter aus den Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberkreisen. Sie gewährleisten, dass in die Urteile der für das Arbeitsrecht wichtige Praxisbezug einfließt. Ihre Stimme hat dasselbe Gewicht wie die des Berufsrichters und sie sind ebenfalls zu Unabhängigkeit und Neutralität verpflichtet. Im Verfahren können sie Fragen an die Parteien, Zeugen und Sachverständigen stellen.
Auch im Kammertermin ist die gütliche Einigung das Ziel
Denn die gütliche Erledigung des Rechtsstreits soll während des ganzen Verfahrens angestrebt werden (§ 57 Abs. 2 ArbGG). Auf einen Vergleich wird das Gericht deshalb auch im Kammertermin hinwirken, er ist auch über einen Teil des Rechtsstreits möglich. Die Kammer erörtert deshalb mit Ihnen und Ihrem Arbeitgeber das Streitverhältnis erneut in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Beachten Sie: Die Gerichtsgebühren entfallen allerdings nur, wenn der Vergleich den gesamten Rechtsstreit erledigt.
Erscheinen Sie oder Ihr Klagegegner nicht zum Kammertermin und sind Sie auch nicht vertreten, gelten dieselben Grundsätze wie im Gütetermin.
Im Streitfall geht es in die Beweisaufnahme
Können Sie sich nicht einigen und ist ein entscheidungserheblicher Punkt streitig geblieben, wird das Gericht in die Beweisaufnahme eintreten, wenn die beweispflichtige Partei Beweismittel benannt hat. Sind die Beweismittel nicht präsent (z.B. wurden die Zeugen nicht schon vorsorglich geladen), kann die Kammer hierfür auch einen Termin zur weiteren Verhandlung bestimmen. Als Beweismittel sind ausschließlich zugelassen
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die Zeugenaussage;
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das schriftliche Gutachten und die Aussage eines Sachverständigen;
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der Augenschein: Das Gericht lässt sich das Werkzeug zeigen, durch das Sie an Ihrem Arbeitsplatz von einem Kollegen verletzt wurden;
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der Urkundenbeweis: Der Arbeitgeber legt eine Quittung vor, aus der hervorgeht, dass Sie einen Vorschuss über 500,00 € erhalten haben;
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die Parteivernehmung: Das Gericht hört Sie – als Kläger sind Sie Partei – zum Inhalt des Gesprächs an, das Sie mit dem Personalleiter über eine Gehaltserhöhung geführt haben. Eine Beeidigung ist möglich.
Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nun darüber zu entscheiden, was es für wahr oder für unwahr hält (§ 286 ZPO).
Sie können die Klage aus Kostengründen jederzeit zurücknehmen
Stellt sich im Lauf des Kammertermins heraus, dass Ihre Klage keine Aussicht auf Erfolg hat, können Sie sie zurücknehmen. Bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache (d.h. in der Regel bis zur Verlesung des Abweisungsantrags; § 269 Abs. 1 ZPO) geht das ohne Einwilligung der Gegenpartei. Sie sparen in diesem Fall die Gerichtsgebühr.
Eine Klagerücknahme ist auch noch möglich, wenn laut Protokoll die Anträge schon gestellt sind, selbst nach einer Beweisaufnahme. Ihr Arbeitgeber wird mit der Klagerücknahme normalerweise einverstanden sein und einwilligen, denn im Urteilsverfahren vor dem Arbeitsgericht besteht kein Anspruch auf Kostenerstattung. In diesem Fall sparen Sie immer noch 80 % der Gerichtsgebühren. Bei einer teilweisen Klagerücknahme gibt es keine Kostenprivilegierung.
Am Ende entscheidet die Kammer den Streit durch Urteil
Kommt es bis zum Schluss des Kammertermins weder zu einem Vergleich noch zu einer Klagerücknahme, entscheidet die Kammer durch Urteil, das in der mündlichen Verhandlung oder in einem eigens hierfür anberaumten Verkündungstermin verkündet wird.
Ein Verkündungstermin wird auch bestimmt, wenn ein im Kammertermin abgeschlossener Vergleich wirksam widerrufen wird und das Gericht nicht die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anordnet. Mit der Verkündung des Urteils ist das Verfahren vor dem Arbeitsgericht abgeschlossen. Legt keine Seite Berufung ein, ist der Rechtsstreit beendet.
Ausnahmsweise kann das Gericht auch nur über einen Teil des Rechtsstreits durch Teilurteil entscheiden (§ 301 ZPO). Dann ist nur dieser Teil erledigt, der Ausgang über den Rest noch offen (Vergleich, Rücknahme, Endurteil).
Auch wenn gegen das Urteil ein Rechtsmittel eingelegt wird, können Sie daraus die Zwangsvollstreckung betreiben, denn arbeitsgerichtliche Urteile sind vorläufig vollstreckbar
(§ 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Wie beim Versäumnisurteil gilt aber auch hier, dass Sie den erhaltenen Betrag nebst Vollstreckungskosten zurückerstatten müssen, wenn das Urteil in der Berufung abgeändert wird.
2.4. Die Rechtsmittel im Urteilsverfahren: Ein Überblick
Mit Ausnahme eines Versäumnisurteils können Sie gegen Urteile des Arbeitsgerichts innerhalb eines Monats nach Zustellung Berufung beim Landesarbeitsgericht einlegen,
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wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 € übersteigt; diesen Wert setzt das Gericht im Urteil fest (§ 61 Abs. 2 ArbGG), oder
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wenn es sich um eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses handelt, oder
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wenn das Arbeitsgericht die Berufung zugelassen hat.
Lesen Sie hierzu sorgfältig die Rechtsmittelbelehrung am Ende des Urteils.
Beachten Sie: Vor dem Landesarbeitsgericht besteht Vertretungszwang! Das heißt, Sie müssen sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Gewerkschaftssekretär vertreten lassen (§ 11 Abs. 2 ArbGG). Wollen Sie Berufung einlegen, denken Sie also rechtzeitig daran, einen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen.
Bedenken Sie auch das Prozesskostenrisiko: Wird Ihre Berufung zurückgewiesen, müssen Sie die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des gegnerischen Anwalts bezahlen.
Landesarbeitsgerichtliche Urteile können nur mit der Revision zum Bundesarbeitsgericht angegriffen werden, wenn das Landesarbeitsgericht diese im Urteil zugelassen hat oder wenn das Bundesarbeitsgericht die Revision ausnahmsweise nach einer Nichtzulassungsbeschwerde angenommen hat. Weitere Einzelheiten erläutert Ihnen hierzu Ihr Prozessbevollmächtigter.
III. Was kostet Sie ein Arbeitsgerichtsverfahren?
Grundsatz: Die Kosten sollen niedrig gehalten werden
Das Arbeitsgerichtsverfahren enthält einige Kostenprivilegien. Diese sollen es insbesondere den Arbeitnehmern erleichtern, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Einen Kostenvorschuss müssen Sie nicht entrichten, wenn Sie Klage erheben.
Gerichtsgebühren fallen nicht an, wenn Sie Ihre Klage im Gütetermin oder im Kammertermin vor Antragstellung vollständig zurücknehmen . Die Gerichtsauslagen müssen Sie in diesem Fall aber dennoch begleichen. Dasselbe gilt, wenn das Verfahren durch Vergleich beendet wird. Die Gerichtsauslagen werden hier in der Regel geteilt.
Jede Partei hat im Urteilsverfahren der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht ihre Anwaltskosten selbst zu tragen (§ 12a Abs. 1 ArbGG), außer Sie erhalten staatliche Prozesskostenhilfe. Auch wenn Sie im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gewinnen, haben Sie keinen Anspruch auf Erstattung Ihrer Anwaltskosten, allerdings müssen Sie auch nicht die Anwaltskosten Ihres Prozessgegners bezahlen, falls Sie verlieren.
In allen Instanzen sind die Gebühren niedriger als in der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Maßgebend ist der Streitwert
Die Höhe der Gerichts- und Anwaltsgebühren berechnet sich aus dem Streitwert.
Bei einer Geldforderung deckt sich dieser mit dem eingeklagten Betrag, Zinsen werden jedoch nicht berücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG).
Bei wiederkehrenden Leistungen (z.B. Betriebsrente) wird höchstens der Wert des 3-jährigen Bezugs angesetzt (§ 42 Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 GKG).
Bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses oder bei Kündigungen beträgt der Streitwert höchstens einen Vierteljahresbezug (§ 42 Abs. 4 GKG).
Der Streit um ein Zeugnis wird meistens mit einem Monatsgehalt bewertet (BAG, Urteil vom 20.2.2001, 9 AZR 44/00, NZA 2001 S. 843).
Bei Eingruppierungsstreitigkeiten wird höchstens der 3-jährige Unterschiedsbetrag zur begehrten Vergütung angesetzt (§ 42 Abs. 2, Abs. 5 Satz 1 GKG).
Mit welchen Gerichtskosten müssen Sie rechnen?
Die Gerichtskosten setzen sich zusammen aus
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Gerichtsgebühren: Die Gerichtsgebühren sind gestaffelt nach dem Streitwert. Die Höhe richtet sich außerdem nach der Art und Weise, wie das Verfahren erledigt wird.
Ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht einschließlich Urteil kostet bei einem Streitwert bis 300,00 € 50,00 €; bei einem Streitwert bis 9.000,00 € sind 362,00 € fällig (vgl. Anlagen 1 und 2 zu § 3 Abs. 2 Nr. 34 GKG). Beim Landesarbeitsgericht kosten diese Verfahren 80,00 € bzw. 579,20 €, beim Bundesgerichtshof 100,00 € bzw. 724,00 €.
Keine Gerichtsgebühr wird erhoben, wenn die Parteien einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich schließen (und dies dem Gericht mitteilen) oder wenn Sie Ihre Klage zurücknehmen, ehe die Anträge gestellt werden. Zudem wird Sie das Gericht darauf hinweisen, dass sich die Gebühr in bestimmten Fällen verringert (z.B. wird die Klage nach streitiger Verhandlung mit Zustimmung des Gegners zurückgenommen oder verzichtet die unterliegende Partei auf Rechtsmittel gegen das Urteil).
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Auslagen des Gerichts: Dies sind beispielsweise die Kosten für die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen sowie für die Zustellungen. Dolmetscher- und Übersetzerkosten fallen in der Regel nicht an (§ 12 Abs. 5a ArbGG).
Mit welchen Anwaltskosten müssen Sie rechnen?
Ein Rechtsanwalt kann je nach Umfang seiner Tätigkeit eine Verfahrensgebühr (d.h. für das Fertigen aller Schriftsätze, insbesondere der Klageschrift), eine Terminsgebühr (d.h. für die Wahrnehmung aller Gerichtstermine einschließlich möglicher Beweisaufnahmen) und eine Einigungsgebühr (d.h. für das Mitwirken an einem Vergleich zur Erledigung des Rechtsstreits) verlangen. Die Höhe der Gebühren sowie weitere Einzelheiten können Sie im Beitrag zum Zivilprozess nachlesen.
Außerdem stehen dem Rechtsanwalt folgende Auslagen zu: Kopierkosten (höchstens 0,50 €/Seite) oder eine Pauschale von 2,50 € je Datei, wenn Ihnen anstelle der Kopien elektronisch gespeicherte Dateien überlassen werden, die Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (in der Regel pauschal 20,00 €) und gegebenenfalls Reisekosten.
Wer trägt die Verfahrenskosten?
Wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, ergibt sich normalerweise aus dem Urteil oder Vergleich. Nach dem Gesetz ist es die unterliegende Partei; bei teilweisem Obsiegen bzw. Verlieren werden die Kosten anteilig verteilt (§ 91, § 92 ZPO).
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Das Muster können Sie auch für die Verlegung eines Kammertermins verwenden.