Solardächer dürfen Nachbarn nicht blenden
Ein Grundstückseigentümer betrieb auf dem Dach seines Hauses eine Photovoltaikanlage. Sein Nachbar fühlte sich durch das stark reflektierte Sonnenlicht vom Nachbardach erheblich beeinträchtigt. Er könne sein Grundstück nur noch eingeschränkt nutzen.
Der Eigentümer der Photovoltaikanlage hielt dagegen, Solaranlagen seien staatlich gefördert und somit erwünscht. Deshalb ergebe sich eine Duldungspflicht für Nachbarn, die auch unangenehme Blendwirkungen hinnehmen müssten.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf widersprach dieser Rechtsauffassung: Die gesetzliche Förderung von Photovoltaik führt nicht zu einer generellen Duldungspflicht der beeinträchtigten Nachbarschaft. Auch wenn der Gesetzgeber die Anlagen fördert, dürften sie nicht ohne Rücksicht auf die Interessen der Nachbarschaft errichtet werden. Es kommt also auf den Einzelfall an.
Laut Gutachten führt hier die Reflexion des Sonnenlichts an rund 130 Tagen im Jahr und bis zu zwei Stunden täglich zu einer sogenannten „Absolutblendung“. Darunter versteht man eine Blendung, bei der unter Einwirkung sehr hoher Leuchtdichte Schutzreflexe einsetzen, weil für das Auge keine Adaption mehr möglich ist (z. B. Zukneifen der Lider, Kopf- und Augenbewegungen). Blendungen mit Nachbildern, also helle Flecken nach einem Blick in die Lichtreflektion, Blendungsschmerz oder Schädigungen der Netzhaut bei zu starker Blendung können mögliche Folgen sein.
Diese Blendwirkungen erstrecken sich in diesem Fall teilweise über die gesamte Grundstücksbreite. Solch eine erhebliche Beeinträchtigung durch das reflektierte Sonnenlicht muss der Nachbar nicht hinnehmen.
Die Blendung der Nachbarschaft durch Photovoltaikanlagen ist auch nicht als ortsüblich hinzunehmen.
Folge: Der Grundstückseigentümer muss deshalb die Blendungen, die durch sein Solardach ausgelöst werden, durch geeignete Maßnahmen reduzieren (z. B. durch einen Sichtschutz oder andere bauliche Maßnahmen).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. 7. 2017, I-9 U 35/17
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