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Grundsatzfrage geklärt: Nachträgliche Wärmedämmung ist zu dulden

Wohnungseigentum & Grundbesitz 18. April 2022
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kasjato / stock.adobe.com

Ein Nachbar muss den Überbau einer nachträglichen Wärmedämmung von Bestandsbauten auf seinem Grundstück dulden. Die Bundesländer dürfen die Voraussetzungen der grenzüberschreitenden Wärmedämmung regeln.

Die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke in Nordrhein-Westfalen stritten über das nachträgliche Anbringen einer Wärmedämmung. Die Grundstücke sind jeweils mit vermieteten Mehrfamilienhäusern bebaut. Die Giebelwand des einen, vor mehreren Jahrzehnten errichteten Gebäudes steht direkt an der gemeinsamen Grundstücksgrenze, während das andere Gebäude rund 5 m von der Grenze entfernt ist.

Der eine Nachbar wollte das Gebäude besser isolieren. Dies war mit einer Innendämmung des Bestandsgebäudes nur mit nicht vertretbarem Aufwand zu realisieren. Deshalb verlangte er, dass sein Nachbar die grenzüberschreitende Außendämmung der Giebelwand dulden müsse.

Er berief sich dabei auf die Regelung des nordrhein-westfälischen Nachbargesetzes (§ 23a NachbG NW). Danach muss ein Nachbar den Überbau dulden, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung anders nicht mit vertretbarem Aufwand machbar ist und wenn die Überbauung sein Grundstück nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Alles, was weniger als 25 cm überragt, ist demnach zulässig.

Dazu hatte ein Sachverständiger bestätigt, dass die Wärmedämmung des vor mehreren Jahrzehnten errichteten Mehrfamilienhauses von innen nicht mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden könne. Das sah der betroffene Grundstücksnachbar so nicht und klagte. Er hielt diese Regelung für unzulässig.

Doch der Bundesgerichtshof klärte diese wichtige nachbarrechtliche Grundsatzfrage. Er urteilte, wer nachträglich seinen Altbau an der Grundstücksgrenze dämmt, darf ein klein wenig in den Garten des Nachbarn ragen.

Anders aber bei Neubauten: Sie müssen so geplant sein, dass die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks bleibt.

Begründung: Die energetische Gebäudesanierung spart Energie ein und liegt damit im allgemeinen Interesse des Klimaschutzes.

Folge: Die Bundesländer dürfen im Sinne des Klimaschutzes die nachträgliche Wärmedämmung mit eigenen Vorschriften regeln. Das Landesrecht darf Beschränkungen vorsehen, selbst wenn es vergleichbare Bundesregelungen gibt.

Voraussetzung ist, dass die landesrechtliche Regelung einerseits an einen »anderen Tatbestand« anknüpft, andererseits die Grundkonzeption des Bundesgesetzes gewahrt bleibt. Das ist der Fall bei landesrechtlichen Regelungen zur nachträglichen Wärmedämmung, die einen vorsätzlichen Überbau erlauben. Sie setzen voraus, dass die Dämmung eines an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes im Nachhinein wegen neuer öffentlich-rechtlicher Zielvorgaben oder moderner Baustandards nötig wurde.

BGH, Urteil vom 12.11.2021, V ZR 115/20

Anmerkung der Redaktion:

Vergleichbare Regelungen gibt es nach Angaben des BGH in den Nachbargesetzen vieler Bundesländer. Darunter in Baden-Württemberg, Hessen, Brandenburg, Niedersachsen, Thüringen und Berlin. Landesrecht dürfe Beschränkungen vorsehen, selbst wenn es eine ähnliche Bundesregelung gebe, stellten die Karlsruher Richter nun fest.