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Doppelte Anforderungen an Beweislast des Arbeitnehmers bei Überstundenvergütung

Arbeitnehmer & Auszubildende 14. September 2022
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Andrey Popov / stock.adobe.com

Verlangt ein Arbeitnehmer die Bezahlung von Überstunden, muss er zum einen beweisen, dass er sie abgeleistet hat; zum andern, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet bzw. sie gebilligt hat.

Ein Auslieferungsfahrer war für ein Unternehmen fünf Jahre tätig. Dabei erfasste er seine Arbeitszeit mittels einer technischer Zeitaufzeichnung. Dieses System erfasste jeweils nur die Anfangs- und Endzeiten, zeichnete aber keine Pausenzeiten auf. Die Auswertung der Arbeitszeit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergab einen positiven Saldo in Höhe von 348 Stunden zugunsten des Mitarbeiters. Er klagte auf Abgeltung der Überstunden in Höhe von rund € 5.000,–.

Zur Begründung trug er pauschal vor, die gesamte Zeit gearbeitet zu haben, da Pausen aufgrund der vielen Auslieferungsaufträge grundsätzlich nicht möglich gewesen seien. Der Arbeitgeber bestritt dies und verweigerte die Zahlung unter anderem mit dem Hinweis, dass etliche Stunden für Essens- und Raucherpausen in Abzug gebracht werden müssten.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) vertritt seit dem Jahr 2013 die Auffassung, Mehrarbeit wird nur dann vergütet, wenn der Arbeitgeber sie angeordnet, gebilligt oder zumindest geduldet hat. Dies muss der Arbeitnehmer im Zweifel darlegen und beweisen. Ein pauschaler Verweis ist dafür nicht ausreichend. Vielmehr muss der Mitarbeiter substantiiert zu jeder einzelnen Überstunde vortragen.

Dann entschied der EuGH im Jahr 2019, zum Schutz der Arbeitnehmer müsse die tatsächlich geleistete Arbeitszeit erfasst werden. Die Mitgliedsstaaten wurden vom EuGH aufgefordert, die Arbeitgeber zu verpflichten, ein »objektives verlässliches und zugängliches Arbeitszeiterfassungssystem« einzuführen. Der effektive Schutz der Arbeitnehmer werde nur gewährleistet, wenn die tatsächlich geleistete Arbeitszeit erfasst und dokumentiert werde.

Der Rechtsstreit ging durch alle arbeitsgerichtlichen Instanzen bis zum BAG, das an seiner bisherigen Rechtsauffassung zur Beweislastverteilung festhielt. Somit ging der Arbeitnehmer hier leer aus. Denn er kam mit seinem pauschalen Vortrag seinen Beweisverpflichtungen nicht nach.

Das EuGH-Urteil ändert nach Auffassung der Richter am BAG daran nichts. Es trifft nur eine Aussage zur Pflicht zum Erfassen der Arbeitszeit, nicht die Frage der Vergütung. Darüber hinaus bindet das EuGH-Urteil nur die Mitgliedsstaaten als solche (hier: den deutschen Gesetzgeber, der noch nicht tätig wurde) und nicht direkt den einzelnen Arbeitgeber.

Fazit: Vorerst bleibt es dabei, dass die Beweislast im Prozess um Überstundenvergütung weiterhin beim Arbeitnehmer liegt.

BAG, Urteil vom 4.5.2022, 5 AZR 359/21 u.a.