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Coronavirus: Gutscheinlösung für ausgefallene Theatervorstellung ist rechtens

Dienstleistung, Handel & Privatverkäufe 9. Juni 2021
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Tanja Bagusat / stock.adobe.com

Ein Theater- und Gastronomieveranstalter muss den Ticketpreis nicht erstatten, wenn Corona-bedingt die Veranstaltung ausfällt. Er darf sich auf die sogenannte »Gutscheinlösung« berufen.

Ein Ehepaar aus Bayreuth besaß zwei Tickets zum Preis von insgesamt € 205,80 für eine Veranstaltung eines Münchner Theater- und Gastronomieveranstalters am 31.3.2020. Sie hatten diese Karten vor dem 8.3.2020 erworben.

Das Kultur-Event lag in der Phase des ersten Lockdowns. Acht Tage vor dem Aufführungstermin informierte der Veranstalter die Theaterbesucher, die Veranstaltung müsse aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum Infektionsschutz verlegt werden. Er bot seinen Kunden zugleich an, die Tickets in Gutscheine umzuwandeln.

Das Ehepaar wollte sich darauf nicht einlassen. Es erklärte seinen Rücktritt von Kaufvertrag. Es berief sich auf eine »Unmöglichkeit der Leistungserbringung« und forderte die Rückzahlung des gezahlten Ticketpreises bis zum 6.4.2020. Darauf ging der Veranstalter nicht ein. Er übersandte Mitte Mai zwei Gutscheine über den entsprechenden Betrag. So kam es zum Streit.

Das Amtsgericht München entschied unter Hinweis auf die aktuelle Rechtslage infolge der Corona-Pandemie: Veranstalter von Musik-, Kultur-, Sport- und sonstigen Freizeitveranstaltungen sind »derzeit berechtigt«, die Auszahlung eines Geldbetrages zu verweigern. Sie können stattdessen Gutscheine ausstellen.

Der Gesetzgeber hat, um wirtschaftliche Pandemie-Schäden abzumildern, ein umfassendes »Maßnahmen-Paket« erlassen – darunter etwa mittelbare Finanzhilfen, die sogenannte »Gutscheinlösung« sowie vorübergehenden Änderungen des Insolvenzrechts.

Die »Gutscheinlösung« gründet sich dabei auf Art. 240 § 5 EGBGB. Die Regelung gilt für Musik-, Kultur-, Sport- oder sonstige Freizeitveranstaltungen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnten oder können. Voraussetzung ist, dass die Karten vor dem 8.3.2020 gekauft worden sind.

Einen Gutschein erhalten Sie dabei nicht automatisch. Sie müssen den Veranstalter zur Erstattung des von Ihnen gezahlten Betrags auffordern. Dies kann er für Tickets, die vor dem 8.3.2020 gekauft wurden, verweigern und stattdessen einen „Wertgutschein« anbieten.

Die Regelung ist rechtmäßig. Das grundgesetzlich garantierte Eigentumsrecht wird durch diese Regelung nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Zum einen greifen ausnahmsweise Härtefallregelungen (z.B. bei persönlicher Unzumutbarkeit, die hier aber nicht gegeben ist).

Zum andern ist das Verbraucherrecht auf Rückforderung nicht vollständig aberkannt: Die »Gutscheinlösung« gilt lediglich befristet. Die damit verbundene unentgeltliche Stundung soll bis 31.12.2021 gelten. Haben Sie den Wertgutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst, können Sie die Auszahlung des Wertes des Gutscheins vom Veranstalter verlangen.

Folge: Das Ehepaar muss den angebotenen Gutschein annehmen, eine Rückerstattung ist aktuell zulässigerweise ausgeschlossen.

AG München, Urteil vom 29.9.2020, 154 C 6021/20