Liegt ein Arbeitsunfall bei einer Kehrtwende auf dem Firmenparkplatz vor?
Eine Mitarbeiterin hatte auf dem Weg zur Arbeit ihr Kfz auf dem firmeneigenen Parkplatz abgestellt. Sie stieg aus dem Fahrzeug aus und ging Richtung Haupteingang. Nach ca. 2 m Wegstrecke kamen ihr Zweifel, ob sie das Auto tatsächlich abgeschlossen hatte. Sie wandte sich um, um die Tür zu prüfen. Dabei stolperte sie und verletzte sich beim Sturz.
Die gesetzliche Unfallversicherung wollte für den Schadensfall nicht aufkommen. Es liege kein versicherter Wegeunfall vor. Mit der Kehrtwende habe die Frau den direkten Weg zu ihrer Arbeitsstelle unterbrochen. Sie habe beim »Fahrzeugtüren-Check« aus nicht versicherten sogenannten »eigenwirtschaftlichen Gründen« gehandelt. Die Frau klagte gegen den Versicherungsausschluss.
Das Bayerische Landessozialgericht stellte sich auf die Seite der Arbeitnehmerin. Diese hat den Weg zur Arbeitsstätte nur geringfügig unterbrochen und somit den Versicherungsschutz nicht verloren.
Eine Unterbrechung gilt dann als geringfügig, »wenn sie auf einer Verrichtung beruht, die bei natürlicher Betrachtungsweise zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit anzusehen ist«. Die Richter werteten die zeitnahe Kehrtwende wenige Schritte vom Pkw als geringfügig. Der Richtungswechsel, um zu prüfen, ob die Fahrzeugtür abgeschlossen ist, ist ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung quasi im Vorbeigehen zu erledigen.
Folge: Die Berufsgenossenschaft muss deshalb den Vorfall als Wegeunfall anerkennen und haftet.
Bayerisches LSG, Urteil vom 10.2.2012, L 3 U 54/20