Fluggastrechte: Wer muss die Flugverspätung beweisen?
Fluggäste hatten einen Flug von Bremen nach Teneriffa gebucht. Wegen eines technischen Defekts verzögerte sich der Abflug um rund drei Stunden. Der genaue Zeitpunkt der Ankunft war allerdings umstritten.
Laut Flugplan sollte die Maschine auf der Ferieninsel um 15:25 Uhr landen. Die Passagiere behaupteten, die Landung sei erst um 18:35 Uhr erfolgt. Somit habe eine Flugverspätung von mehr als drei Stunden vorgelegen. Sie verlangten eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung von jeweils € 400,–. Allerdings konnten sie die genaue Verspätungszeit nicht nachweisen.
Die Fluggesellschaft widersprach: Die Verspätung habe unter drei Stunden gelegen. Sie legte dazu das Bordbuch vor. Danach habe das Flugzeug um 18:20 Uhr seine Parkposition erreicht, die Türen seien unmittelbar danach – als vor 18:25 Uhr – geöffnet worden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellte zunächst nochmals klar: Flugreisende haben Anspruch auf Ausgleichszahlung bei einer Flugverspätung, wenn erstens die Airline für die Unpünktlichkeit verantwortlich ist. Das ist hier der Fall: Die Fluggesellschaft hat für den technischen Defekt einzustehen.
Zweitens muss sich die Ankunft um mehr als drei Stunden verzögern. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt an, zu dem die Flugzeugtüren geöffnet wurden und das Aussteigen möglich war. Diesen Zeitpunkt muss der Fluggast beweisen.
Die Airline muss ihre Fluggäste zwar dabei unterstützen, Rückschlüsse auf den genauen Zeitpunkt der Ankunft ziehen zu können. Sie muss aber nicht im Bordbuch dokumentieren, wann exakt die erste Tür geöffnet und damit der Ausstieg aus der Maschine ermöglicht wurde. Das ist nicht zumutbar.
Die Vorlage des vollständigen Bordbuchs kann darüber hinaus nicht verlangt werden. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Erkenntnisse beim Streit um den Zeitpunkt des Öffnens der Türen die Fluggäste hätten daraus ziehen können.
Folge: Die Flugreisenden bekamen keine Ausgleichszahlung.
BGH, Urteil vom 9.9.2021, X ZR 94/20