Corona-Pandemie: Ausgleichsanspruch eines Fluggastes wegen Annullierung des Fluges?
Die Passagiere hatten für den 14.3.2020 einen Flug von Lissabon nach Zürich gebucht, der ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Anschließend sollte es von Zürich nach Stuttgart weitergehen. Der letzte Teilflug wurde jedoch aufgrund der Corona-Pandemie annulliert. So mussten die Reisenden mit dem Zug nach Stuttgart reisen und kamen dort rund zweieinhalb Stunden verspätet an.
Die Fluggäste verlangten eine Ausgleichszahlung in Höhe von insgesamt € 400,– für die Annullierung ihres Anschlussfluges von Zürich nach Stuttgart.
Die Airline verwies darauf, dass die Durchführung des Fluges aufgrund der Pandemie-Situation unzumutbar gewesen sei und deswegen nicht erfolgt ist. Sie verwies auf den Sonderflugplan – und zahlte nicht.
Das Landgericht Stuttgart bestätigte, die Frage der Zumutbarkeit der Durchführung eines Fluges ist stets eine Frage des Einzelfalls. Hier ist zu berücksichtigen, dass die gebuchte Flugreise in einem Zeitpunkt stattfinden sollte, in dem die Pandemie sich erstmals in Europa ausbreitete.
Es kam in der Folge zu Buchungsrückgängen um 92 %. Deshalb wurde ein Sonderflugplan unter Berücksichtigung vieler Belange erstellt. Berücksichtigt wurden dabei Aspekte wie: Wie häufig werden die Strecken beflogen? Kann man Flüge zusammenlegen? Kann man die Flugbewegungen reduzieren, um Crew und Passagiere vor den Risiken der Pandemie zu schützen? Ist es wirtschaftlich und aus Umweltschutzgesichtspunkten vertretbar, Flüge mit wenigen Passagieren durchzuführen?
Im Ergebnis liegen hier somit »außergewöhnliche Umstände« vor. Die Airline durfte sich auf die zumutbare Maßnahme eines Sonderflugplans berufen. Folge: Sie musste am bisherigen Flugplan nicht mehr festhalten, konnte die Anzahl der Flüge reduzieren und somit auch den hier infrage stehenden Flug annullieren, ohne dass sie dabei eine Ausgleichspflicht trifft.
LG Stuttgart, Urteil vom 3.2.2022, 5 S 79/21