Keine »doppelte Ausweispflicht« beim Prepaid-SIM-Kartenkauf durch Mobilfunkanbieter
Wollen Sie auf Guthabenbasis telefonieren, müssen Sie bereits seit dem 1.7.2017 beim Kauf von Prepaid-Karten Ihre Identität vor Ort nachweisen (z.B. mit einem Personalausweis, Reisepass) oder das Verfahren zur Identitätsprüfung unter Abwesenden durchlaufen (z.B. durch Postident- oder Video-Ident-Verfahren). Gespeichert wird dann Ihr Name, Ihre Anschrift, Ihr Geburtsdatum und der Vertragsbeginn. Diese Regelung dient der Verbrechensbekämpfung. Die anonyme Kommunikation mittels Prepaid-Karten soll damit unterbunden werden.
Die Ausweispflicht im Handyladen reicht jedoch nach bisheriger Rechtslage nicht aus. Die Bundesnetzagentur hat darüber hinaus angeordnet, dass Mobilfunkanbieter Prepaid-SIM-Karten nur aktivieren dürfen, wenn ihnen selbst eine Ausweiskopie (oder ein vergleichbarer Beleg) vorliegt und die Daten erfolgreich abgeglichen wurden. Für die Freischaltung von Karten müssen deshalb Personalausweiskopien der Nutzer versendet werden.
Drei Mobilfunkanbieter setzen sich gegen das umständliche Verfahren zur Wehr. Sie hielten die Vorgaben für unverhältnismäßig. Das Geschäftsmodell mit Prepaid-SIM-Karten sei gefährdet, weil das wesentliche Kaufargument die sofortige Nutzbarkeit sei. Diese werde durch die doppelte Prüfpflicht jedoch verzögert.
Das Verwaltungsgericht Köln entschied, die Regelung der Bundesnetzagentur zur Identitätsüberprüfung bei Prepaid-SIM-Karten ist teilweise rechtswidrig. Insbesondere besteht keine Doppelüberprüfungspflicht für Mobilfunkanbieter bzw. deren Vertriebspartner. Die Doppelüberprüfungspflicht überspannt die Anforderungen des Gesetzes. Eine höchstpersönliche Überprüfungspflicht der Mobilfunkanbieter wird nicht verlangt. Um eine zuverlässige Kundendatenbank sicherzustellen, ist eine Verifizierung der persönlichen Daten durch Dritte ausreichend.
Das TKG selbst regelt die Identitätsüberprüfung unter Anwesenden. Der Bundesnetzagentur fehlt hierfür deshalb die erforderliche Regelungskompetenz. Das Verfahren der Überprüfung durch Dritte vor Ort wird aufgehoben. Es ist nicht von der Ermächtigung zur Regelung »anderer geeigneter Verfahren« in dem zugrundeliegenden Telekommunikationsgesetz umfasst (§ 111 TKG).
Die Bundesnetzagentur war nur ermächtigt, das Verfahren zur Identitätsprüfung unter Abwesenden zu regeln. Die Übermittlung von Ausweiskopien ist jedoch dazu nicht geeignet. Es liegt ein Verstoß gegen das Pass- und Personalausweisgesetz vor. Denn Ausweise sollen gerade nicht kopiert werden dürfen.
VG Köln, Urteile vom 13.11.2020, 9 K 573/18 u.a; n. rk.