Damit Sie vom Bewerberkarussell rechtlich nicht runterfallen
Wer zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird, muss sich nicht nur auf den Arbeitgeber vorbereiten. Arbeitgeber wollen oft mehr wissen, als sie fragen dürfen. Aber nur rechtlich zulässige Fragen müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Eignungstests dürfen im Personalwahlverfahren durchgeführt werden, soweit arbeitsplatzbezogene Fähigkeiten geprüft werden.
I. Im Vorstellungsgespräch geht es um mehr als das bloße Kennenlernen
Werden Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, sollten Sie sich nicht nur auf die Besonderheiten Ihres möglichen neuen Arbeitgebers vorbereiten. Sie sollten sich unbedingt auch mit den Spielregeln von Frage und Antwort im Bewerbungsgespräch vertraut machen – beispielsweise wenn es darum geht, was gefragt werden darf und was nicht. Denn Arbeitgeber wollen oft mehr wissen als Arbeitnehmer gerne beantworten.
Der potenzielle Arbeitgeber möchte möglichst viel über Ihre Qualifikation und Ihre Person erfahren, um den geeigneten Bewerber auszuwählen. Als (zukünftiger) Arbeitnehmer wollen Sie sich einerseits von Ihrer besten Seite präsentieren, andererseits Ihre Privatsphäre möglichst vor allzu neugierigen und intimen Fragen schützen (z.B.: Waren Sie zuletzt häufiger krank? Haben Sie Schulden? Möchten Sie eine Familie gründen?).
Auch wenn Sie die Beantwortung dieser Fragen taktisch
angehen, weil unter Umständen die Chancen auf den begehrten Job sinken, heißt es, aufpassen. So sind die rechtlich relevanten Fragen, bei denen Sie Farbe bekennen müssen, von denen zu trennen, auf die Sie wahrheitswidrig antworten dürfen.
II. Was Sie über die Spielregeln von Fragen und Antworten wissen sollten
2.1. Was darf grundsätzlich gefragt werden?
Betriebsinteresse kontra Privatsphäre
Ihr möglicher neuer Arbeitgeber darf im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs grundsätzlich alles fragen, was für seine Einstellungsentscheidung wichtig ist. Das gilt auch für schriftliche Personal- oder Einstellungsfragebogen, die Sie mitunter vor einem Gespräch ausfüllen müssen.
Beschränkt ist das Fragerecht jedoch durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers einerseits und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers andererseits (BAG, Urteil vom 13.6.2002, 2 AZR 234/01, NZA 2003 S. 265). Als Faustregel gilt für Sie: Rechtlich zulässig sind somit nur Fragen, die nicht unverhältnismäßig in Ihre Privatsphäre eingreifen, und für die es einen sachlichen Grund gibt. Das heißt, es muss ein direkter Zusammenhang zwischen der Frage und dem zu besetzenden Arbeitsplatz bestehen.
Sie bewerben sich als Erzieher. Ihr neuer Arbeitgeber fragt nach einschlägigen Vorstrafen (z.B. Sittlichkeitsdelikte). Die Antwort auf diese Frage ist für die Besetzung dieser Vertrauensstellung von erheblicher Bedeutung. Somit ist die Frage aus betrieblichen Gründen zulässig. Anders, wenn Sie im Zusammenhang mit dieser Bewerbung nach Vermögensdelikten gefragt würden.
Müssen Sie stets wahrheitsgemäß antworten?
Nein. Nur rechtlich zulässige Fragen müssen Sie wahrheitsgemäß beantworten. Ist die Frage rechtlich unzulässig, billigt Ihnen die Rechtsprechung ein
Recht zur Lüge
zu (BAG, Urteil vom 5.12.1957, DB 1958 S. 282). Das heißt, Sie dürfen bewusst wahrheitswidrig antworten, ohne dass die Lüge negative rechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Der Arbeitgeber darf Ihnen in diesem Fall weder fristlos kündigen noch kann er den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung später anfechten.
Bewerben Sie sich um eine unbefristete Stelle, darf der Arbeitgeber nicht nach einer bestehenden Schwangerschaft fragen. Auch wenn Sie im Zeitpunkt der Bewerbung bereits schwanger sind, dürfen Sie auf diese unzulässige Frage wahrheitswidrig antworten (BAG, Urteil vom 6.2.2003, 2 AZR 621/01, NZA 2003 S. 848).
Was droht bei falscher Antwort auf eine zulässige Frage?
Beantworten Sie eine zulässige Frage im Bewerbungsverfahren wahrheitswidrig und fliegt der Schwindel auf, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag innerhalb eines Jahres nach Entdeckung der arglistigen Täuschung anfechten (§ 123, § 142 BGB). Das Ganze setzt allerdings voraus, dass die Lüge oder die verschwiegene Tatsache für die Einstellung (mit)ursächlich war.
Aber: Der Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag nicht anfechten, wenn der Schwindel offensichtlich war (z.B. der Umstand, dass ein Bewerber schwerbehindert ist) und er deshalb eigentlich nicht wirklich getäuscht worden ist (BAG, Urteil vom 18.10.2000, 2 AZR 380/99, NZA 2001 S. 315).
Eine wirksame Anfechtung löst das Arbeitsverhältnis nur für die Zukunft auf. Die Anfechtung wirkt praktisch wie eine Kündigung. Das heißt, schon erhaltenes Entgelt müssen Sie nicht zurückzahlen. Ausnahme: Für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wirkt die Anfechtung zurück (BAG, Urteil vom 3.12.1998, 2 AZR 754/97, NZA 1999 S. 584).
Ein Arbeitnehmer hatte auf die ausdrückliche Frage, ob er schwerbehindert sei, gelogen. Er wurde als Maler eingestellt, erkrankte und meldete dem Arbeitgeber daraufhin seine Behinderung. Der Arbeitgeber konnte den Vertrag anfechten und musste ab dem Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit kein Gehalt mehr bezahlen.
Aufgepasst: Zeitablauf kann das Anfechtungsrecht ausschließen! Besteht das Arbeitsverhältnis über mehrere Jahre und erbringen Sie Ihre Arbeitsleistung einwandfrei, kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nicht mehr anfechten, wenn die verschwiegene Tatsache herauskommt. Anders, wenn der Anfechtungsgrund für die auszuübende Tätigkeit weiterhin wichtig ist.
Weil er nicht über die erforderliche Qualifikation verfügte, legte ein Arbeitsuchender seiner Bewerbung ein gefälschtes Diplomzeugnis bei. Erst Jahre später flog der Schwindel auf. Hier war der Angestellte mit einer besonders vertrauens- und verantwortungsvollen Aufgabe als
Technischer Aufsichtsbeamterbetraut. Deshalb kostete das gefälschte Zeugnis ihn auch Jahre später den Job, obwohl der Mann seine Arbeit gut gemacht hatte (LAG Nürnberg, Urteil vom 24.9.2005, 9 Sa 400/05 ).Der Arbeitnehmer hatte wahrheitswidrig die Frage nach der Schwerbehinderung verneint. Er konnte die vertraglich vereinbarte, körperlich schwere Tätigkeit aufgrund seiner Behinderung jedoch nur eingeschränkt ausüben. Die Anfechtung war auch nach drei Jahren zulässig (BAG, Urteil vom 11.11.1993, BB 1994 S. 357).
Beachten Sie außerdem: Sie machen sich schadensersatzpflichtig, wenn Sie eine zulässige Einstellungsfrage vorsätzlich falsch beantworten und dem Betrieb dadurch Kosten entstehen (z.B. für eine weitere Stellenannonce in der Tageszeitung).
Müssen Sie auch ohne ausdrückliche Frage des Arbeitgebers Farbe bekennen?
Ja. Sie müssen unaufgefordert alle Umstände offenlegen, die einem Arbeitsverhältnis aus nachvollziehbaren Gründen entgegenstehen oder Ihre Leistung beeinträchtigen können (BAG, Urteil vom 21.9.1991, DB 1991 S. 1934).
Sie müssen darauf hinweisen, dass Sie im Zeitpunkt Ihrer Arbeitsaufnahme eine Kur antreten oder dass Sie durch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mit Ihrem ehemaligen Arbeitgeber in Ihrer neuen Tätigkeit eingeschränkt sind.
Kommen Sie Ihrer sogenannten Offenbarungspflicht nicht nach, kann der Arbeitgeber grundsätzlich den Arbeitsvertrag anfechten.
Auch wenn zwischen Vorstellungsgespräch und Arbeitsantritt eine wesentliche Änderung in Ihren Lebensumständen eintritt, sollten Sie den neuen Arbeitgeber darüber informieren. Denn erfährt er später davon und sind die geänderten Tatsachen für die Einstellung relevant, kommt ebenfalls eine Anfechtung des Arbeitsvertrags in Betracht.
Für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst ist es zulässig, den Bewerber nach laufenden Ermittlungsverfahren gegen ihn zu fragen. Während eines längeren Bewerbungsverfahrens muss der Bewerber ein zwischenzeitlich anhängig gewordenes einschlägiges Ermittlungsverfahren nachträglich von sich aus mitteilen (BAG, Urteil vom 20.5.1999, 2 AZR 320/98, NZA 1999 S. 975).
2.2. Auf welche Fragen müssen Sie sich im Einzelnen einstellen?
Der mögliche Fragenkatalog in einem Vorstellungsgespräch oder Personalfragebogen ist vielseitig. Damit Sie sich optimal auf das Gespräch vorbereiten können, sollten Sie wissen, dass Sie beispielsweise gefragt werden können nach:
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Ihrem beruflichen Werdegang (z.B. Qualifikation, Art und Dauer der Vorbeschäftigung, Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots beim vorherigen Arbeitgeber);
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Ihrem Gesundheitszustand, das heißt Krankheiten, Schwerbehinderung oder Sucht;
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den persönlichen Verhältnissen wie Familienstand, Kinderwunsch oder Schwangerschaft;
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den Vermögensverhältnissen (z.B. Gehalt, Schulden, Lohn-/Gehaltspfändung);
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Vorstrafen, laufenden Ermittlungs- oder Strafverfahren oder polizeilichem Führungszeugnis;
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Ihrer Weltanschauung: Religionszugehörigkeit, Partei- oder Gewerkschaftsmitgliedschaft.
Informieren Sie sich anhand unseres Beitrags
Was darf ein Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch fragen?
, ob bestimmte Fragen zu den genannten Themen zulässig sind oder nicht. Die Übersicht hilft Ihnen unter rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, ob Ihre Antwort im Fall des Falles wahrheitsgemäß ausfallen muss oder Sie lügen dürfen. Weiter erfahren Sie, ob Sie von sich aus Ihren potenziellen Arbeitgeber über bestimmte persönliche Umstände aufklären müssen.
III. Wann Eignungstests und Untersuchungen zulässig sind
Es kommt auf den konkreten Bezug zu der zu besetzenden Stelle an
Zulässig sind nur Testverfahren, bei denen arbeitsplatzbezogene Fähigkeiten und Leistungsmerkmale geprüft werden (z.B. ein Einstellungstest). Allgemeine Persönlichkeitstests zur bloßen Charakterstudie sind hingegen unzulässig. Das gilt sowohl gegenüber Bewerbern als auch für langjährige Mitarbeiter, die im laufenden Arbeitsverhältnis beispielsweise an einem Auswahlverfahren von Führungskräften teilnehmen.
Sie sollten über Methode, Umfang und Zielsetzung des Tests informiert werden und in die Durchführung vorher einwilligen. Zudem sind die Ergebnisse geheim zu halten. Das bedeutet, Sie selbst können nicht einmal verlangen, dass Ihnen die Testergebnisse mitgeteilt werden oder man Ihnen eine Abschrift des Gutachtens aushändigt (z.B. der grafologischen Untersuchung).
Was der Arbeitgeber nicht darf, darf auch kein Dritter
Für die Durchführung von Tests durch Ärzte, Psychologen oder Gutachter gelten dieselben Grundsätze wie für das Fragerecht des Arbeitgebers.
Kennzeichnen Sie Ihre Bewerbung ausdrücklich als
vertraulich
und fügen Sie Ihrem Anschreiben beispielsweise folgenden Hinweis an: Da ich mich in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis befinde, möchte ich Sie bitten, die Bewerbung vertraulich zu behandeln.
Damit ist es Ihrem potenziellen Arbeitgeber untersagt, sich bei Ihrem ehemaligen bzw. derzeitigen Chef über Sie zu erkundigen. Fehlt ein entsprechender Hinweis, dürfen solche Auskünfte eingeholt werden.
Das gilt für die einzelnen Auswahl- und Testverfahren
Ob sie zulässig sind oder nicht, entnehmen Sie der folgenden Zusammenstellung häufig durchgeführter fachlicher, technischer, psychologischer und medizinischer Tests:
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Der Arbeitgeber darf Ihre fachliche bzw. technische Fertigkeit bzw. Leistungsfähigkeit testen. Bewerben Sie sich beispielsweise als Sekretärin, kann eine Abschrift verlangt werden, um Ihre Anschlaggeschwindigkeit und die Fehlerquote zu prüfen.
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Ohne Ihre Zustimmung darf der Arbeitgeber auf der Grundlage handschriftlicher Bewerbungsunterlagen (z.B. eines handgeschriebenen Lebenslaufes) kein grafologisches Gutachten einholen. In Ausnahmefällen – etwa bei Bewerbungen von Führungskräften – wird eine stillschweigende Einwilligung unterstellt, wenn der Bewerber einen handschriftlichen Lebenslauf eingereicht hat. Dies ist allerdings rechtlich höchst umstritten.
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Psychologische Tests (z.B. Intelligenz-, Kreativitäts-, Konzentrations-, allgemeine Wissenstests) sind nur zulässig, wenn sie sich auf Ihren Arbeitsvertrag beziehen, Sie als Bewerber darüber informiert werden und damit einverstanden sind.
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In einem
Assessment-Center
werden Sie gleichzeitig mit anderen Kandidaten in verschiedenen Diskussions-, Präsentations- und Gruppensituationen beobachtet und beurteilt. Diese Methode der Personalauswahl ist zulässig, wenn Sie eingewilligt haben und dasAC
berufsbezogen ist. -
Medizinische Untersuchungen (z.B. durch einen Werks- oder Amtsarzt, Vorlage eines medizinischen Gesundheitszeugnisses oder Attests) dürfen nur mit Ihrer Einwilligung durchgeführt werden. Die Kosten muss der Arbeitgeber tragen. Der Arzt darf nur über die Befunde berichten, die den Arbeitgeber hinsichtlich der Besetzung des Arbeitsplatzes interessieren. Ausnahme: Er darf sämtliche Ergebnisse weiterleiten, wenn Sie ihn ausdrücklich von seiner Schweigepflicht entbunden haben.
Ein Drogenscreening ist zulässig, wenn eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit des Bewerbers seine Eignung für den Arbeitsplatz entfallen ließe. Aber ein Arbeitgeber kann seine (künftigen) Mitarbeiter nicht generell zu einem AIDS-Test schicken. Da jedoch von bestimmten Berufsgruppen (z.B. Beschäftigte in einem Krankenhaus) die Gefahr von AIDS-Infizierungen ausgehen kann, ist in diesen Fällen ein AIDS-Test zulässig.
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Gentechnische Untersuchungen im Arbeitsleben bezwecken, Anhaltspunkte für gesundheitliche Risiken und die Belastbarkeit des Arbeitnehmers herauszufinden. Ob Sie sich einer sogenannten
Genomanalyse
unterziehen bzw. die Verwertung der dadurch gewonnenen Ergebnisse dulden müssen, ist derzeit gesetzlich nicht geregelt. EinGendiagnostikgesetz
ist jedoch in Vorbereitung. Die Zulässigkeit eines solchen Eingriffs in Ihr Persönlichkeitsrecht ist höchst umstritten, der Missbrauch nicht ausgeschlossen. Sie sollten deshalb zum Schutz Ihrer Privatsphäre einer solchen Untersuchung nicht zustimmen.
Wenn Ihnen die Auswahlmethoden zu weit gehen
Faktisch wird eine verweigerte Teilnahme an einem Eignungstest oder einem sonstigen Auswahlverfahren regelmäßig zu einem erfolglosen Abschluss der Bewerbung führen. Unter rechtlichen Gesichtspunkten können Sie Ihre Zustimmung bzw. Ihre Teilnahme an unzulässigen Auswahlmethoden verweigern. Theoretisch können Sie Schadensersatz aus Verschulden des Arbeitgebers beim Vertragsschluss oder wegen Verletzung Ihres Persönlichkeitsrechts verlangen. Unter Umständen steht Ihnen sogar ein Schmerzensgeld zu (z.B. holt der Arbeitgeber ein grafologisches Gutachten ohne Ihre Einwilligung ein; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.1.1972, NJW 1976 S. 310). Praktisch dürften diese Ansprüche jedoch von geringer Bedeutung sein, weil es Ihnen in aller Regel nicht gelingen wird, einen bezifferbaren Schaden nachzuweisen.
IV. Bewerbungen kosten Zeit und Geld
4.1. Bekommen Sie von Ihrem Noch-Arbeitgeber für die Stellensuche frei?
Stehen Sie in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, haben Sie keinen Anspruch darauf, zur Jobsuche von der Arbeit freigestellt zu werden. Sie müssen dafür Ihren normalen Urlaub einsetzen.
Anders, wenn Ihr Arbeitsverhältnis von Ihrem Arbeitgeber oder Ihnen gekündigt oder durch einen Aufhebungsvertrag bzw. ein befristetes Arbeitsverhältnis durch Zeitablauf beendet wurde. Dann dürfen Sie (z.B. mit Hilfe des Smartlaw-Formulars) von Ihrem bisherigen Arbeitgeber verlangen, für die Stellensuche freizubekommen – etwa für Beratungen auf dem Arbeitsamt, medizinische Untersuchungen, Eignungstests oder Vorstellungsgespräche (§ 629 BGB). Dies gilt nicht, wenn Sie in einem Aushilfs- oder Probearbeitsverhältnis stehen.
Sie dürfen sich nicht selbst beurlauben! Teilen Sie Ihrem Arbeitgeber deshalb rechtzeitig vorher mit, wann Sie freihaben wollen. Wie lange Sie von der Arbeit freizustellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (z.B. Anzahl und Dauer der Termine, Stellung des Arbeitnehmers, Betriebsorganisation beim Arbeitgeber). Die Entscheidung liegt im Ermessen Ihres Arbeitgebers, kann aber durch arbeitsvertragliche, tarifvertragliche oder betriebliche Vereinbarung konkretisiert sein. Der Freistellungsanspruch an sich darf jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Während der Freistellung erhalten Sie von Ihrem Arbeitgeber Ihre übliche Vergütung (§ 616 BGB). Ausnahme: Sie haben arbeitsvertraglich geregelt, dass Ihr Gehalt in diesem Fall gekürzt werden darf und Ihnen nur die tatsächlich geleistete Arbeit vergütet wird.
4.2. Werden Ihnen die Vorstellungskosten erstattet?
Das hängt vom Einzelfall ab
Stellen Sie sich ohne Einladung auf gut Glück
bei einem Arbeitgeber vor (z.B. aufgrund einer sogenannten Initiativ- oder Blindbewerbung oder eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit), bekommen Sie grundsätzlich die Vorstellungskosten nicht ersetzt.
Reisen Sie auf Einladung des potenziellen Arbeitgebers zum Vorstellungsgespräch, bekommen Sie die anfallenden verkehrsüblichen und notwendigen Kosten erstattet (zum Antrag). Dies gilt unabhängig davon, ob Sie eine Initiativbewerbung abgegeben haben oder sich auf eine konkrete Stellenausschreibung beworben haben, ob Sie einen Arbeitsvertrag abschließen oder nicht. Ausnahme: In der Einladung zum Vorstellungsgespräch wird die Kostenübernahme ausgeschlossen. Das ist zulässig, wenn Sie ausdrücklich darauf hingewiesen werden. Allerdings reicht es nicht, wenn man Sie zu einem unverbindlichen Gespräch
einlädt. Die Formulierung muss vielmehr eindeutig erkennen lassen, dass Sie keinen Kostenersatz verlangen können.
Welche Vorstellungskosten sind erstattungsfähig?
Ersetzt werden die verkehrsüblichen und notwendigen Kosten nach folgenden Grundsätzen:
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Wenn Sie mit dem Pkw anreisen, werden in der Regel nur die tatsächlich zurückgelegten Kilometer erstattet. Häufig wird nach den steuerlichen Pauschalen abgerechnet (z.B. 0,30 € pro gefahrenen Kilometer). Reisen Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln an (z.B. mit der Bahn), wird üblicherweise eine Hin- und Rückfahrt zweiter Klasse bezahlt. Aufgepasst: Weisen Sie den Arbeitgeber ausdrücklich darauf hin, dass Sie mit der Bahn anreisen, denn
verkehrsüblich
ist eine Anreise mit dem privaten Pkw. Das gilt auch, wenn Sie ein Taxi nehmen (z.B. wegen der weiten Entfernung vom Bahnhof zum Firmensitz des Arbeitgebers). -
Fliegen dürfen Sie nur ausnahmsweise und wenn der potenzielle Arbeitgeber Ihnen die Übernahme der Flugkosten ausdrücklich zugesagt hat (z.B. bewerben Sie sich um eine besonders hoch qualifizierte Stelle).
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Erstattet werden ferner nur notwendige Übernachtungskosten, also wenn An- und Abreise aus Termingründen oder wegen der Entfernung vom Wohnort des Bewerbers zum Firmensitz an einem Tag nicht möglich oder unzumutbar ist. Beachten Sie: Auch wenn es sich um eine
notwendige
Übernachtung handelt, dürfen Sie nicht im Luxushotel absteigen. -
Die Abrechnung des sogenannten Verpflegungsaufwands erfolgt nach Belegen oder in steuerlichen Pauschalen.
Prüfen Sie zunächst die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Geht daraus nicht hervor, welche Vorstellungskosten ersetzt werden, vereinbaren Sie vor Ihrer Anreise mit dem Arbeitgeber, welche Kosten er übernimmt – aus Beweisgründen am besten schriftlich. Dies gilt insbesondere, wenn Sie eine weite Anreise haben und damit hohe Reisekosten verbunden sind. Sammeln Sie sämtliche Belege, um die erstattungsfähigen Kosten nachweisen zu können (z.B. Fahrkarte, Parkhaus- oder Taxiquittung). Ersetzt Ihnen der Arbeitgeber keine Kosten oder nicht in voller Höhe, können Sie die entstandenen Kosten bzw. den Differenzbetrag steuerlich als Werbungskosten geltend machen. Informieren Sie sich zum Beispiel anhand unserer Steuertipps
, wenn Sie mehr dazu wissen möchten.
4.3. Wer trägt die Kosten für Ihre Bewerbungsunterlagen?
Die Kosten für Mappen, Lichtbilder, Kopien, Beglaubigung von Dokumenten (z.B. Schul- oder Hochschulzeugnis), polizeiliches Führungszeugnis, Telefongespräche und Porto müssen Sie selbst tragen. Ausnahme: Der Arbeitgeber muss sie Ihnen dann ersetzen, wenn von Ihnen völlig außergewöhnliche Unterlagen verlangt werden oder die Kosten sehr hoch sind, beispielsweise, wenn Sie ein medizinisch-psychologisches Eignungsgutachten für einen bestimmten Beruf vorlegen müssen.
In der Regel übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für die Bewerbungsunterlagen also nicht. Kosten, die Ihnen für die Erstellung und das Versenden von Bewerbungen entstehen (d.h. Kosten für Bewerbungsfotos, Portokosten), bekommen Sie aber unter Umständen von der Arbeitsagentur erstattet.
Sie müssen diesen Zuschuss allerdings beantragen, bevor die Kosten entstehen. Es können im Einzelfall für einen Zeitraum von zwölf Monaten die Bewerbungskosten bis zu 260,00 € übernommen werden.
Sie haben jedoch keinen Rechtsanspruch auf diese Leistung. Beachten Sie weiter: Gewährt Ihnen die Arbeitsagentur den Zuschuss, können Sie vom Arbeitgeber auch in den genannten Ausnahmefällen nichts verlangen.
Daneben können Sie auf ein weiteres Serviceangebot zurückgreifen und Ihre Bewerbungsunterlagen über die Arbeitsagentur portofrei verschicken. Ihre vorbereiteten Bewerbungsunterlagen geben Sie dort ab. Diese werden dann auf Kosten der Agentur verschickt. Erkundigen Sie sich danach bei der zuständigen Arbeitsagentur.
V. Das passiert mit Ihren Bewerbungsunterlagen
Ihre Unterlagen müssen vertraulich und sorgfältig behandelt werden
Während und nach Ablauf des Bewerbungsverfahrens unterliegt sein Inhalt dem Gebot der Verschwiegenheit. Kenntnis über Ihre persönlichen Daten dürfen nur diejenigen Mitarbeiter haben, die am Bewerbungsverfahren beteiligt sind. Ihre Bewerbungsunterlagen dürfen auch nicht ungefragt an Dritte weitergeleitet werden (z.B. an einen anderen Arbeitgeber, der eine vergleichbare Position zu besetzen hat). Ein solcher Verstoß des Arbeitgebers kann mit einem hohen Bußgeld geahndet werden (§ 44 BDSG).
Bewerbungsunterlagen
Als Bewerber können Sie sich grundsätzlich nicht bereits bei Erhebung der personenbezogenen Angaben auf den Datenschutz berufen (z.B. beim Ausfüllen eines Personalfragebogens). Dieser greift erst, wenn Ihre Angaben automatisiert ausgewertet und gespeichert werden. Gespeicherte Personaldaten sind technisch und organisatorisch vor dem unbefugten Zugriff zu sichern. Sie müssen gelöscht werden, wenn ihre Speicherung unzulässig ist oder soweit sie für die Bewerbung oder die Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gebraucht werden.
Müssen Ihre Unterlagen aufbewahrt oder zurückgeschickt werden?
Haben Sie sich blind bei einer Firma beworben, können Sie weder verlangen, dass der potenzielle Arbeitgeber auf Ihre Bewerbung reagiert noch dass Sie Ihre Unterlagen zurückerhalten. Unverlangt zugeschickte Bewerbungsunterlagen müssen grundsätzlich nicht aufbewahrt werden. Umstritten ist, ob das auch gilt, wenn sie Originalzeugnisse oder ähnliche offizielle Dokumente enthalten.
Legen Sie deshalb einer Initiativbewerbung einen ausreichend frankierten Rückumschlag bei und weisen Sie in Ihrem Schreiben ausdrücklich darauf hin, dass man Ihnen Ihre Unterlagen nach einem erfolglosen Abschluss des Bewerbungsverfahrens zurückschicken möge.
Haben Sie sich auf eine konkrete Stellenausschreibung beworben, ist zu unterscheiden:
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Werden Sie abgelehnt, muss der Arbeitgeber die Bewerbungsunterlagen auf seine Kosten zurückschicken. Beschädigte oder verloren gegangene Unterlagen sind zu ersetzen. Sie erhalten beispielsweise die Kopierkosten oder die Gebühr für amtliche Beglaubigungen erstattet. Zudem muss der Arbeitgeber die Aufzeichnungen über persönliche Daten des Bewerbers vernichten (z.B. Personal-/Einstellungsfragebogen). Nur ausnahmsweise dürfen solche Unterlagen aufbewahrt werden. Das ist der Fall, wenn Sie einwilligen, beispielsweise weil Sie sich erneut bei demselben Arbeitgeber bewerben wollen, oder wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse nachweisen kann, etwa wenn Rechtsstreitigkeiten über die Personalentscheidung drohen (BAG, Urteil vom 6.6.1984, NJW 1984 S. 2910).
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Werden Sie eingestellt, werden die Bewerbungs- und Einstellungsunterlagen zu Ihrer Personalakte genommen. Dabei dürfen nur Unterlagen aufbewahrt werden, die einen konkreten Bezug zu Ihrem Arbeitsverhältnis aufweisen (z.B. Unterlagen, die Antworten auf zulässige Arbeitgeberfragen enthalten).