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Online-Shopping: Keine Vorkasse, wenn Vertrag noch nicht abgeschlossen wurde

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 11. September 2024
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Online-Handel: „Sofortüberweisung“ darf nicht der einzige Gratis-Zahlungsweg sein

marine0014 / adobe.stock.com

Soll der Vertrag erst durch Zusendung des Kaufgegenstandes zustande kommen, stellt es eine ungemessene Benachteiligung des Kunden dar, wenn er in Vorkasse getreten ist. Diese Praxis ist wettbewerbswidrig.

Netto bot in seinem Online-Shop Waren an. Zum Vertragsschluss war in den AGB geregelt, dass der Vertragsschluss erst durch Zusendung des Kaufgegenstandes erfolgt. Kunden, die die Zahlungsart »Vorkasse« auswählten, sollten den vollen Rechnungsbetrag innerhalb von sieben Tagen nach Bestelleingang zahlen. Das heißt, bei »Vorkasse« musste der Kunde die bestellte Ware (lange) vor Vertragsschluss vollständig bezahlen.

Ein Verbraucherschutzverband erhob Klage. Die geschilderte Praxis stelle eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. Es verstoße gegen wesentliche Grundgedanken des BGB, wenn Vorkasse verlangt werde, bevor ein Vertrag geschlossen worden ist.

Der Shop-Betreiber argumentierte, es sei sachlich gerechtfertigt, Vorkasse vor Vertragsschluss zu verlangen. Beim Verkauf hochpreisiger Waren käme nur die Zahlungsart »Vorkasse« in Betracht (z.B., wenn aufgrund mangelnder Bonität ein Absicherungsinteresse bestehe). Der Kunde sei nicht rechtlos. Er könne seine Zahlung zurückverlangen, sollte der Vertrag ausnahmsweise nicht zustande kommen.

Das Oberlandesgericht Nürnberg hielt diese Praxis für wettbewerbswidrig. Das Hinausschieben des Vertragsabschlusses bis zur Warenlieferung ist für Kunden mit erheblichen Nachteilen verbunden. Sie müssen den Kaufpreis über einen längeren Zeitraum vorstrecken, ohne sicher zu sein, dass die Ware geliefert wird. Die Kunden sind im Hinblick auf ihre Erfüllungs- und Ersatzansprüche weitgehend schutzlos gestellt.

Die Richter wiesen auf den bürgerlich-rechtlichen Grundsatz hin: Leistungen müssen nur erbracht werden, wenn ein Rechtsgrund besteht. Dementsprechend darf der Kaufpreis nur dann verlangt werden, wenn bereits eine wirksame rechtliche Verpflichtung begründet wurde (§ 397 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Das BGB kennt den Fall nicht, dass Leistungen (obwohl nicht geschuldet) erbracht werden, um den anderen zu einer Vertragsannahme zu bewegen. Kunden können hier nicht erkennen, wie lange sie an ihre Bestellung gebunden sind und wie lange der Shop-Betreiber befugt ist, das durch die Bestellung abgegebene Angebot anzunehmen. Da die Lieferzeiten nur als »Circa-Fristen« angegeben waren, haben sie selbst nach deren Ablauf keine Gewissheit.

OLG Nürnberg, Urteil vom 30.1.2024, 3 U 1594/23

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