Unfallflucht – Delikt mit gravierenden Folgen
Wer die Feststellung von Angaben zur eigenen Person verhindert oder die Wartezeit nicht einhält, hat schnell den Straftatbestand der Fahrerflucht erfüllt. Unfallbeteiligter ist jeder, der möglicherweise durch sein Verhalten einen Teil zu dem Unfallgeschehen beigetragen hat.
Was ist zu beachten, wenn Sie der Unfallflucht bezichtigt werden und womit müssen Sie im schlimmsten Fall rechnen?
I. Ein Parkrempler ist kein Kavaliersdelikt
Unfallflucht bleibt Unfallflucht – egal aus welchem Grund. Ob Sie in Zeitnot sind oder sich einfach nur keinen Ärger einhandeln wollen – wenn Sie erwischt werden, müssen Sie harte Konsequenzen in Kauf nehmen. Es drohen Ihnen nicht nur eine hohe Geldstrafe, drei Punkte in Flensburg, ein Fahrverbot und sogar Führerscheinentzug, sondern auch Probleme mit der Versicherung.
So kann die Kaskoversicherung eine Leistung für Schäden an Ihrem Fahrzeug ablehnen, während die Haftpflichtversicherung Zahlungen an das Unfallopfer von Ihnen zurückfordern kann.
Selbst bei kleinen Sachschäden an Bäumen oder Leitplanken ist ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort eine Straftat. Besonders nach einem Parkrempler scheint das Unrechtsbewusstsein bei vielen Verkehrsteilnehmern jedoch nicht zu existieren.
II. Fahrerflucht – So schnell kann es passieren
2.1. Es kommt zu einem Unfall
Als Unfall gilt jedes plötzliche Ereignis im Straßenverkehr, das
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aus den hier typischerweise bestehenden Gefahren resultiert
Kein Unfall liegt zum Beispiel vor, wenn Sie beim Entladen eines Fahrzeugs ein anderes Fahrzeug beschädigen. Denn es besteht kein Zusammenhang mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs.
Aus dem gleichen Grund scheiden in der Regel abgeschlossene Parkplätze als Tatort aus. Anderes gilt für Parkplätze, die allgemein öffentlich zugänglich sind (z.B. Parkplätze von Kaufhäusern, selbst nach Geschäftsschluss).
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und einen nicht ganz belanglosen Sach- oder Personenschaden zur Folge hat.
Wann ein Sachschaden belanglos ist, beurteilen die Gerichte nicht einheitlich. Häufig gehen sie von einer Wertgrenze von 25,00 € aus, vereinzelt wird auch noch ein Schaden von unter 50,00 € als belanglos angesehen.
Bei einem Personenschaden ist der Schaden nur dann belanglos, wenn nicht einmal eine einfache Körperverletzung nach § 223, § 229 StGB erfüllt ist. Das kann dann der Fall sein, wenn lediglich die Kleidung verschmutzt wurde (manche schließen hieraus automatisch auf eine Körperverletzung).
Außerdem erfordert das Vorliegen einer Körperverletzung nicht unbedingt Wunden oder andere optisch sichtbare Auswirkungen. Unter Umständen kann auch eine psychische Beeinträchtigung ausreichen, um eine Körperverletzung anzunehmen (z.B. ein Schock oder Panikzustände).
Schmerzen sind für das Bejahen eines Personenschadens nicht unbedingt erforderlich. Umgekehrt kann schon das pflichtwidrige Unterlassen der Schmerzlinderung genügen, um eine Körperverletzung anzunehmen.
TippBei jeder unmittelbaren Einwirkung auf den Körper werden die Voraussetzungen einer (nicht belanglosen) Körperverletzung in der Regel erfüllt sein.
2.2. Sie sind Unfallbeteiligter
Das ist jeder, der mit seinem Verhalten möglicherweise zu dem Geschehen beigetragen hat. Es geht hier ausschließlich um die Möglichkeit der Verursachung des Unfalls.
Kein Unfallbeteiligter ist zum Beispiel ein Beifahrer, der sich absolut passiv verhalten hat. Greift er dem Fahrer in das Lenkrad, wird auch er zum Unfallbeteiligten.
Deshalb müssen alle potenziellen (Mit-)Verursacher an Ort und Stelle bleiben, bis alle Beteiligten die erforderlichen Angaben gegenüber dem Geschädigten oder in schwerwiegenderen Fällen der Polizei gemacht haben. Beachten Sie: Auch Fahrradfahrer und Fußgänger können sich der Unfallflucht strafbar machen.
2.3. Sie entfernen sich unerlaubt vom Unfallort
... ohne die notwendigen Angaben zu machen
Hier droht Strafe, wenn Sie sich vom Unfallort entfernen, bevor Sie die notwendigen Angaben gemacht haben. Vorausgesetzt, es ist überhaupt jemand da, der Ihre Angaben entgegennehmen kann (ein sogenannter
Feststellungsberechtigter
).
Feststellungsberechtigte sind zum Beispiel der Geschädigte, ein Zeuge oder die Polizei.
Andernfalls müssen Sie dafür sorgen, dass jemand kommt, der Ihre Angaben entgegennehmen kann (z.B. Sie rufen die Polizei), bzw. eine gewisse Zeit abwarten (s.u.).
Neben den Angaben zu Ihrer Person (d.h. Personalien, Fahrzeug, Kennzeichen, Art der Beteiligung) müssen Sie mitteilen, dass Sie an einem Unfall beteiligt sind, wo Sie und das Fahrzeug sich befinden und sich zumindest kurzfristig für etwaige Feststellungen und Sicherung von Unfallspuren zur Verfügung halten. Achtung: Ein Zettel unter dem Scheibenwischer genügt nicht!
... ohne am Unfallort lange genug zu warten
Ist niemand vor Ort, Ihre Angaben entgegenzunehmen, müssen Sie eine angemessene Wartefrist einhalten. Entscheidend sind immer die Umstände im Einzelfall, insbesondere:
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die Art und Schwere des Unfalls,
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Uhrzeit und Zeitpunkt, zu dem mit dem Eintreffen feststellungsbereiter Personen gerechnet werden kann,
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die Witterungsverhältnisse sowie
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die Verkehrsverhältnisse und das Verkehrsaufkommen.
Angemessen sind nach der Rechtsprechung bei Bagatellschäden ca. 15 bis 30 Minuten (OLG Köln, Beschluss vom 6.3.2001, Sa 64/01 ); bei schwereren Schäden zwei Stunden oder mehr (OLG Köln, Beschluss vom 6.3.2001, Ss 64/01 ).
Werden Sie in einen Unfall verwickelt oder verursachen ihn gar selbst, verständigen Sie noch am Unfallort die Polizei. Ist Ihnen das nicht möglich warten Sie mindestens 30 Minuten am Unfallort – je nach Schwere des Unfalls auch länger. Nach Ablauf dieser Wartefrist melden Sie sich umgehend beim nächstgelegenen Polizeirevier.
2.4. Sie melden den Unfall nicht umgehend
Sie durften den Unfallort verlassen
Auch wenn Sie den Unfallort berechtigt oder entschuldigt verlassen haben, weil Sie beispielsweise eine verletzte Person ins Krankenhaus gebracht haben, machen Sie sich strafbar, wenn Sie die erforderlichen Angaben nicht unverzüglich nachholen.
In jedem Fall trifft Sie eine Nachholpflicht: Melden Sie sich umgehend bei einem Polizeirevier.
Sie entfernen sich dann berechtigt vom Unfallort, wenn ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Ein solcher ist zum Beispiel gegeben, wenn die anderen Unfallbeteiligten einwilligen, die Feststellungen erst nachträglich zu treffen oder wenn Sie die Unfallstelle verlassen, um eine Gefahrenquelle zu beseitigen.
Bei Bagatellschäden auf Schnellstraßen oder Autobahnen ist es wichtig, den Fahrstreifen zu räumen, um den nachfolgenden Verkehr nicht zu gefährden.
Entschuldigt ist das Verlassen des Unfallortes, wenn Sie sich sonst Gefahren für Leben oder Gesundheit aussetzen würden.
Auch zur Versorgung eigener Verletzungen dürfen Sie unter Umständen den Unfallort verlassen und in die Klinik fahren, bevor Sie bei der Polizei anrufen (BGH, Beschluss vom 27.8.2014, 4 StR 259/14 ). Diese Ausnahme gilt aber nur für schwere Verletzungen, die am Unfallort nicht erstversorgt werden können (z.B. massive Blutungen).
Sie haben sich nach Ablauf der Wartefrist entfernt
Wer sich nach der Wartefrist vom Unfallort entfernt, muss die nachträgliche Feststellung der Angaben unverzüglich ermöglichen, sie also ohne schuldhaftes Zögern nachholen. Was als unverzüglich verstanden wird, kann ebenfalls nur im Einzelfall geklärt werden.
Bei einem nächtlichen leichten Unfall ohne Personenschaden (z.B. Beschädigung von Leitplanken, einem Verkehrszeichen oder einem geparkten Pkw) kann es ausreichen, den Schaden am folgenden Morgen bis 10:00 Uhr der Polizei zu melden.
Ein Mann fuhr mit seinem Pkw in den frühen Morgenstunden einen Baum um, wartete eine halbe Stunde vor Ort und ließ den verunfallten Pkw am Unfallort zurück. Am nächsten Morgen zu Beginn der üblichen Geschäftszeiten informierte er sofort die Stadt als Geschädigte (OLG Hamm, Urteil vom 9.4.2003, 20 U 212/02 ).
2.5. Der Vorsatz ist entscheidend
Sie machen sich allerdings nur strafbar, wenn Sie vorsätzlich handeln, d.h., Sie müssen wissen, dass Sie einen Unfall (mit-)verursacht und die notwendigen Angaben nicht ermöglicht haben. Fahren Sie also weg, weil Sie den Unfall gar nicht bemerkt haben, machen Sie sich nicht strafbar (BVerfG, Beschluss vom 19.3.2007, 2 BvR 2273/06 ).
Beachten Sie: Sachverständige können schon geringste Schäden exakt rekonstruieren und in der Regel eindeutig beurteilen, ob der Unfallflüchtige die Beule bemerkt haben muss.
So wurden bei einem Lkw, der beim Einparken den Stoßfänger eines Pkw heruntergerissen hatte, 100 Dezibel gemessen. Ein Wert, der dem Geräuschpegel eines startenden Flugzeugs entspricht. Schwer zu glauben, dass man ein solches Geräusch überhören kann.
Entsprechend bewerten die Gerichte die Aussage, nichts bemerkt zu haben, regelmäßig als Schutzbehauptung und gleichzeitig als Eingeständnis, dass man selbst gefahren ist.
Verlassen Sie den Unfallort erlaubterweise, muss Ihnen darüber hinaus klar sein, dass Sie die nachträgliche Feststellung erschwert oder gar vereitelt haben.
Stellen Sie tatsächlich erst zu Hause einen Schaden fest (z.B. Kratzer an Ihrem Pkw), sollten Sie diesen und den möglichen Unfallort unbedingt sofort der Polizei melden.
2.6. Der Mythos von der tätigen Reue
Gleich vorweg, die tätige Reue
kommt meist – wenn nicht zu spät, so doch – umsonst. Ist die Unfallflucht einmal begangen, kann das Gericht zwar in seltenen Fällen die Strafe mildern oder ganz von einer Strafe absehen. Allerdings sind die Hürden für das Gericht hier sehr hoch. So müssen die folgenden vier Bedingungen erfüllt sein:
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Sie machen die notwendigen Angaben nachträglich innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall;
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Sie tun dies freiwillig;
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der Unfall fand außerhalb des fließenden Verkehrs statt (z.B. auf einem Parkplatz) und
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der Unfall hat ausschließlich einen nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge.
In allen anderen Fällen wirkt sich das nachträgliche Ermöglichen der notwendigen Feststellungen allenfalls bei der Höhe der Strafe aus, vor der Strafe selbst schützt es nicht.
Das Einhalten der 24-Stunden-Frist ist noch die niedrigste Hürde. Schwieriger wird es dann schon mit der Freiwilligkeit. Diese liegt nämlich bereits dann nicht mehr vor, wenn ein Zeuge Ihren Pkw der Polizei gemeldet und diese ein Ermittlungsverfahren gegen Sie als Halter eingeleitet hat – wovon der Unfallflüchtige nicht einmal etwas wissen muss.
Die beiden weiteren Voraussetzungen sind noch schwerer einzuhalten. Zum einen darf der Unfall demnach nur außerhalb des fließenden Verkehrs stattgefunden haben, also abseits der Straße und nicht während der Teilnahme am Straßenverkehr.
Am fließenden Verkehr nehmen alle Fahrzeuge teil, die sich im öffentlichen Straßenverkehr bewegen. Und zwar unabhängig davon, ob sie gerade tatsächlich fahren oder verkehrsbedingt vorübergehend stehen bleiben (z.B. an einer Ampel) oder warten (z.B. an einem Bahnübergang). Das Gegenteil ist der ruhende Verkehr, also parkende Autos.
Auf Parkplätzen, in Parkhäusern und auch auf Tankstellengeländen findet kein fließender Verkehr statt.
Zum andern ist bei den heutigen Preisen für Reparaturen und Ersatzteile die Grenze für einen unbedeutenden Sachschaden kaum einzuhalten. Denn sie liegt derzeit bei ungefähr 1.300,00 € (OLG Hamm, Beschluss vom 30.9.2010, III-3 RVs 72/10 ).
Diese Grenze ist nur ein ungefährer Richtwert. Manche Gerichte gehen höher (1.500,00 €), andere liegen darunter.
III. Wenn die Polizei kommt
3.1. Was macht die Polizei nach Anzeige einer Unfallflucht?
Wer angefahren wird, erstattet Anzeige gegen unbekannt und lässt sein Auto von der Polizei untersuchen. Die Polizei fotografiert die Schäden, bestimmt Lage und Umfang der Schäden und lässt in schweren Fällen auch Lackproben analysieren. Mit diesen Ergebnissen wird die Gruppe der infrage kommenden Tatfahrzeuge eingegrenzt.
Kann die Polizei das Kennzeichen des flüchtenden Fahrzeugs ermitteln, versucht sie, so zeitnah wie möglich den Halter aufzusuchen. Dieser muss zu jeder Tages- und Nachtzeit mit der Polizei rechnen.
Schlägt auch der telefonische Kontaktversuch fehl, wird der Halter per Post gebeten, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben oder zu einem bestimmten Termin auf dem Polizeirevier zu erscheinen, um dort eine Aussage zu machen.
Spätestens jetzt sollten Sie unbedingt einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einschalten.
Steht der Halter fest, versucht die Polizei, den Fahrer zu ermitteln. Dazu werden der Fahrzeughalter, Familienangehörige, Mitarbeiter und gegebenenfalls Nachbarn befragt.
3.2. Wie Sie sich gegenüber der Polizei verhalten sollten
Sie müssen belehrt werden
Ein Beschuldigter bzw. Betroffener muss zu Beginn der ersten Vernehmung darüber belehrt werden,
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welche Tat ihm zur Last gelegt wird und
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dass es ihm freisteht, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht auszusagen.
Wurde diese Belehrung unterlassen, dürfen die gemachten Angaben und die Bekundungen der Ermittlungsbeamten zu dem Inhalt der gemachten Angaben nicht gegen Sie verwendet (verwertet
) werden, wenn die Verteidigung spätestens in der Hauptverhandlung der Verwertung widerspricht.
Das gilt nur dann nicht, wenn feststeht, dass der Beschuldigte bzw. Betroffene, sein Recht zu schweigen ohne Belehrung gekannt hat – was ihm im Zweifel aber nachgewiesen werden muss (BGH, Beschluss vom 27.2.1992, 5 StR 190/91 ).
Die Belehrung muss erfolgen, sobald die Polizei von einem Anfangsverdacht gegen den Befragten ausgeht. Das ist beispielsweise auch dann der Fall, wenn sich während der Ermittlungen der Verdacht gegen eine Person erhärtet und ein informatives Gespräch
in eine Beschuldigten- bzw. Betroffenenvernehmung übergeht.
Bei der Suche nach einem unbekannten Fahrer, dem ein Delikt als Führer eines Kraftfahrzeuges zur Last fällt, muss der Halter über sein Schweigerecht schon allein deshalb belehrt werden, weil es nahe liegt, dass der Halter eines Fahrzeugs dieses auch gefahren sein kann (AG Bayreuth, Beschluss vom 17.10.2002, 3 Cs 5 Js 8510/02 ).
Sie dürfen schweigen
Als Beschuldigter müssen Sie keine Angaben zu dem Vorfall machen. Nach geltendem Recht müssen Sie sich nicht selbst belasten. Sie haben also ein Aussageverweigerungsrecht.
Auch Angehörige müssen das nicht und können von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Als Beschuldigter oder Angehöriger müssen Sie über Ihre Schweigerechte informiert werden.
Der Beschuldigte muss sich auch nicht aktiv beteiligen, wenn die Polizeibeamten das Fahrzeug in Augenschein nehmen wollen, um mögliche Unfallspuren festzustellen. Finden die Beamten das Fahrzeug, dürfen sie es direkt vor Ort untersuchen.
Trifft die Polizei den möglichen Täter nicht an, wird sie versuchen, ihn anzurufen. Auch hier gilt aus Sicht des Täters, dass es besser ist, keine Angaben zu machen, da diese von den Beamten in einer Aktennotiz festgehalten und in einem späteren Prozess verwendet werden.
Abgesehen von ganz eindeutigen Fällen (z.B. der Parkrempler, an dem nur Sie beteiligt waren) sollten Sie nur Ihre Personalien angeben. Sonst laufen Sie Gefahr, ohne es zu wollen, ein Schuldanerkenntnis abzugeben. Sie machen sich dadurch auch nicht zusätzlich verdächtig
, da der Anfangsverdacht ohnehin besteht, Sie mit dem Schweigerecht nur ein Ihnen zustehendes Recht nutzen und das für die Polizei kein ungewöhnlicher Vorgang ist.
IV. Diese rechtlichen Konsequenzen drohen
4.1. Ihr Führerschein ist in Gefahr
Die Fahrerlaubnis wird regelmäßig entzogen, wenn der Täter weiß oder wissen konnte, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wurde oder wenn ein bedeutender Sachschaden entstanden ist. Auch hier kann die bereits oben erwähnte Grenze von ca. 1.300,00 € bis 1.500,00 € als Orientierungswert gelten.
Die Dauer der Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis liegt je nach der Schwere der Tat zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.
Meist ist der Führerschein sofort weg
. Zwar wird die Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich erst mit Rechtskraft des Urteils wirksam. In der Praxis beschlagnahmt die Polizei den Führerschein aber in der Regel sofort, woraufhin die Staatsanwaltschaft umgehend die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis beantragt. Das Gericht entzieht dem Beschuldigten die Fahrerlaubnis dann vorläufig, wenn es dringende Gründe dafür sieht.
Auch bei begangener Unfallflucht kann eine umgehende Meldung bei der Polizei den Entzug der Fahrerlaubnis verhindern (AG Bielefeld, Beschluss vom 9.10.2013, 9 Gs-402 Js 3422/13-5435/13 ). Hier hatte sich der Fahrerflüchtige bereits 11/2 Stunden nach dem Unfall freiwillig bei der Polizei gemeldet. Obwohl bei der Schadenshöhe von über 1.600,00 € tätige Reue ausschied, erachtete das Gericht die kurze Zeitspanne als so entlastend, dass es ausnahmsweise vom Entzug der Fahrerlaubnis absah.
Die besonders bei den sogenannten Parkremplern
meist als Schutzbehauptung gewertete Verteidigung, nichts bemerkt zu haben, kann besonders für ältere Verkehrsteilnehmer kritisch werden. Entweder es nützt Ihnen nichts und die Verurteilung erfolgt ohnehin, oder das Gericht glaubt Ihnen diesen Umstand ausnahmsweise und zweifelt gerade deshalb an Ihrer Eignung als Fahrer. Diese Zweifel müssen Sie dann durch eine Begutachtung ausräumen.
Diese erfolgt dann aber nicht als Medizinisch-Psychologische Untersuchung
(MPU). Denn es steht nicht Ihre charakterliche Eignung zum Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr auf dem Prüfstand, sondern Ihre dazu notwendige körperliche Verfassung (z.B.: Hören, Sehen, Reaktionsvermögen).
Beachten Sie: Bei einem Führerschein auf Probe erfolgt die Mitteilung eines sogenannten A-Verstoßes
. Wer einen A-Verstoß begeht und einen Führerschein auf Probe hat, wird zusätzlich zur Maßnahme aus dem Bußgeldkatalog folgendermaßen bestraft:
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Beim ersten Mal verlängert sich die Probezeit um zwei Jahre. Ein Aufbauseminar (ASF = Aufbauseminar für Fahranfänger) wird angeordnet. Es besteht aus einer Nachschulung von insgesamt 4 Sitzungen zu je 135 Minuten. Zwischen der ersten und der zweiten Sitzung gibt es eine Fahrprobe von mindestens 30 Minuten Dauer. Eine durchgehende Teilnahme an allen Stunden ist Pflicht. Die Kosten betragen durchschnittlich 250,00 €, maximal etwa 400,00 €. Weigert sich der Fahranfänger, an einem Aufbauseminar teilzunehmen, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
TippMelden Sie sich rechtzeitig an, da die Seminare nicht durchgehend angeboten werden. Eine Fristüberschreitung wird als Weigerung angesehen und hat ebenfalls den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge.
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Bei einer erneuten Auffälligkeit gibt es eine schriftliche Verwarnung und eine Empfehlung zur Teilnahme an einer freiwilligen verkehrspsychologischen Beratung. Kommt es nach Ablauf von zwei Monaten nach der Verwarnung zu einer weiteren Auffälligkeit, wird die Fahrerlaubnis entzogen.
4.2. Es drohen strafrechtliche Folgen
Gesetzlich vorgesehen sind eine Geldstrafe (§ 40 StGB) oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (entsprechend § 38 StGB) und ein Eintrag von drei Punkten im Verkehrszentralregister.
Je nach Art der Verletzung oder der Höhe des Sachschadens wird die Geldstrafe für Ersttäter zwischen 25 und 40 Tagessätzen liegen. Ein Tagessatz ist ein Dreißigstel des monatlichen Nettoeinkommens.
Bei Wiederholungstätern wird meist eine Freiheitsstrafe von vier bis sechs Monaten angeordnet, die in der Regel zur Bewährung ausgesetzt wird, oder eine Geldstrafe von 120 bis 180 Tagessätzen.
Die Schadenshöhe beeinflusst also die Anzahl der Tagessätze bei der Geldstrafe. Dabei werden bei den einzelnen Staatsanwaltschaften zur Bestimmung der Tagessätze interne Richtlinien herangezogen. Sie haben allerdings keinen Anspruch auf die Anwendung dieser Richtlinien.
20–30 Tagessätze bei Schäden zwischen 500,00 € und 700,00 €.
Mindestens 30 Tagessätze bei Schäden zwischen 700,00 € und 900,00 €.
Mindestens 40 Tagessätze bei Schäden zwischen 900,00 € und 1.100,00 €.
Ab einer Schadenshöhe von 1.100,00 € mindestens 40 Tagessätze und die Entziehung der Fahrerlaubnis mit mindestens neun Monaten Sperrfrist.
Das Fahrverbot als Nebenstrafe (§ 44 StGB) kann selbst dann verhängt werden, wenn die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht vorliegen, der Täter aber zu einer Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt wurde. Das Verbot wird für die Dauer von drei bis sechs Monaten ausgesprochen. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Führerschein in amtliche Verwahrung genommen wird.
Als Strafmilderungsgrund kann hier noch einmal auf die tätige Reue hingewiesen werden. Ohne Milde wird Unfallflucht aber immer dann geahndet, wenn Menschen verletzt wurden.
4.3. Die versicherungsrechtlichen Folgen können gravierend sein
Unfallflucht kann sehr teuer werden
Die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlt zwar den Schaden des anderen Unfallbeteiligten, nimmt dann aber bei Ihnen bis zu einer Höchstgrenze von 5.000,00 € Regress, d.h., die Versicherung verlangt das Geld, das sie dem Geschädigten zahlen musste, von Ihnen zurück.
Das hat folgenden Hintergrund: Auch Ihre Versicherungspolice verpflichtet Sie als Versicherungsnehmer, den Unfallort nicht zu verlassen, bevor die erforderlichen Feststellungen getroffen wurden. Wer also Unfallflucht begeht, verletzt diese gegenüber der Versicherung bestehende Obliegenheit, was den Regressanspruch der Versicherung rechtfertigt.
Außerdem werden Sie beim Schadenfreiheitsrabatt zurückgestuft und müssen Ihren eigenen Schaden in der Regel selbst bezahlen. Die Kasko-Versicherung darf in einem solchen Fall die Zahlung verweigern, selbst wenn das Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt wird.
Vorsatz spielt auch hier eine wichtige Rolle
Die Versicherung muss Ihren Schaden aber nur dann nicht übernehmen, wenn sie beweisen kann, dass Sie vorsätzlich gegen die sogenannte Obliegenheitspflicht
verstoßen haben. Sie müssen also mindestens in Kauf genommen haben, dass durch Ihr Verhalten die Feststellungen zum Unfallhergang erschwert würden. Kann dieser Mindest-Vorsatz
nicht nachgewiesen werden, kann die Versicherung keinen Regress wegen Verletzung der vertraglichen Aufklärungspflicht verlangen.
Die Verletzung der Aufklärungspflicht wurde bei einem Parkunfall mit einem Sachschaden von 2.000,00 € vom Gericht verneint, weil der Unfallverursacher seine Angaben auf einem in Folie verpackten Zettel an die Windschutzscheibe gesteckt und Bilder vom Unfallort und allen Ansichten der Fahrzeuge angefertigt hatte. Da auch die Polizei weder bessere noch weitere Feststellungen hätte treffen können, lag keine Verletzung der Aufklärungspflicht gegenüber dem Versicherer vor. Denn aufgrund des Verhaltens des Angeklagten war nicht nachweisbar, dass dieser zumindest in Kauf genommen hatte, dass die Feststellungen erschwert würden (LG Hamburg, Urteil vom 18.7.2011, 331 S 71/10 ).
Zwar hatte der Fahrer eine Unfallflucht begangen. Nach Ansicht des Gerichts ist das jedoch nicht automatisch gleichzusetzen mit einer Verletzung der Aufklärungspflicht. Im konkreten Fall hatte der Unfallverursacher mit zahlreichen Maßnahmen alles getan, um dem Aufklärungsinteresse seines Versicherers gerecht zu werden. Deshalb konnte das Gericht keinen vorwerfbaren vorsätzlichen Verstoß gegen die Aufklärungspflicht erkennen, obwohl eine Unfallflucht vorlag.
Beachten Sie: Sie sollten davon ausgehen, dass eine Unfallflucht immer auch die Aufklärungsobliegenheit verletzt und den Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit.
Die Pflichtverletzung führt nicht immer zu einem Schaden
Die Versicherung wird auch dann nicht von ihrer Leistungspflicht befreit, wenn Sie beweisen können, dass es
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aufgrund Ihrer Verletzung der Aufklärungspflicht zu keinem Schaden gekommen ist und
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sich Ihr Fehlverhalten auch nicht auf die Feststellungen der Versicherung hinsichtlich des Leistungsumfangs ausgewirkt hat.
Das gilt selbst dann, wenn Sie Ihre Unfallbeteiligung bewusst verschwiegen haben (sogenannter
Kausalitätsgegenbeweis
).
Denn in aller Regel kann sich der Versicherer auch ohne Ihre Mithilfe anhand der polizeilichen Ermittlungsakten und der vorhandenen Belege des Geschädigten sehr gut ein eigenes Bild von der Schadenshöhe machen.
Ein Mann blieb während der Fahrt an einem anderen Fahrzeug hängen und verursachte so einen nicht unerheblichen Sachschaden. Anschließend beging er Unfallflucht und beseitigte die Spuren am eigenen Auto mit Politur (LG Bonn, Urteil vom 15.11.2012, 6 S 63/12 ). Dem Mann gelang trotzdem der Kausalitätsgegenbeweis. Denn das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entfernung vom Unfallort und erst nachträgliche Vorführung des Fahrzeugs bei der Polizei auf die Feststellung des Unfallgeschehens oder den Umfang der Leistungspflicht Einfluss genommen hätte.
Als letzte Möglichkeit kann der Versicherer den Nachweis erbringen, dass Sie als Versicherter arglistig gehandelt haben und die Versicherung daher nicht zahlen muss.
In diesen Fällen vertreten die Gerichte ganz unterschiedliche Auffassungen.
So gehen die Landgerichte Düsseldorf und Saarbrücken davon aus, dass bei einer Unfallflucht immer Arglist vorliegt (LG Düsseldorf, Urteil vom 3.12.2010, 22 S 179/10 ; LG Saarbrücken, Urteil vom 1.10.2010, 13 S 75/10 ).
Das Landgericht Bonn betont dagegen, dass in jedem Einzelfall bestimmt werden muss, ob Arglist vorlag oder nicht. Arglist ergibt sich nach dieser Ansicht nicht automatisch aus einer vorsätzlichen Unfallflucht (LG Bonn, Urteil vom 29.10.2013, 8 S 118/13 ).
Gehen Sie von folgenden Grundsätzen aus:
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Es erfolgt keine Kürzung bei einfacher fahrlässiger Obliegenheitsverletzung.
Sie sind verpflichtet, den Schaden schriftlich dem Versicherer anzuzeigen, machen das aber nur telefonisch. Eine solche einfache Obliegenheitsverletzung rechtfertigt keine Kürzung der Leistung des Versicherers.
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Bei groben Verstößen gegen Obliegenheitsverpflichtungen darf der Versicherer entsprechend der Schwere des Verstoßes den Anspruch des Versicherten kürzen. Es gibt hier keine festen Quoten. Allerdings kann eine solche
Kürzung
auch zum völligen Ausschluss der Leistung führen (BGH, Urteil vom 22.6.2011, IV ZR 225/10, NJW 2011 S. 3299). -
Sie müssen sich auch bei groben Verstößen nicht damit zufriedengeben, dass Ihr Anspruch automatisch um 50 % gekürzt wird.
Auch wenn also zunächst Regressforderungen der Versicherung begründet erscheinen, sollten Sie immer sehr genau prüfen (lassen), ob eine Möglichkeit besteht, gegen diese Forderung vorzugehen.
In diesen Fällen sollten Sie unbedingt einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einschalten, der auch die versicherungsrechtlichen Fragen abdeckt.