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Kein Arbeitsunfall bei Hilfe auf einer Baustelle eines Familienangehörigen

Wohnungseigentum & Grundbesitz 17. Juni 2022
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Zerbor / stock.adobe.com

Verletzt sich jemand, der einem nahen Familienangehörigen auf dessen Baustelle hilft, steht er in der Regel nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. In solchen Fällen liegt in der Regel kein Arbeitsunfall vor.

Ein Mann half seinem Bruder beim Gerüstabbau auf dessen Wohngrundstück. Dabei zog er sich eine schwere Fußverletzung zu.

Die Unfallkasse Thüringen sprang nicht ein. Sie verneinte das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Folge: Der Mann hatte keinen gesetzlichen Unfallschutz. Daraufhin klagte er.

Das Landessozialgericht Thüringen bestätigte die Rechtsauffassung der Unfallkasse: Enge Familienangehörige fallen bei der Hilfeleistung auf einer Baustelle grundsätzlich nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Ausnahme: Arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten außerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses als sogenannte »Wie-Beschäftigung« können unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen.

In diesem Fall sind die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Verletzte hat zwar für seinen Bruder eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert mit dessen Willen arbeitnehmerähnlich verrichtet. Aber die Hilfe auf der Baustelle war in erster Linie geprägt von der familiären Sonderbeziehung zum Bauherrn.

Eine solche Sonderbeziehung liegt insbesondere dann vor, wenn die Tätigkeit in Erfüllung gesellschaftlicher Verpflichtungen ausgeübt wird (z.B. bei familiärer oder freundschaftlicher Verbindung).

Abzustellen ist dabei, ob die Tätigkeit als übliche Hilfestellung unter engen Verwandten bzw. Freunden zu bewerten ist. Konkret ist zu prüfen, ob die Motivation des Verletzten zur Hilfe beim Gerüstabbau entscheidend durch das nahe Verwandtschaftsverhältnis geprägt war.

Kriterien sind dabei etwa, ob ein intaktes Verwandtschaftsverhältnis besteht, das auch eine Bereitschaft einschließt, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Abzustellen ist zudem auch auf das zeitliche Ausmaß der Unterstützung. Liegt diese in einem überschaubaren Umfang, spricht das für eine Hilfestellung im Verwandtenkreis.

Folge: In diesem Fall liegt keine »Wie-Beschäftigung« nach den Vorschriften des SGB vor.

LSG Thüringen, 16.9.2021, L 1 U 342/19

Unser Rechtstipp:

Helfen Verwandte oder Freunde Ihnen beim Haus- oder Umbau, sollten Sie als Bauherr alle Risiken abdecken, die auf einer privaten Baustelle auftreten können. Stellen Sie deshalb einen Antrag auf gesetzlichen Bauhelfer-Unfallversicherungsschutz. Als Bauherr sind Sie selbst und auch Ihre Ehe- bzw. Lebenspartner aber nicht gesetzlich versichert. Hier müssen Sie eine entsprechende private Bauhelfer-Unfallversicherung abschließen .