Verkehrsunfall: So wickeln Sie Sach- und Personenschäden ab
Die Abwicklung eines Verkehrsunfalls ist nicht immer leicht. Es wird zwischen verschuldensabhängiger und verschuldensunabhängiger Haftung unterschieden.
Bei Bagatellschäden dient die Reparaturrechnung als Schadensnachweis. Bei höheren Schäden schalten Sie besser einen Sachverständigen ein. Haben Sie den Unfall mitverursacht, bekommen Sie nur einen prozentualen Anteil des Schadens ersetzt.
I. Haftungslage – wer ersetzt Ihnen den Schaden?
1.1. Der Unfallverursacher haftet
Derjenige, der einen Verkehrsunfall verursacht, haftet auch für den entstandenen Schaden. Allerdings ist im Verkehrsrecht die eine oder andere Besonderheit zu beachten. Zum einen gibt es häufig nicht nur den einen, der für alles verantwortlich ist, sondern mehrere Beteiligte, die alle irgendwie an dem Geschehen schuld sind.
Zum anderen existiert daneben auch eine verschuldensunabhängige Haftung, nämlich die sogenannte
Betriebsgefahr
. Hier haften Sie, ohne Schuld zu sein. Sie haften allein aus dem Grund, weil ein fahrendes Auto an sich gefährlich ist. Daher nennt man diese Haftung auch Gefährdungshaftung.
Sie haften also auch für einen Unfall, der aufgrund eines technischen Defekts der Servolenkung Ihres Fahrzeugs passiert.
Ausnahme: Können Sie als Unfallverursacher beweisen, dass der Unfall für Sie unabwendbar war, das heißt auch der sicherste Fahrer ihn nicht hätte vermeiden können, entfällt die Haftung aus der Betriebsgefahr.
Die Betriebsgefahr tritt außerdem in den Hintergrund, wenn ein anderer Unfallbeteiligter einen so eklatanten Verkehrsverstoß begeht, dass er den Unfall praktisch alleine zu verantworten hat.
Insbesondere wenn schwächere Verkehrsteilnehmer beteiligt sind, wie zum Beispiel Fahrradfahrer oder Fußgänger, haften Sie als Autofahrer immer. Anderes gilt nur, wenn ein Fall von
höherer Gewalt
gegeben ist (z.B. bei Naturkatastrophen wie Erdrutsche oder Lawinen oder einem Attentat auf das Fahrzeug).
Allerdings kommt auch immer ein Mitverschulden des schwächeren Verkehrsteilnehmers in Betracht. Kinder haften jedoch für ihre Beteiligung an Verkehrsunfällen erst ab ihrem 10. Lebensjahr.
Ein Fahrrad fahrendes 8-jähriges Kind nimmt Ihnen die Vorfahrt und kollidiert mit Ihrem Fahrzeug. Hier haften Sie sowohl für den eigenen Schaden als auch für den des Kindes.
Ausgenommen von diesem besonderen Haftungsprivileg sind lediglich vorsätzlich herbeigeführte Schäden, wie zum Beispiel Steinwürfe von Autobahnbrücken oder auch Schäden im ruhenden Verkehr, wenn das Kind zum Beispiel mit seinem Fahrrad gegen Ihr ordnungsgemäß geparktes Auto fährt. In solchen Fällen haftet das Kind entsprechend seiner Einsichtsfähigkeit.
Auch die Insassen in dem Fahrzeug, das den Unfall verursacht hat, haben gegen die Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Andererseits kann sie ebenso ein Mitverschulden treffen, wenn sie sich beispielsweise zum erkennbar betrunkenen Fahrer ins Auto gesetzt haben.
1.2. Wenn mehrere Unfallbeteiligte haften
Es wird gequotelt
Trifft nicht nur einen Fahrer die Alleinschuld, sondern gibt es mehrere Unfallverursacher, wird gequotelt. Das gilt
-
sowohl gegenüber
unschuldigen
Dritten -
sowie untereinander
-
und auch unabhängig davon, ob ein
echtes
Mitverschulden besteht (wenn z.B. das Auto in einer unübersichtlichten Kurve geparkt wurde) -
oder
nur
die Betriebsgefahr angerechnet wird (wenn z B. der Fahrer aufgrund eines Herzinfarktes bewusstlos wurde).
Als Geschädigter mit einer Mitschuld erhalten Sie bei einer solchen Konstellation nur einen prozentualen Anteil Ihres Schadens ersetzt. Der Teil, der Ihrem Mitverschulden entspricht, wird abgezogen. Umgekehrt trägt Ihre Versicherung den Schaden Ihres Unfallgegners in Höhe Ihres prozentualen Anteils an der Gesamtschuld.
Verkehrsunfall
Sie kommen auf einer nicht erkennbaren Ölspur ins Schleudern, wodurch ein anderer Fahrer zum Bremsen gezwungen wird. Wenn dessen Hintermann den nötigen Sicherheitsabstand nicht beachtet und auffährt, haftet dieser allein und die Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs spielt keine Rolle mehr.
Verkehrsunfall
Überschreiten Sie die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn um mehr als 20 km/h, fahren also mehr als 150 km/h, und kommt es zu einem Unfall mit einem langsameren, auf Ihre Spur wechselnden Fahrzeug, kann Ihr Schadensersatzanspruch gekürzt werden. In einem vergleichbaren Fall hatte das OLG Hamm einen Abzug von immerhin 25 % angenommen (OLG Hamm, Urteil vom 8.9.1999, 13 U 35/99, NZV 2000 S. 42).
Als Autofahrer müssen Sie sich also wie ein
Idealfahrer
verhalten, um sich im Fall der Fälle auf die Unabwendbarkeit des Unfallereignisses berufen zu können. Und ein Idealfahrer
hält sich stets an die Richtgeschwindigkeit (OLG Koblenz, Urteil vom 14.10.2013, 12 U 313/13, NZV 2014 S. 84).
Im Alltag existiert eine Vielzahl von Unfallkonstellationen mit den unterschiedlichsten Haftungsquoten. Auch Verkehrsrechtsspezialisten sind auf Fachliteratur und Beispiele aus der Rechtsprechung angewiesen, pauschale Aussagen sind kaum zu treffen. Daher sollten Sie sich insbesondere in komplexeren Fällen an einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwalt wenden.
Jeder haftet für alles
Unabhängig von ihrem jeweiligen Verschuldensanteil sind alle Verursacher eines Verkehrsunfalls sogenannte
Gesamtschuldner
. Das hat einen enormen Vorteil für den Geschädigten: So haben Sie die Wahl, an welche Person oder Versicherung Sie sich wenden. Denn jeder haftet im Verhältnis zu Ihnen als dem Geschädigten in vollem Umfang.
Auch wenn also die Haftungsanteile der Mitverursacher verschieden hoch sind, wird das nicht zu Ihrem Problem – klären müssen dies die Schädiger untereinander.
Wenden Sie sich trotzdem möglichst an den mutmaßlichen Hauptverursacher bzw. dessen Versicherung. Das spart Zeit und Aufwand für den Fall, dass sich später herausstellt, dass einer der anderen Mitschuldigen doch nicht haftet.
II. Was wird als Sachschaden ersetzt?
2.1. Was steht Ihnen zu?
Hier gilt: so viel, aber auch so wenig wie nötig. Auf der einen Seite sollen Sie das erhalten, was Ihnen zusteht. Auf der anderen Seite dürfen Sie sich als Folge des Unfalls nicht an der gegnerischen Versicherung bereichern. Es kommt daher stets auf den Einzelfall an, was Ihnen an Schadenspositionen zusteht. Um im konkreten Schadensfall Ihre Rechte wahren zu können und nichts zu vergessen, erhalten Sie daher in den folgenden Abschnitten einen Überblick über die wichtigsten Schadenspositionen.
Beachten Sie: Eventuelle Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung werden nicht auf den Ihnen zustehenden Schadensersatzanspruch angerechnet, Leistungen aus gesetzlichen Versicherungen hingegen schon (z.B. die von Ihrer Krankenversicherung getragenen Behandlungskosten).
Außerdem obliegt Ihnen eine Schadensminderungspflicht, das heißt, Sie müssen als Geschädigter dafür sorgen, dass ein Schaden abgewendet wird bzw. möglichst klein bleibt.
Ist Ihr Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt worden, dürfen Sie damit keine größeren Strecken mehr fahren, da dies zu weiteren Schäden führen kann. Auch in Ihrem eigenen Interesse sollten Sie daher umgehend eine Werkstatt aufsuchen. Sonst kann es schwierig werden, nachzuweisen, welche Schäden am Fahrzeug durch den Unfall und welche später entstanden sind.
2.2. Reparaturkosten
Entweder Sie lassen Ihr Fahrzeug reparieren ...
Die Reparaturkosten dürfen grundsätzlich dem entsprechen, was eine anerkannte Fachwerkstatt für die Instandsetzung verlangt. Das kann auch eine Markenwerkstatt sein (BGH, Urteil vom 29.4.2003, VI ZR 398/02, DAR 2003 S. 373; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2008, I U 246/07, DAR 2008 S. 523). Sie dürfen jedenfalls dann eine Markenwerkstatt beauftragen, wenn
-
das Unfallfahrzeug nicht älter als drei Jahre ist,
-
das Unfallfahrzeug zwar älter als drei Jahre ist, aber bislang immer in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet wurde (
scheckheftgepflegt
) bzw. schon bei einem vorherigen Unfallschaden in einer solchen Fachwerkstatt repariert wurde (BGH, Urteil vom 11.11.2015, IV ZR 426/14 ) oder -
die von der Versicherung benannte Werkstatt nur deshalb günstiger ist, weil bei ihr vertraglich vereinbarte Sonderkonditionen mit dem Versicherer des Unfallverursachers gelten (BGH, Urteil vom 20.10.2009, VI ZR 53/09, NJW 2010 S. 606).
Übrigens: Zu den Reparaturkosten zählt regelmäßig auch die Mehrwertsteuer; es sei denn, Sie sind vorsteuerabzugsberechtigt.
Bei einem Reparaturschaden ab ca. 750,00 € sollten Sie die gegnerische Versicherung auffordern, den Schaden begutachten zu lassen oder aber selbst einen Sachverständigen einschalten. Die Kosten sind vom Versicherer zu tragen. Bei kleineren Schäden genügt hingegen ein Kostenvoranschlag.
Ein von den Versicherungen oftmals vorgenommener Abzug
neu für alt
ist nicht immer zulässig. Bisweilen ist mit der Reparatur vor allem älterer Fahrzeuge eine Wertsteigerung verbunden (z.B. bei einer neuen Lackierung). Hier wird von den Versicherern in der Regel ein Abzug neu für alt
gemacht.
Einen solchen Abzug müssen Sie beispielsweise dann nicht hinnehmen, wenn Ihr Fahrzeug vor dem Unfall erst neu lackiert wurde. Dann stellt nämlich die neuerliche Lackierung insoweit keinen Mehrwert dar. Dasselbe gilt für alle notwendigen Teile, wie zum Beispiel Außenspiegel, und für alle Teile, an denen kein Verschleiß eintreten kann.
Wird ein Reifen durch den Unfall beschädigt, sodass er ersetzt werden muss, kann in aller Regel kein Abzug »neu für alt« erfolgen. Ausnahme: Der Reifen weist nur noch die Mindestprofiltiefe auf und hätte daher ohnehin bald ersetzt werden müssen (OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2012, I-9 U 5/12, NZV 2013, 247).
... oder Sie machen fiktive Reparaturkosten geltend
Es gibt die verschiedensten Gründe, warum man ein Auto nach einem Unfall nicht reparieren lassen möchte. Welche Gründe Sie haben, spielt keine Rolle: Ihnen steht es frei, zu wählen, ob Sie die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Reparatur geltend machen oder fiktive Kosten auf Basis eines Gutachtens oder eines Kostenvoranschlags.
Die fiktiven Reparaturkosten dürfen aber den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nicht übersteigen. Außerdem müssen Sie sich den Restwert des Fahrzeugs anrechnen lassen, wenn Sie das Fahrzeug nicht mindestens sechs Monate weiterbenutzen, sondern es zum Beispiel vorher weiterverkaufen (BGH, Urteil vom 20.4.2008, VI ZR 220/07, NZV 2008 S. 391).
Zudem sind bei der fiktiven Reparaturkostenabrechnung weitere Besonderheiten zu beachten. Beispielsweise können Sie keine Mehrwertsteuer, keine Nutzungsausfallentschädigung oder auch keine Mietwagenkosten ersetzt verlangen.
Auch ein noch so guter Sachverständiger kann die Reparaturkosten lediglich schätzen. Fallen sie tatsächlich höher als erwartet aus, beispielsweise wegen erst später entdeckter Schäden, dann muss die gegnerische Versicherung auch den höheren Betrag erstatten.
Verkehrsunfall
2.3. Neuwertentschädigung
Haben Sie sich gerade erst ein neues Auto gekauft und wird dieses bei einem Unfall beschädigt, so ist dies besonders ärgerlich. Liegt eine erhebliche Beschädigung Ihres Neufahrzeugs vor, steht Ihnen nicht nur ein Anspruch auf Reparatur der Schäden, sondern sogar eine Neuwertentschädigung zu (sogenannter unechter Totalschaden
).
In einem solchen Fall können Sie den vollen Neuwert des Fahrzeugs verlangen, um sich einen adäquaten Ersatz beschaffen zu können. Ihren alten Wagen müssen Sie im Gegenzug der Versicherung überlassen. Eine Abrechnung auf Neuwertbasis verlangt immer die tatsächliche Anschaffung eines neuen Fahrzeugs.
Beachten Sie: Zwischenzeitlich eingetretene Preiserhöhungen für ein Ersatzfahrzeug gehen nicht zulasten des Geschädigten. Erzielbare Rabatte werden dagegen angerechnet.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie lange ein Fahrzeug als Neuwagen gewertet wird. Hier gilt:
-
Sie müssen das Fahrzeug neu erworben haben, es darf also keine Vorbesitzer haben.
-
Die bisher gefahrene Strecke darf in der Regel nicht über 1000 km liegen (BGH, Urteil vom 9.6.2009, VI ZR 110/08, NJW 2009 S. 3022). In seltenen Fällen können auch Laufleistungen über 3000 km noch als neu eingestuft werden (z.B. kann durch die Reparatur der vorherige Zustand nicht annähernd erreicht werden).
-
Die Gebrauchsdauer des Fahrzeugs darf nicht mehr als acht Wochen betragen. Andernfalls wird es selbst dann nicht mehr als Neufahrzeug behandelt, wenn die Laufleistung unter 1000 km liegt.
2.4. Restwert, Totalschaden und Entsorgungskosten
Echter oder wirtschaftlicher Totalschaden
Bei einer starken Beschädigung eines Fahrzeugs kann unter Umständen ein Totalschaden vorliegen – entweder ein echter oder ein wirtschaftlicher. Letzteres ist dann der Fall, wenn die geschätzten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs übersteigen, eine Reparatur also aus wirtschaftlichen Erwägungen unvernünftig wäre. Konkret:
-
Technisch unmöglich: Ist das Fahrzeug infolge des Unfalls nur noch schrottreif, eine Reparatur schlicht unmöglich, erhält der Geschädigte als Ersatz den Wiederbeschaffungswert eines adäquaten Fahrzeugs abzüglich des Restwertes des
Schrotthaufens
. -
Wirtschaftlich unsinnig: Übersteigen die Reparaturkosten die Kosten für die Wiederbeschaffung um mehr als 30 %, kann von einem wirtschaftlichen Totalschaden ausgegangen werden. In diesem Fall werden die Reparaturkosten nur bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts ersetzt (BGH, Urteil vom 10.7.2007, VI ZR 258/06, NZV 2007 S. 564).
Entscheidend sind die tatsächlichen Reparaturkosten und nicht die vom Gutachter geschätzten. Voraussetzung für eine Leistung der Versicherung ist, dass Sie das reparierte Auto mindestens für weitere sechs Monate behalten (BGH, Urteil vom 22.4.2008, VI ZR 237/07, NZV 2008 S. 447).
Wie wird der Restwert des Fahrzeugs berücksichtigt?
Bei einem Totalschaden wird stets der sogenannte Restwert
des beschädigten Fahrzeugs angerechnet. Sie erhalten also eine Entschädigung abzüglich des Restwerts. Dieser ergibt sich regelmäßig aus dem Sachverständigengutachten.
Um die Erzielung des Restwerts müssen Sie sich nicht allein kümmern. Entweder der Sachverständige oder die Versicherung werden Ihnen in der Regel einen potenziellen Käufer für Ihr Unfallfahrzeug benennen. Andernfalls fragen Sie einfach nach.
Gelingt der Verkauf trotzdem nicht, brauchen Sie sich nur einen marktgerechten Wert anrechnen zu lassen (BGH, Urteil vom 30.5.2006, VI ZR 174/05, NZV 2006 S. 461). Sie müssen nicht selbst aufwendig recherchieren oder Ihr Fahrzeug über eine Internetbörse veräußern (BGH, Urteil vom 7.12.2004, VI ZR 119/04, NJW 2005 S. 357).
Erzielen Sie beim Verkauf Ihres Fahrzeugs einen überdurchschnittlichen Preis, der mit dessen Zustand nichts zu tun hat, dürfen Sie den Übererlös behalten – auch wenn der Gutachter einen geringeren Erlös angesetzt hatte.
Sie erhalten beim Neuwagenkauf einen höheren Restwert als Rabattleistung.
Das Gleiche gilt, wenn Sie beispielsweise aufgrund ausführlicher eigener (nachweisbarer) Recherchen einen Liebhaber für Ihren Wagen ausfindig gemacht haben und so einen guten Verkaufserlös erzielen konnten. Andernfalls müssen Sie sich die Differenz zu der vom Gutachter geschätzten Höhe anrechnen lassen.
Den Restwert müssen Sie sich auch dann abziehen lassen, wenn Sie das noch fahrtaugliche Fahrzeug unrepariert weiterbenutzen und den Wiederbeschaffungswert in Anspruch nehmen (BGH, Urteil vom 13.2.2007, VI ZB 39/06, NZV 2007 S. 293).
Anders sieht es dagegen aus, wenn Sie das fahrtaugliche, aber unreparierte Fahrzeug mindestens sechs Monate weiterbenutzen und die fiktiven, unter dem Wiederbeschaffungswert gebliebenen Reparaturkosten verlangen. Hier kann es Ihnen passieren, dass die gegnerische Versicherung Ihnen nur den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert zahlen will, weil sie damit günstiger wegkommt. Das brauchen Sie sich nicht gefallen zu lassen (BGH, Urteil vom 23.5.2006, VI ZR 192/05, NZV 2006 S. 459).
Wer zahlt die Entsorgungskosten?
Bei einer Entsorgung eines schrottreifen Unfallfahrzeugs können wegen der Altfahrzeug-Verordnung Entsorgungskosten in Höhe von ca. 100,00 € bis 400,00 € entstehen. Diese Kosten stellen ebenfalls einen ersatzfähigen Schaden dar, den Sie mithilfe des entsprechenden Entsorgungsnachweises geltend machen können.
2.5. Gutachten und Kostenvoranschlag
Entscheidend ist die Höhe des Schadens
Abhängig von der Höhe des Schadens an Ihrem Fahrzeug dürfen Sie ein Gutachten einholen und bekommen die anfallenden Sachverständigenkosten erstattet.
Bei einem nur geringfügigen Sachschaden reicht ein Kostenvoranschlag einer Fachwerkstatt völlig aus. Liegt der Sachschaden höher als ca. 1.000,00 €, können Sie einen Gutachter einschalten. Aber auch in diesem Fall sollten Sie zunächst eine grobe Einschätzung durch eine Fachwerkstatt veranlassen, damit Sie nicht Gefahr laufen, später auf den Sachverständigenkosten sitzen zu bleiben. Bei einer niedrigeren Schadenshöhe sollten Sie ein Gutachten nur nach Rücksprache mit der Versicherung in Auftrag geben.
Besteht die Versicherung ihrerseits auf einem Gutachter, lassen Sie sich dies am besten kurz schriftlich bestätigen. Verbraucherfreundliche Gutachter finden Sie beispielsweise über den Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V.
(www.bvsk.de) oder auch beim ADAC. Alternativ können Sie die Auswahl des Gutachters auch ganz der Versicherung überlassen – allerdings müssen Sie dann mit einem versicherungsfreundlichen
Gutachten rechnen.
Wenn auch die Haftungsfrage unklar ist
Ist nicht nur der Umfang des Schadens, sondern auch die Haftungsfrage unklar, dürfen Sie auch bei Bagatellschäden einen Sachverständigen zwecks Beweismittelsicherung einschalten.
Da aber beides – sowohl Schadenshöhe als auch Haftungslage – im Einzelfall knifflig sein kann, sollten Sie sich im Zweifelsfall vorab von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen.
Sie haben grundsätzlich das Recht, den Gutachter frei zu wählen. Einen von der Versicherung vorgeschlagenen müssen Sie nicht akzeptieren. Erstattungsfähig sind die allgemein üblichen
Gutachtergebühren.
In aller Regel können Sie eine Abtretungserklärung unterschreiben. Dann kann der Gutachter direkt mit der Versicherung abrechnen und Sie müssen sich darum nicht kümmern.
2.6. Abschlepp- und Standkosten
Ist Ihr Fahrzeug nicht mehr fahrbereit oder nicht mehr verkehrstauglich, muss es abgeschleppt werden. Dadurch entstehende Kosten stellen eine weitere Schadensposition dar, die die gegnerische Versicherung Ihnen in der Regel ersetzen muss. Ersatzfähig sind die Kosten für den Transport zur nächsten Werkstatt oder zum nächsten Schrottplatz.
Sie dürfen Ihr Fahrzeug auch zur Werkstatt Ihres Vertrauens bringen lassen. Sofern sich der Unfall in der Nähe Ihres Wohnortes ereignet hat, werden diese Kosten im Regelfall auch ersetzt. Bei größeren Entfernungen sollten Sie im Rahmen Ihrer Schadensminderungspflicht vorab mit der Versicherung Rücksprache halten.
Verkehrsunfall
2.7. Mietwagenkosten
Mietwagenkosten werden übernommen
Für die Dauer der Reparatur bzw. bis zur Lieferung eines Ersatzfahrzeugs haben Sie Anspruch auf einen Mietwagen. Die Kosten dafür hat die gegnerische Versicherung zu tragen. In der Regel müssen Sie die Kosten allerdings vorstrecken. Zwar sind die Mietwagenunternehmen teilweise bereit, bis zu vier Wochen auf ihr Geld zu warten. Können Sie die Angelegenheit bis dahin aber nicht klären und zahlt die Versicherung nicht, müssen Sie die Kosten erst einmal verauslagen.
Die Kosten für die Vollkaskoversicherung des Mietwagens sind von der Versicherung ebenfalls zu erstatten.
Höchstens für zwei bis drei Wochen
Nehmen Sie sich einen Mietwagen für die Dauer der Reparatur Ihres Fahrzeugs, so sollten Sie die Dauer von zwei bis drei Wochen nicht überschreiten. Sonst kann es Schwierigkeiten mit der Versicherung geben. Nur ausnahmsweise oder wenn die Versicherung es genehmigt hat, dürfen Sie diese Zeitspanne überschreiten. Gleiches gilt in der Regel, wenn Sie sich aufgrund eines Totalschadens einen Neuwagen beschaffen.
Insgesamt sind Sie als Geschädigter verpflichtet, die Dauer und damit die Mietwagenkosten so gering wie möglich zu halten (sogenannte Schadensminderungspflicht
). Im Zweifel kann es Ihnen auch zugemutet werden, den Unfallwagen zunächst nur notdürftig reparieren zu lassen oder sich ein Interimsfahrzeug zu besorgen.
Sind Sie nicht unbedingt auf ein Auto angewiesen, erweist sich die Nutzungsausfallentschädigung bisweilen als gute Alternative.
Wann sollten Sie besser auf Bus und Bahn umsteigen?
Fahren Sie nur wenig (ca. 15 bis 30 km) täglich, ist ein Mietwagen in der Regel zu teuer, da sogar Taxifahrten günstiger wären. Die Versicherung kann dann den Ersatz der Mietwagenkosten verweigern. Bus und Bahn, unter Umständen sogar das Taxi sind dann die bessere, weil günstigere, Alternative. Können Sie den Fahrbedarf jedoch nicht genau abschätzen oder benötigen Sie Ihr Fahrzeug aus beruflichen Gründen, so müssen Sie sich nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel verweisen lassen.
Seien Sie vorsichtig bei Unfallersatztarifen
Vorsicht bei Mietwagen zum Unfallersatztarif
, da dessen Kosten normalerweise über denen eines Normaltarifs
liegen. Grundsätzlich haben Sie zwar Anspruch auf ein im Verhältnis zum Unfallfahrzeug angemessenes Ersatzauto. Allerdings müssen Sie auch hierbei die Kosten so niedrig wie möglich halten.
Auch wenn Ihnen ein Mietwagen zum Unfallersatztarif
geradezu aufgedrängt wird, haben Sie die Pflicht sich nach einer günstigeren Alternative im Normal- oder Selbstzahlertarif zu erkundigen (BGH, Urteil vom 23.1.2007, VI ZR 18/06, NZV 2007 S. 232).
Zudem besteht auch aufseiten des Mietwagenunternehmens eine Hinweispflicht, dass es noch andere Tarife gibt (BGH, Urteil vom 10.1.2007, XII ZR 72/04, NZV 2007 S. 236) und dass es unter Umständen zu Regulierungsschwierigkeiten mit der Versicherung kommen kann, wenn Sie den Unfallersatztarif wählen (BGH, Urteil vom 21.6.2006, XII ZR 50/04, NJW 2006 S. 2618).
Aufwendige Recherchen oder Marktanalysen werden von Ihnen allerdings nicht verlangt (BGH, Urteil vom 7.5.1996, a-fehlt, NJW 1996 S. 1958). Grundsätzlich gilt das Preisniveau an dem Ort, an dem das Mietfahrzeug angemietet und übernommen wird (BGH, Urteil vom 11.3.2008, VI ZR 164/07, NZV 2008 S. 339).
Anhaltspunkte für den richtigen Tarif sind der Schwacke-Mietpreisspiegel (BGH, Urteil vom 9.3.2010, VI ZR 6/09, NJW 2010 S. 2569) oder der des Fraunhofer Instituts (BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, NZV 2009 S. 24). Da innerhalb der Rechtsprechung unterschiedliche Meinungen zu den beiden Mietpreisspiegeln existieren, wird inzwischen immer häufiger der Mittelwert aus beiden angesetzt.
Den Schwacke-Mietpreisspiegel finden Sie im Internet unter www.schwacke.de – hier sind Einzelabfragen kostenpflichtig möglich. Der Mietpreisspiegel des Fraunhofer Instituts kann online unter www.mietwagenspiegel.iao.fraunhofer.de ebenfalls kostenpflichtig bestellt werden.
Wenn die Versicherung den Rotstift ansetzt
Bei einem groben Missverhältnis zwischen Reparatur- und Mietwagenkosten wird der Erstattungsbetrag von der Versicherung oftmals gekürzt (wenn z.B. das Unfallfahrzeug ein Mittelklasse-Kleinwagen ist, der Mietwagen aber ein Sportwagen der Oberklasse sein soll). Dies ist aber nicht in jedem Fall eines solchen Missverhältnisses zulässig; etwa dann nicht, wenn Sie vor einer unaufschiebbaren Urlaubsreise stehen. Ebenso müssen Kürzungen hingenommen werden, wenn es möglich ist, etwaige Mietwagen-Sondertarife zu erhalten.
2.8. Nutzungsausfall
Nutzungsausfallentschädigung statt Mietwagen
Können Sie infolge des Unfallschadens Ihr Fahrzeug für die Dauer der Reparatur oder bis zur Lieferung eines Neufahrzeuges nicht nutzen, steht Ihnen statt (nicht zusätzlich) etwaiger Mietwagenkosten der sogenannte Nutzungsausfall
zu.
Die Bemessung der exakten Höhe richtet sich nach den Tabellen von Sanden-Danner, ohne dass Sie extra Nachweise dafür erbringen müssten. Diese Tabellen werden täglich aktualisiert und enthalten detaillierte Tagessätze für alle Fahrzeugarten (z.B. Pkw, Geländewagen, Transporter, Kraftfahrzeuge, Wohnmobile und auch Fahrräder) – ein Blick in Ihren Fahrzeugschein genügt also.
Wird ein Gutachten gefertigt, sollte dort neben dem Wiederbeschaffungswert auch schon die Höhe einer eventuell anfallenden Nutzungsausfallentschädigung sowie die einschlägige Fahrzeugklasse vermerkt sein.
Es gibt allerdings noch ein paar Besonderheiten beim Nutzungsausfall, die Sie kennen sollten:
-
Ein Anspruch auf Nutzungsausfall besteht auch dann, wenn Sie kein Ersatzfahrzeug anschaffen (KG Berlin, Urteil vom 1.3.2004, 12 U 96/03, DAR 2004 S. 352).
-
Sind Sie etwa wegen einer Urlaubsreise oder aufgrund der Unfallfolgen nicht in der Lage, Ihr Fahrzeug zu nutzen, bekommen Sie auch keinen Nutzungsausfall erstattet. Ausnahme: Eine andere Person benutzt das Fahrzeug ebenfalls regelmäßig (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.6.1994, 3 U 203/92, DAR 1995 S. 23).
-
Nutzungsausfall wird ausnahmsweise auch für einen langen Zeitraum gewährt (BGH, Urteil vom 18.12.2007, VI ZR 62/07, r+s 2008 S. 82). Dies setzt jedoch besondere Umstände voraus, etwa wenn die Kosten für ein Interimsfahrzeug vergleichbar wären. Im Zweifel sollten Sie sich bei der gegnerischen Versicherung erkundigen, was von dieser noch akzeptiert und was nicht mehr erstattet wird.
Insbesondere, wenn Sie Nutzungsausfall über einen längeren Zeitraum geltend machen wollen, ist ein Rechtsrat vom fachkundigen Anwalt vorteilhaft.
Nutzungsausfall – in welcher Höhe?
Ist Ihr Fahrzeug nicht älter als fünf Jahre, steht Ihnen Nutzungsausfall in voller Höhe zu.
Ältere Autos werden für gewöhnlich in die nächstniedrigere Gruppe der Tabelle eingestuft, was grundsätzlich auch zulässig ist (BGH, Urteil vom 25.1.2005, VI ZR 112/04, NJW 2005 S. 1044).
Bei erheblich älteren Fahrzeugen (also 10 Jahre und mehr), die zudem auch noch Mängel aufweisen, richtet sich der Nutzungsausfall nach den sogenannten
Vorhaltekosten
, die Sie ebenfalls den oben genannten Tabellen entnehmen können.
Bei einem alten, aber sehr gut erhaltenen und insbesondere mangelfreien Fahrzeug können ausnahmsweise die doppelten Vorhaltekosten beansprucht werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.5.1990, 15 U 179/89, r+s 1990 S. 376).
Nutzungsausfallwert und Vorhaltekosten für Ihr Fahrzeug erfahren Sie telefonisch unter folgenden Nummern:
Service-Telefon von Eurotax-Schwacke Tel.: 0900/50032222 ( 1,99 €/min) montags bis freitags zwischen 8 und 17 Uhr |
ADAC-Unfallservice Tel.: 0180/5101112 ( 0,14 €/min im Festnetz) rund um die Uhr; für ADAC-Mitglieder. |
2.9. Merkantiler Minderwert
Merkantiler Minderwert als eigene Schadensposition
Der sogenannte merkantile Minderwert
beschreibt den Umstand, dass Sie auch nach erfolgreich durchgeführter Reparatur einen Unfallwagen Ihr Eigen nennen. Auf diesen Umstand müssen Sie im Falle eines Verkaufs hinweisen, was regelmäßig zu einer Minderung des zu erzielenden Kaufpreises im Verhältnis zum aktuellen Marktwert führt. Daher ist dieser Wertverlust eine separate Schadensposition. Voraussetzung ist, dass die Schadenshöhe insgesamt die Bagatellgrenze von etwa 750,00 € deutlich überschreitet und das schadhafte Teil sich auch nicht durch ein Neuteil ersetzen lässt (z.B. durch einen Kotflügel).
Außerdem gibt es den merkantilen Minderwert in der Regel nur, wenn
-
das Fahrzeug nicht älter als fünf Jahre ist,
-
die Fahrleistung nicht über 100000 km liegt und
-
das Fahrzeug bisher unfallfrei geblieben ist.
Aufgrund der Tatsache, dass moderne Fahrzeuge inzwischen recht langlebig sein können, sind die genannten Grenzen nicht in Stein gemeißelt
, sondern dienen lediglich als Orientierungshilfe. In begründeten Einzelfällen kann durchaus davon abgewichen werden.
So berechnet sich der merkantile Minderwert
Um den merkantilen Minderwert zu berechnen, gibt es viele teilweise recht unterschiedliche Berechnungsmethoden. Bislang konnte sich die Rechtsprechung noch nicht auf eine bestimmte Methode einigen. In der Praxis wird oftmals die Methode Halbgewachs/Berger
angewandt.
Geraten Sie mit der gegnerischen Versicherung über die Höhe des merkantilen Minderwerts in Streit, berufen Sie sich daher am besten auf die Berechnung
Halbgewachs/Berger
(auch Hamburger Modell
genannt):
Zunächst benötigen Sie den Kilometerstand Ihres Wagens zum Unfallzeitpunkt. Dann müssen Sie aus der Reparaturrechnung für Ihr Fahrzeug die minderwerterheblichen Reparaturkosten herausrechnen. Im Zweifel können hier 2/3 des Rechnungsbetrages angenommen werden. Dann können Sie die Wertminderung wie folgt ermitteln:
Bei einer Laufleistung bis
können Sie von einem Minderwert von (...) Prozent der
minderwerterheblichen Reparaturkosten ausgehen.20000 km
30 %
50000 km
20 %
75000 km
15 %
100000 km
10 %
Viele Gerichte bedienen sich auch der Methode nach
Ruhkopf/Sahm
, deren Berechnungsmethode aber etwas komplizierter ausfällt.
Auch hier ist es durchaus ratsam, sich von einem in Verkehrsrecht versierten Anwalt beraten zu lassen.
2.10. Finanzierungskosten
Aufgrund eines Verkehrsunfalls können – zumindest vorläufig – hohe Kosten auf einen am Unfall Beteiligten zukommen. So müssen Sie nicht selten die Reparatur-, Mietwagen- oder Anwaltskosten vorstrecken. Fehlt Ihnen hierzu das nötige Kleingeld
und ist auch keine Stundung der Rechnung oder Abtretungserklärung möglich, bleibt Ihnen im schlimmsten Fall nichts anderes übrig, als ein Darlehen aufzunehmen. Dies sollte allerdings der letzte Ausweg sein, wenn beispielsweise auch die Versicherung keine Vorschusszahlung erbringen will.
Sofern Sie im Fall der Fälle
Ihre Schadensminderungspflicht beachten und die günstigste Kreditart wählen, haben Sie einen Anspruch auf Erstattung der Finanzierungskosten – also der Zinsen. Eine einfache Nachfrage bei Ihrer Bank reicht hier völlig aus, aufwendige Recherchen nach der günstigsten Kreditvariante müssen Sie nicht durchführen.
Im Falle einer klaren Haftungslage ist die Abtretung Ihrer Ansprüche an die Werkstatt eine gute Möglichkeit, die eigene Geldbörse zu schonen und keinen Kredit aufnehmen zu müssen.
Im Einzelfall kann eine Finanzierung aufgrund Ihrer Schadensminderungspflicht sogar geboten sein. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Finanzierungskosten geringer ausfallen als eine Nutzungsausfallentschädigung, weil durch die Inanspruchnahme eines Kredits die reparaturbedingte Ausfallzeit des Fahrzeugs verkürzt wird (LG Koblenz, Urteil vom 19.11.2007, 5 O 351/07 ).
2.11. Kleidung und andere mitgeführte Gegenstände
Gegenstände, die durch einen Verkehrsunfall Schaden erleiden, verloren gehen oder gar gestohlen werden, müssen vom Unfallverursacher bzw. von dessen Versicherung ersetzt werden.
In erster Linie sind das Dinge, wie das Autoradio, Navigationsgerät, Kleidung, Mobiltelefon, Brille, Hörgerät, Schmuck – aber auch Einkäufe. Letztendlich sind all die Dinge, die typischerweise im Auto transportiert werden, ersatzfähig (LG Coburg, Urteil vom 24.7.2008, 32 S 39/08 ). Das schließt aber beispielsweise die ausnahmsweise mitgeführte Luxus-Stereoanlage ebenso aus wie alle anderen
atypischenGegenstände.
Für die Sachen, die einem gewissen Verschleiß unterliegen, erhalten Sie regelmäßig den Zeitwert ersetzt.
2.12. Rückstufungsschaden
Es gibt Konstellationen, bei denen es sinnvoll oder einfach nur bequemer und schneller ist, die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, als sich an die Versicherung des Unfallgegners zu wenden. Insbesondere in Fällen eines Mitverschuldens sollten und dürfen Sie direkt an Ihre eigene Kaskoversicherung herantreten (BGH, Urteil vom 26.9.2006, VI ZR 247/05, NZV 2007 S. 30).
Die Inanspruchnahme der eigenen Versicherung zieht aber nicht selten eine Höherstufung oder einen Rabattverlust nach sich, in dessen Folge man über viele Jahre höhere Prämien zahlen muss. Dieser Rückstufungsschaden ist ebenfalls von der gegnerischen Versicherung zu ersetzen.
Auch bei der Geltendmachung eines Rückstufungsschadens gilt die Schadensminderungspflicht. Steht der Rückstufungsschaden in keinem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum eigentlichen Sachschaden an Ihrem Fahrzeug, muss er von der gegnerischen Versicherung nicht ersetzt werden. Jedenfalls wenn der Rückstufungsschaden höher als der eingetretene Sachschaden ausfällt, kommt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht in Betracht.
2.13. Sozialversicherungsbeiträge
Wenn Sie aufgrund des Unfalls für eine längere Zeit keine Sozialversicherungsbeiträge einzahlen können (z.B. wegen eines längeren Krankenhausaufenthalts), müssen Sie später mit einer Minderung der Sozialleistungen rechnen, insbesondere einer Rentenminderung. Dieser Schaden muss ebenfalls von der gegnerischen Versicherung ausgeglichen werden.
2.14. Wiederbeschaffungskosten
Im Falle eines Totalschadens kommt für den Geschädigten regelmäßig die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs in Betracht. Daher sind auch die mit dem Neuerwerb einhergehenden Wiederbeschaffungskosten erstattungsfähig. Darunter fallen all diejenigen Kosten, die zur Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlich sind. Es handelt sich dabei keineswegs um den Zeitwert, den Sie bei Verkauf des Fahrzeugs vor dem Unfall erzielt hätten. Es wird vielmehr der Zeitwert zum Zeitpunkt des Unfalls plus ca. 15 % zugrunde gelegt.
Um einen sicheren Anhaltspunkt zu haben und es gleichzeitig nicht unnötig kompliziert zu machen, halten sich Sachverständige grundsätzlich an die Werte aus der Schwacke-Liste . Im Einzelfall kann jedoch eine Erhöhung oder Reduzierung dieser Standardwerte notwendig sein, wenn etwa das Unfallfahrzeug eine vergleichsweise geringe oder aber hohe Laufleistung aufweist. Im Wiederbeschaffungswert inbegriffen ist bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten auch die Mehrwertsteuer.
2.15. Ummeldung
Im Zuge der Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges fallen zusätzliche Kosten und Gebühren an, etwa für die Abmeldung des alten und die Anmeldung des neuen Fahrzeugs sowie für neue Nummernschilder.
Ersatzfähig sind ausschließlich die tatsächlich anfallenden Kosten, eine fiktive Abrechnung ist hierbei also ausgeschlossen. Ohne Vorlage von Belegen erstatten die Versicherungen Pauschalbeträge in Höhe von ca. 50,00 €. Haben Sie mehr ausgegeben, müssen Sie die entsprechenden Belege einreichen.
Auch die inzwischen üblicherweise erhobenen Ummeldepauschalen von teilweise 75,00 € können gerechtfertigt und damit erstattungsfähig sein (OLG Stuttgart, Urteil vom 6.10.1999, 4 U 73/99, DAR 2000 S. 35).
2.16. Mehrwertsteuer
Auch die Mehrwertsteuer ist ein Posten, der auf Ihrer Liste mit Schadensersatzansprüchen auftauchen sollte. Eine Ausnahme gilt allerdings dann, wenn Sie
-
auf Gutachtenbasis abrechnen (sogenannte
fiktive Abrechnung
), -
vorsteuerabzugsberechtigt sind oder
-
bei einem wirtschaftlichen Totalschaden auf Wiederbeschaffungsbasis abrechnen, aber kein Ersatzfahrzeug anschaffen (BGH, Urteil vom 20.4.2004, VI ZR 109/03, NJW 2004 S. 1943).
Schaffen Sie im letztgenannten Fall hingegen ein Ersatzfahrzeug an, ist die Mehrwertsteuer ersatzfähig, sofern sie auf der Rechnung ausgewiesen ist (BGH, Urteil vom 18.5.2004, VI ZR 267/03 ).
2.17. Rechtsanwalt
Als Geschädigter eines Verkehrsunfalls haben Sie generell das Recht, einen Rechtsanwalt einzuschalten und sich von diesem beraten und vertreten zu lassen. Das Anwaltshonorar muss die Versicherung des Unfallverursachers übernehmen. Eine Ausnahme besteht nur für sogenannte
Bagatellfälle
, in denen es eindeutig ist, wer in welcher Höhe haftet.
Sofern Sie in einem solchen einfach gelagerten Fall aus anderen Gründen auf einen Rechtsbeistand angewiesen sind, muss Ihnen die gegnerische Versicherung auch in einem solchen Fall die Anwaltskosten erstatten. Ihr angeschlagener Gesundheitszustand kann Sie beispielsweise in eine solche Situation bringen.
2.18. Kostenpauschale
Zu den bisher aufgezählten Einzelpositionen, aus denen der Ihnen entstandene Schaden bestehen kann, kommen im Alltag noch einige andere, meist kleinere Punkte. Zu nennen wären hier beispielsweise Geld für Briefporto, Telefonate oder Kopien. Auch ohne entsprechende Nachweise erstatten die Versicherer eine Kostenpauschale von ca. 20,00 € bis 25,00 € (OLG Celle, Urteil vom 9.9.2004, 10 U 32/04, NJW-RR 2004 S. 1673).
Sie geben eine Zeitungsanzeige auf, um Unfallzeugen ausfindig machen zu können. Auch diese Kosten muss die gegnerische Versicherung übernehmen (LG Mönchengladbach, Urteil vom 5.11.2003, 5 T 517/3, NJW-RR 2004 S. 432).
Sind Ihnen tatsächlich höhere Kosten entstanden, so sind auch diese erstattungsfähig, sofern Sie dies belegen können. Sammeln Sie deshalb unbedingt Ihre Quittungen!
III. Was wird als Personenschaden ersetzt?
3.1. Was tun, wenn Sie verletzt wurden?
Haben Sie durch einen Verkehrsunfall Verletzungen davongetragen, sollten Sie sich auf jeden Fall in die Hände eines fachkundigen Rechtsanwalts begeben. Denn die wesentlichen Ansprüche wie Verdienstausfall und Unterhaltsschaden zu berechnen, ist für einen Laien viel zu kompliziert.
Dennoch ist es sehr wichtig, dass Sie die grundlegenden Begrifflichkeiten kennen. Nur dann wissen Sie, auf was es ankommt, und können an der einen oder anderen Stelle nachfragen, selbst wenn Ihr Anwalt die Sprache nicht darauf bringen sollte.
Auch wenn der Schock nach einem Unfall meist groß ist, Sie sollten den Unfall umgehend, spätestens aber innerhalb einer Woche, Ihrer Kfz-Versicherung melden. Sonst kann es passieren, dass die Versicherung von ihrer Leistung frei wird, d.h. den Schaden nicht ersetzen muss. Was Sie im Einzelnen zu beachten haben, entnehmen Sie bitte unseren Sofortmaßnahmen bei Verkehrsunfällen.
3.2. Behandlungskosten
Die Heilungskosten, also die unmittelbaren Behandlungskosten und die sogenannten vermehrten Bedürfnisse
, wie zum Beispiel orthopädische Hilfsmittel, Diäten oder Pflegepersonal, werden nur ersetzt, soweit sie nicht von einer Krankenkasse oder einer anderen Stelle übernommen werden.
Auch im Rahmen von Personenschäden gilt eine Schadensminderungspflicht des Geschädigten. Als Kassenpatient dürfen Sie daher nicht ohne Weiteres privatärztliche Zusatzleistungen vereinbaren. Nur wenn diese aus medizinischen Gründen zwingend erforderlich sind, werden solche Zusatzleistungen erstattet (BGH, Urteil vom 6.7.2004, VI ZR 266/03, NJW 2004 S. 3324).
Nach einer HWS-Verletzung können auch Kosten für eine ärztlich verordnete Akupunktur zur Schmerzlinderung erstattungsfähig sein.
Prinzipiell ersatzfähig sind Kosten für:
-
Ärzte und Behandlungen,
-
Krankenhausaufenthalte,
-
Arzneimittel,
-
Kuren,
-
künstliche Glieder oder Prothesen,
-
erforderliche kosmetische Operationen sowie
-
Fahrten zu ärztlichen Behandlungen.
Beachten Sie: Nicht nur Ihre eigenen Fahrt- und Übernachtungskosten sind zu ersetzen, sondern auch die für Krankenbesuche nächster Angehöriger oder nicht ehelicher Lebenspartner. Sogar Kosten für einen Babysitter können erstattungsfähig sein, wenn zum Beispiel eine junge Mutter ihren verletzten Partner besucht und ihr Kind nicht anderweitig versorgen lassen kann.
Da Sie jedoch nicht arbeiten können, während Sie Ihren Angehörigen besuchen oder auf der Fahrt dorthin, sie sich eventuell sogar Urlaub nehmen müssen und auch etwas zu essen und zu trinken brauchen, können Sie Ihren Verpflegungsaufwand sowie etwaigen Verdienstausfall geltend machen. Allerdings müssen Sie das entsprechend begründen und mittels tauglichen Nachweisen belegen.
Der nachfolgenden Aufstellung ist zu entnehmen, was alles ersatzfähig ist, wenn Sie aufgrund eines verletzungsbedingten Dauerschadens vermehrte Bedürfnisse haben:
-
Mehraufwendungen für medizinische Hilfsmittel (z.B. orthopädische Schuhe),
-
Anschaffungs-, Betriebs- und Sonderkosten für einen Pkw,
-
der behindertengerechte Umbau einer Wohnung oder eines Hauses,
-
medizinisch erforderliche Kuren,
-
Kosten für ständige ärztliche Kontrolle,
-
Kosten für die Pflege durch eine Haushaltshilfe oder Krankenschwester,
-
unfallbedingte Pflegekosten,
-
besondere Stärkungsmittel,
-
Massagen oder Gymnastik,
-
Diät und
-
Kosten für Privatunterricht.
Im Regelfall erhalten Sie für solche Dinge von der gegnerischen Versicherung eine Geldrente, also regelmäßige Zahlungen. Kann der Mehrbedarf durch eine erstmalige Anschaffung, zum Beispiel einen Rollstuhl, oder durch den Umbau des Wohnbereichs gedeckt werden, kann auch ein einmaliger Betrag gezahlt werden. Dieses Geld ist grundsätzlich nicht zweckgebunden, sodass Sie es auch für andere Zwecke verwenden dürfen.
Haben Sie einen Selbstbehalt mit Ihrer Versicherung vereinbart, also einen bestimmten Pauschalbetrag, den Sie auf jeden Fall selbst leisten müssen, so können Sie diesen ebenfalls ersetzt verlangen. Dies gilt in gleichem Maße auch für Leistungsgrenzen der Sozialversicherungsträger.
Abgesehen von den eigentlichen Kosten der Heilbehandlung haben Sie außerdem einen Anspruch auf Ersatz der damit verbundenen Kosten, wie zum Beispiel für das Telefon am Krankenbett oder für Trinkgelder an das Pflegepersonal. Aber auch hier dürfen Sie nicht über das Ziel hinausschießen, denn alles, was über das normale Maß
hinausgeht, wird von den Versicherern nicht erstattet oder zumindest in Zweifel gezogen.
3.3. Verdienstausfall
Sind Ihre Verletzungen so schlimm, dass Sie eine Zeit lang nicht arbeiten gehen können, kann es je nach Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu Gehaltseinbußen kommen. Soweit Ihr Verdienstausfall nicht mehr durch Lohnfortzahlung Ihres Arbeitgebers, der Krankenkasse, der Berufsgenossenschaft, der Rentenversicherung oder andere Stellen gedeckt wird, muss die gegnerische Versicherung einspringen.
Zum Verdienstausfall zählen neben Ihrem eigentlichen Einkommen unter Umständen auch folgende Leistungen:
-
Urlaubsgeld,
-
Weihnachtsgeld,
-
Bonuszahlungen,
-
Überstundenentgelt,
-
Treueprämien,
-
steuerfreie Spesen,
-
Auslösungen,
-
Trennungsentschädigungen (soweit sie nicht tatsächlich für höhere Aufwendungen verwendet wurden),
-
entgangene Trinkgelder und der
-
Eigenanteil beim privaten Hausbau.
Leistungen aus privaten Lebens- und Unfallversicherungen werden auch hierbei nicht zugunsten der gegnerischen Versicherung berücksichtigt.
Haben Sie infolge des Unfalls eine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit erlitten, steht Ihnen ein Anspruch auf Zahlung einer Verdienstausfallrente zu. Diese beziehen Sie dann für den Zeitraum, den Sie voraussichtlich gearbeitet hätten. Maßgeblich ist hierbei regelmäßig das voraussichtliche Renteneintrittsalter.
Letztlich sind stets die individuellen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. So spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob Sie Ihren Beruf unfallbedingt nicht mehr ausüben können und deshalb eine Umschulung brauchen, ob Sie arbeitslos geworden sind durch den Verkehrsunfall oder ob Sie zum Beispiel Ihr Examen verschieben mussten. Im Zweifelsfall verlangt die zahlungspflichtige Versicherung die Anfertigung eines Gutachtens über den Dienstausfall – oftmals bei Selbstständigen, je nach Konstellation aber auch bei Angestellten.
3.4. Schmerzensgeld
Wie wird Schmerzensgeld berechnet?
Wenn Sie beim Unfall verletzt wurden, können Sie nicht nur die Erstattung der Behandlungskosten verlangen, sondern zusätzlich noch die Zahlung eines Schmerzensgeldes. Dies muss Ihnen auch dann gewährt werden, wenn Ihre medizinische Behandlung reibungslos verläuft und Sie hinterher wieder vollständig gesund sind. Lediglich bei reinen Bagatellverletzungen (z.B. Schürfwunden oder ein leichtes Schleudertrauma) wird regelmäßig kein Schmerzensgeld gezahlt.
Die Höhe Ihres Schmerzensgeldanspruchs richtet sich nach verschiedenen Kriterien, insbesondere nach
-
der Schwere der erlittenen Verletzungen,
-
der Dauer des Krankenhausaufenthaltes,
-
der unfallbedingten Beeinträchtigung,
-
der Dauer der Arbeitsunfähigkeit,
-
der Erwerbsfähigkeit und
-
dem Grad einer eventuellen Invalidität.
Aber auch Alter, Beruf und Geschlecht spielen eine wichtige Rolle.
In aller Regel erhalten Sie das Schmerzensgeld als einmalige Zahlung, regelmäßige bzw. Rentenleistungen gibt es nur bei schwerwiegenden dauerhaften Schädigungen.
Wer kann Schmerzensgeld beanspruchen?
Grundsätzlich steht nur dem Geschädigten selbst ein Schmerzensgeldanspruch zu.
Der Anspruch auf Schmerzensgeld ist allerdings vererblich, selbst wenn zu Lebzeiten des Anspruchsinhabers kein Schmerzensgeld gefordert und dies erst durch die Erben veranlasst wurde.
Unter Umständen können auch Familienangehörige oder nahe Verwandte ihrerseits Schmerzensgeld verlangen, etwa wegen der Trauer und dem Schmerz über den Tod des nahen Angehörigen. Als Ausnahmeregelung wird dies aber eher selten gewährt, sodass jede Befindlichkeit davon erfasst wird.
Ein Schmerzensgeldanspruch der Angehörigen kann bei massiven psychischen Beeinträchtigungen wie anhaltenden Depressionen bestehen, etwa nach dem Unfalltod des eigenen Kindes.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein eigener Anspruch auf Schmerzensgeld gegeben ist, kommt es insbesondere darauf an, ob die Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des betreffenden Angehörigen an dem Unfall oder das unmittelbare Miterleben des Unfalls zurückzuführen oder aber auf den Erhalt der Nachricht über den Unfall ausgelöst worden sind (BGH, Urteil vom 27.1.2015, VI ZR 548/12, NJW 2015 S. 1451).
Trifft Sie ein Mitverschulden am Unfall oder bestand eine gesundheitliche Vorschädigung, kann der Schmerzensgeldanspruch gekürzt werden (BGH, Urteil vom 5.11.1996, VI ZR 275/95, NZV 1997 S. 69).
Eine bereits bestehende Knieschädigung wird durch den Unfall verschlimmert.
3.5. Haushaltsführungsschaden
Wenn Sie den Alltag nicht mehr allein bewältigen können
Sind die erlittenen Verletzungen so gravierend, dass Sie als Geschädigter ohne fremde Hilfe Ihren Haushalt nicht mehr führen können, haben Sie Anspruch auf Ersatz des sogenannten Haushaltsführungsschadens
. Das gilt selbst dann, wenn gar keine Haushaltshilfe engagiert wird, sondern beispielsweise Familienmitglieder helfen.
Auch alleinlebenden Personen steht generell ein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens zu (BGH, Urteil vom 25.9.1973, VI ZR 49/72, NJW 1974 S. 41; KG Berlin, Urteil vom 4.12.2006, 12 U 119/05, MDR 2007 S. 887). Dieser erhöht sich nach oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung bei Personen, die in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben, nicht, da hier keine Unterhaltspflicht gegenüber dem Partner besteht (KG Berlin, Urteil vom 26.7.2010, 12 U 77/09, MDR 2010 S. 1460).
Die Berechnung ist nicht einheitlich
Fraglich ist oftmals, in welcher Höhe der Ersatzanspruch besteht. Wird eine Haushaltshilfe eingestellt, so sind die dadurch anfallenden Kosten von der gegnerischen Versicherung zu ersetzen, soweit diese Kosten auch tatsächlich erforderlich sind.
Wird keine fremde Hilfe in Anspruch genommen, können für die Berechnung der Schadensersatzhöhe ungefähr 7,50 € bis 10,00 € pro Stunde veranschlagt werden. Es gibt dazu sehr unterschiedliche Rechtsprechung (u.a. OLG Naumburg, Urteil vom 21.3.2014, 10 U 1750/13, NZV 2014 S. 577), sodass keine exakten Vorgaben gemacht werden können, sondern jeder Einzelfall für sich bewertet werden muss.
In diesen Fällen sollten Sie sich an einen auf Verkehrsunfälle spezialisierten Rechtsanwalt wenden.
Hinsichtlich der veranschlagten Stundenanzahl müssen entsprechende Nachweise erbracht werden. Orientieren kann man sich dabei an den entsprechenden Tabellen (z.B. in Der Haushaltsführungsschaden
von Schulz-Borck/Pardey.
3.6. Unterhaltsschaden
Im Falle des Todes des Unfallopfers haben diejenigen Personen, die Unterhaltsansprüche gegen den Getöteten hatten, einen entsprechenden Schadensersatzanspruch gegen die Versicherung des Unfallverursachers. Berechtigt sind grundsätzlich
-
Ehegatten,
-
eheliche und nicht eheliche Kinder sowie
-
die Eltern des Verstorbenen.
Die Berechnung der exakten Schadensersatzhöhe gestaltet sich leider sehr kompliziert, sodass der Gang zum Anwalt dringend angeraten ist.
Eine eventuelle Erbschaft (BGH, Urteil vom 15.1.1953, VI ZR 46/52, NJW 1953 S. 618) oder auch die Auszahlung einer Lebensversicherung (BGH, Urteil vom 19.12.1978, VI ZR 218/76, NJW 1979 S. 760) sind nicht auf den Unterhaltsschadensersatzanspruch anzurechnen. Allerdings besteht auch in diesem Bereich eine Schadensminderungspflicht, sodass der Unterhaltsberechtigte beispielsweise einer Erwerbstätigkeit nachgehen muss, sofern möglich. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, wird ihm ein fiktives Arbeitseinkommen von den Schadensersatzleistungen abgezogen (BGH, Urteil vom 26.9.2006, VI ZR 124/05, NJW 2007 S. 64).
Die Dauer der Zahlungen richtet sich nach der Zeitspanne, die der Getötete aller Voraussicht nach erwerbstätig gewesen wäre, also bis zum planmäßigen Renteneintrittsalter (BGH, Urteil vom 27.1.2007, VI ZR 342/02, DAR 2004 S. 346).
3.7. Beerdigungskosten
Bei unfallbedingten Todesfällen sind die angemessenen Kosten für eine standesgemäße Beerdigung von der Versicherung des Unfallverursachers zu tragen. Dazu zählen im Einzelnen
-
Ausgaben für Todes- und Zeitungsanzeigen,
-
Kosten des Beerdigungsinstitutes,
-
Grabkosten,
-
Bewirtungs- und Unterbringungskosten von Trauergästen,
-
der Verdienstausfall anlässlich der Beerdigung und anschließender Bewirtung der Trauergäste,
-
Kosten für den Erbschein sowie
-
Kosten für Trauerkleidung.
Pflege- und Instandsetzungskosten für das Grab werden hingegen nicht ersetzt. Ebenso wenig sind höhere Kosten durch Inanspruchnahme eines Mehrpersonengrabes erstattungsfähig (LG Aurich, Beschluss vom 19.10.2000, 4 O 828/00, DAR 2001 S. 368).
IV. So setzen Sie Ihre Ansprüche durch
4.1. Verhandlungen mit Versicherungen sind oft schwierig
Geht es auch ohne fremde Hilfe?
In vielen Fällen ist es nach einem Verkehrsunfall sinnvoll, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen oder sich zumindest von diesem beraten zu lassen. Zum einen sind die eigenen Kenntnisse im Verkehrsrecht bei juristischen Laien in der Regel nicht ausreichend, um eine adäquate Durchsetzung seiner Ansprüche zu erreichen, weil schlicht und einfach das Detailwissen fehlt. Zum anderen hat ein Anwalt eine professionelle Distanz zum Unfallgeschehen, wohingegen die unmittelbar Beteiligten oftmals emotional involviert sind – und das ist bei Verhandlungen mit Versicherungen, Behörden oder Gerichten nicht unbedingt von Vorteil. Außerdem sind die Anwaltsgebühren in den meisten Fällen erstattungsfähig.
Allerdings besteht keine Anwalts-Pflicht
. Sie können Ihre Rechte selbstverständlich auch eigenständig wahrnehmen. Zur Berechnung Ihrer Forderung von Schadensersatzleistungen und Schmerzensgeldzahlungen gegenüber der gegnerischen Versicherung orientieren Sie sich am besten an den oben aufgeführten Punkten. Listen Sie alle Kostenpunkte auf und fordern Sie die Versicherung auf, Ihnen den Gesamtbetrag innerhalb der nächsten zwei Wochen zu überweisen.
Sehr häufig ist es fraglich, ob es letztlich sinnvoll ist, sich ohne fachmännische Hilfe auf einem so unübersichtlichen Terrain wie dem Verkehrsrecht zu bewegen. Zumindest bei unklarer Haftungslage, bei mehreren Beteiligten bzw. bei nicht nur unerheblichen Sach- oder gar Personenschäden ist der Gang zum Anwalt in der Regel unerlässlich.
Geduld beweisen
Es gibt Fälle, vor allem bei klarer Haftungslage, in denen eine schnelle Regulierung erfolgt. Verhandlungen mit Versicherungen können aber auch sehr langwierig und kompliziert sein. Dann sind Geduld und Durchhaltevermögen gefragt. Werden Sie nicht nervös, wenn Sie zunächst nur ein Standardschreiben erhalten, nach dem Motto Wir werden uns um Ihr Anliegen kümmern
. Erfahrungsgemäß zahlen die Versicherungen grundsätzlich nicht alles, was Sie fordern, sondern anerkennen bestimmte Schadenspositionen nicht oder kürzen die Beträge.
Angesichts der Zeit, die bei Verhandlungen mit Versicherungen verstreichen kann, sollten Sie auf jeden Fall eine angemessene Vorschusszahlung verlangen.
Eine solche Vorschusszahlung kann entweder pauschal gewählt werden, etwa als prozentualer Anteil an der eigentlichen Gesamtforderung, oder auf einzelne Schadenspositionen gestützt werden.
Ist beispielsweise der Sachschaden an Ihrem Fahrzeug unstrittig, aber die Höhe Ihrer Schmerzensgeldforderung noch ungewiss, kann der Versicherer zumindest schon einmal den Sachschaden regulieren.
Sind Sie mit der erbrachten Zahlung seitens der gegnerischen Versicherung nicht einverstanden oder müssen noch bestimmte Aspekte geklärt werden (weil z.B. noch Unterlagen fehlen), dann sollten Sie die Zahlung nur unter Vorbehalt annehmen.
Teilen Sie der Versicherung mit, dass Sie die Zahlung als Vorschussleistung betrachten.
Beachten Sie: Überweisen Sie das Geld auf keinen Fall zurück! Sollte sich später herausstellen, dass die Versicherung Ihnen zu viel Geld gezahlt hat, können Sie es nach Abschluss der Sache an diese zurückerstatten.
Vorsicht bei einem Abfindungsvergleich
Versicherungen bieten häufig einen sogenannten Abfindungsvergleich
an (bisweilen auch als Abfindungserklärung
oder Vergleich
bezeichnet). So sollen Nachforderungen zu einem späteren Zeitpunkt verhindert werden, wenn sich beispielsweise erst nach einiger Zeit ein Dauerschaden feststellen lässt.
Eine solche Erklärung müssen Sie nicht unterschreiben – insbesondere sollten Sie dann davon Abstand nehmen, wenn Sie einen Verletzungsschaden erlitten haben, der noch nicht völlig ausgeheilt ist.
Unterschreiben Sie voreilig einen Abfindungsvergleich und stellt sich anschließend erst heraus, dass Sie einen unfallbedingten Dauerschaden erlitten haben, können Sie diesen in der Regel gegenüber der gegnerischen Versicherung nicht mehr geltend machen.
Eine Abfindungserklärung sollten Sie, wenn überhaupt, nur dann abgeben, wenn die Schadenslage und damit auch die Höhe der Ihnen zustehenden Entschädigungszahlung im Wesentlichen feststehen und Sie eine schnelle Regulierung wünschen. Denn ohne Abfindungserklärung kommt es gegebenenfalls zu einem langwierigen Gerichtsverfahren.
Bagatellschäden müssen Sie nicht melden
Ist der Unfall für Sie noch einmal glimpflich ausgegangen, hat Ihr Fahrzeug also nur einen Bagatellschaden davongetragen und ist sonst weiter nichts passiert, müssen Sie dies Ihrer Versicherung nicht unbedingt melden. Das gilt selbst dann, wenn Sie das alleinige oder ein Mitverschulden trifft. Da Sie im Schadensfall in der Regel
zurückgestuft
werden können und dann höhere Prämien zahlen müssen, kann es sich lohnen, kleinere Schäden (bis zu 250,00 €) selbst zu regulieren.
Prüfen Sie Ihre Versicherungspolice. In manchen Tarifen ist eine sogenannte
Freischuss-Klausel
enthalten. Damit haben Sie sozusagen eine Unfallbeteiligung pro Jahr frei, die keine Prämienerhöhung nach sich zieht.
Liegt die Schadenshöhe über der 250-Euro-Grenze, sollten Sie nicht voreilig handeln, sondern die Schlussnachricht abwarten. Darin wird Ihnen von der Versicherung mitgeteilt, in welcher Höhe Ihr Unfallgegner entschädigt worden ist. Sie können dann immer noch bei Ihrer Versicherung nachfragen, ob es unter dem Strich für Sie günstiger ist, den Schaden selbst zu ersetzen (und nicht zurückgestuft zu werden) oder die Regulierung Ihrer Versicherung zu überlassen (und die Rückstufung in Kauf zu nehmen). Orientieren Sie sich an folgendem Muster:
Absender |
Ort, Datum |
An die eigene Haftpflichtversicherung |
|
Kfz-Versicherungsnummer |
|
Sehr geehrte Damen und Herren, |
|
nachdem ich Ihre Schlussnachricht aus dem Schadensfall vom (Datum), Schadensnummer (...), erhalten habe, bin ich mir nicht sicher, ob es für mich wirtschaftlich sinnvoll ist, die von Ihnen erbrachte Entschädigungsleistung zurückzuerstatten. |
|
Teilen Sie mir deshalb bitte kurzfristig mit, wie groß mein Rückstufungsschaden für die nächsten fünf Jahre sein wird. |
|
Mit freundlichen Grüßen, |
|
Ihre Unterschrift |
Hierfür bleiben Ihnen sechs Monate Zeit, gerechnet ab Erhalt der Schlussnachricht. Die Rückstufung des Vertrages selbst erfolgt immer erst mit der ersten Prämienfälligkeit im nächsten Kalenderjahr.
Wann droht Verjährung?
Auch wenn zunächst keine besondere Eile besteht und nach einem Verkehrsunfall viele Dinge zu erledigen sind – allzu lange sollten Sie nicht abwarten, um Ihre Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend zu machen. Denn alle Ansprüche, egal ob Reparaturkosten, Nutzungsausfall oder Schmerzensgeld, verjähren nach drei Jahren. Das bedeutet konkret: Sie haben zwar prinzipiell noch Ihren Erstattungsanspruch, können ihn aber aufgrund des Ablaufs der Verjährungsfrist nicht mehr geltend machen.
Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch gegen die gegnerische Versicherung entstanden ist, also ab Kenntnis vom Unfallhergang.
Ereignete sich der Unfall am 13.5.2013, dann sind Ihre Ansprüche ab dem 1.1.2017 verjährt.
Die Verjährung kann jedoch gehemmt werden, wenn zum Beispiel zwischen Ihnen und der gegnerischen Versicherung Verhandlungen über den Anspruch laufen. Die Wirkung der Hemmung besteht so lange, bis ein Vertragspartner die Verhandlungen für gescheitert erklärt und die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Dann läuft die 3-jährige Verjährung weiter – und sie startet nicht wieder neu!
Die Verjährung tritt dann jedoch frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein. Dadurch soll vermieden werden, dass Sie als Geschädigter bei Verhandlungen kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche in zeitliche Schwierigkeiten geraten.
Gehemmt wird die Verjährung auch, wenn Sie Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen, also zum Beispiel durch einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides oder durch eine Klage gegen die gegnerische Versicherung.
Es kann allerdings auch zu einem Neubeginn der Verjährung kommen. Dies setzt voraus, dass die gegnerische Versicherung Ihnen gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder wenn eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.
4.2. In den meisten Fällen sinnvoll: Hilfe vom Anwalt
Die Inanspruchnahme fachmännischer Hilfe, idealerweise eines Fachanwalts für Verkehrsrecht oder jedenfalls eines auf diesem Gebiet spezialisierten Anwalts, ist vielfach nicht nur sinnvoll und für Sie arbeitserleichternd, sondern im Grunde unerlässlich. Ein Blick auf die Vielzahl der möglichen Ansprüche und deren Voraussetzungen, Ausnahmen und Gegenausnahmen macht dies deutlich.
Auch hier gilt, wie in allen anderen Fällen, dass Sie sich an einen spezialisierten Anwalt wenden sollten.
Haben Sie jedoch Zweifel oder wollen es erst einmal aus anderen Gründen selbst versuchen, steht es Ihnen frei, erst zu einem späteren Zeitpunkt einen Anwalt hinzuzuziehen. Erscheint der Unfallhergang zunächst eindeutig und verändert sich die Haftungslage später dann doch noch, weil beispielsweise noch weitere Beteiligte oder Zeugen hinzutreten, sollten Sie nicht zögern, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen.
4.3. Wenn es zum gerichtlichen Verfahren kommt
Konnte außergerichtlich keine Einigung erzielt werden, bleibt Ihnen keine andere Möglichkeit, als den Rechtsweg zu beschreiten. Das heißt: Mahnbescheid beantragen oder Klage erheben. Allerspätestens jetzt sollten Sie sich anwaltlich vertreten lassen.
Denn vor Gericht müssen Sie nicht nur wissen, welche Ansprüche Sie in welcher Höhe und welchen Nachweisen geltend machen können. Sie müssen sich zudem auch mit den prozessualen Spielregeln auskennen. Sonst laufen Sie Gefahr, wegen eines Formfehlers
Ihre eigentlich berechtigten Ansprüche nicht (mehr) durchsetzen zu können.
Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung für den Bereich Verkehrsrecht haben, wird Ihre Versicherung nicht nur die Anwalts-, Gerichts- und sonstigen Verfahrenskosten übernehmen, sondern Ihnen auch bei der Suche nach einem passenden Anwalt helfen.
Werden Sie dagegen als Halter oder Fahrer vom Unfallgegner verklagt, müssen Sie so schnell wie möglich Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung darüber in Kenntnis setzen. Haben Sie selbst schon einen Anwalt beauftragt, muss auch dieser über die Klage des Gegners informiert werden.