Zur Haftung eines Vereins für das Verhalten seiner Fans
Bei einem Auswärtsspiel und zwei Heimspielen im Jahr 2018 brannten Zuschauer im Fanblock des Drittliga-Vereins FC Carl Zeiss Jena e.V. Pyrotechnik ab oder warfen Gegenstände in Richtung Spielfeld. Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verhängte gegen den Verein aufgrund dieser Vorfälle sogenannte »Verbandsstrafen« in Höhe von € 24.900,–.
Der FC Carl Zeiss Jena ging dagegen rechtlich vor. Zunächst erfolglos innerhalb der Sportgerichtsbarkeit, danach zog der Verein vor die ordentlichen Gerichte. Hier gilt: Zivilgerichte dürfen zwar nicht den ganzen Schiedsspruch überprüfen, weil die Schiedsgerichtsbarkeit (hier: Sportgerichte) die ordentliche Gerichtsbarkeit grundsätzlich ausschließt. Aber die Richter können prüfen, ob elementare Grundsätze der Rechtsordnung verletzt werden.
Hier ging es um die Frage des sogenannten »Schuldprinzips«. Danach setzt jede Strafe ein Verschulden voraus. Konkret: Sind Verbandsstrafen rechtlich als Strafe oder als Präventionsmaßnahme zu werten?
Der Bundesgerichtshof stellte fest: Es handelt sich um eine Präventionsmaßnahme, nicht um eine Strafe. Denn die als »Geldstrafe« bezeichnete Maßnahme stellt keine strafähnliche Sanktion dar. Sie dient auch nicht der Ahndung vorangegangenen Fehlverhaltens des Fußballvereins (z.B. hielt der Verein Vorgaben des DFB zu Sicherheitsmaßnahmen nicht ein).
Vielmehr will der DFB mit den verhängten »Geldstrafen« den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sichern. Die Sanktion soll den Verein anhalten, zukünftig alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um mäßigend auf die eigenen Fans einzuwirken und so künftige Zuschauerausschreitungen zu verhindern (z.B. durch Information und Austausch mit den Fans).
Folge: Die »Verbandsstrafen« des DFB gegen Fußballvereine, deren Fans randalieren, sind zulässig.
BGH, Beschluss vom 4.11.2021, I ZB 54/20
Anmerkung der Redaktion:
Die Vereine können sich das Geld von den randalierenden Fans zurückholen (z.B. muss ein Fan, der im Stadion Pyrotechnik gezündet hatte, als Schadensersatz für seinen Anteil an der Strafe gegen den Verein als aufkommen, sofern er dazu wirtschaftlich in der Lage ist; BGH, Urteil vom 22.9.2016, VII ZR 14/16).