Was gilt, wenn eine Videokamera auf dem Nachbargrundstück »Überwachungsdruck« erzeugt?
Zwei benachbarte Grundstückseigentümer lebten über Jahrzehnte im Streit. Der eine fürchtete, dass sein Nachbar sein Grundstück unbefugt betreten würde. Deshalb montierte er eine eine Videokamera an seiner Giebelwand.
Damit war der andere Nachbar nicht einverstanden. Er beanstandete die Montage. Die Kamera ermögliche unzulässige Einblicke in das Grundstück. Dies könne im Ergebnis seine Privatsphäre verletzten.
Das Landgericht Frankenthal folgte seiner Argumentation und wies auf die Grundsätze zur Anbringung einer privaten Videokamera hin: Die Überwachung durch eine Kamera nur zulässig ist, wenn sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist. Eine Videoanlage, die Einsicht in das Nachbargrundstück ermöglicht, ist unzulässig.
Denn eine an einer Hauswand installierte Videokamera kann dazu führen, dass das Persönlichkeitsrecht der Nachbarn verletzt wird. Dazu reicht bereits die Möglichkeit aus, dass die Kamera auch Bereiche des Nachbargrundstücks erfasst.
Allein dadurch, dass das Gerät vorhanden ist, kann ein »Überwachungsdruck« entstehen, der den Nachbarn beeinträchtigt. Folge: Die Kamera am Nachbarhaus ist zu entfernen.
Im vorliegenden Fall war nicht abschließend nachzuweisen, ob die Videokamera tatsächlich auch auf das Nachbargrundstück ausgerichtet war. Es war hier technisch ohne großen Aufwand möglich, den Blickwinkel in Richtung des Nachbargrundstücks zu verändern und so zu lenken, dass dieses überwacht werden konnte. Dies war nicht auszuschließen, da die beiden Nachbarn bereits seit vielen Jahren zerstritten sind. Zudem war die Kamera gerade zu dem Zweck installiert worden, sich »vor den Nachbarn zu schützen«.
Einen solchen Überwachungsdruck müssen die Grundstücksnachbarn nicht dulden. Weitere Folge: Sie können nach dem Urteil auch verlangen, dass auch künftig keine Videokamera montiert wird.
LG Frankenthal, Urteil vom 16.12.2020, 2 S 195/19