Fahrradfahrer dürfen viel – aber nicht alles
Auch Verkehrsverstöße der Radfahrer werden mit Verwarnungsgeldern und Geldbußen geahndet. Welche Sünde Sie wieviel kostet, entnehmen Sie unserer Übersicht.
Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten Sie die wichtigsten Verkehrsregeln und die richtige Fahrradausstattung kennen. Vorschriften gelten auch für die Mitnahme von Tieren und Personen.
Was ist ein Fahrrad – und was nicht?
In der Straßenverkehrsordnung (StVO) gibt es keine einheitliche Definition für Fahrräder. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein Fahrrad ein zweirädriges einspuriges Fahrzeug, das mit Muskelkraft, insbesondere mithilfe von Pedalen oder Handkurbeln, angetrieben wird. Neben dem Standardfahrrad fallen hierunter auch Liegeräder, Tandems oder Lastenräder. Letztere dürfen auch dreirädrig sein.
Keine Fahrräder im Sinne der Straßenverkehrsordnung sind beispielsweise Tretroller, Inlineskates und Skateboards, sogenannte »besondere Fortbewegungsmittel« nach § 24 StVO . Ebenfalls nicht als Fahrräder gelten motorisierte Fahrzeuge wie E-Scooter, Segways und Hoverboards sowie E-Bikes und Pedelecs, sofern sie Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 25 km/h erreichen und somit als Kraftfahrzeuge einzuordnen sind.
Mit dem Rad unterwegs – wo dürfen Sie fahren?
Gekennzeichnete Radwege müssen Sie nutzen
Als Radfahrer sind Sie im Straßenverkehr zwar flexibel und umweltbewusst unterwegs, aber leider auch das schwächste Glied der Kette. Sie haben kein Blech um sich herum wie Autofahrer und sind weder so schnell noch so gut gepolstert wie Motorradfahrer. Schon deshalb sollten Sie alle wichtigen Verkehrsregeln kennen und beachten.
Die vielleicht wichtigste Regel lautet deshalb: Wenn ein Radweg vorhanden ist, müssen Sie ihn nutzen, sofern der Radweg entsprechend gekennzeichnet ist. Die Radwegebenutzungspflicht gilt dabei auch für kombinierte Geh- und Radwege.
Wird der Radweg durch andere Verkehrsteilnehmer blockiert, kann es richtig teuer werden. Halten oder parken Autos unrechtmäßig auf Geh- bzw. Radwegen, wird dafür ein Bußgeld von € 55,– fällig. Werden Sie als Radler dadurch behindert und müssen kurzzeitig auf die Straße ausweichen, steigen die Sanktionen auf € 70,– und einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg.
Beachten Sie: Verlassen Sie als Radfahrer den Radweg und wechseln auf die Straße, treffen Sie erhöhte Sorgfaltspflichten ( LG Frankenthal, Urteil vom 24.11.2010, 2 S 193/10 ). Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Sie für einen Unfall allein haften.
Beispiel:
Ein Radfahrer weicht auf die Straße aus, da der Radweg wegen heruntergefallener Zweige nicht befahrbar war. Als ihn ein Lkw überholt, kollidiert der Radfahrer mit einem am Fahrbahnrand ordnungsgemäß geparkten Pkw. Hier haftet der Radfahrer für den Schaden an dem geparkten Wagen, da er den vorhandenen Radweg nicht nutzte (LG Hamburg, Urteil vom 30.8.2018, 323 O 79/18).
Die Pflicht, einen vorhandenen Radweg zu nutzen, gilt nicht nur für »normale« Fahrräder, sondern beispielweise auch für Renn- oder Liegeräder (BVerwG, Beschluss vom 31.1.2001, 3 B 183/00).
Eine Ausnahme gibt es für größere Gruppen: Geschlossene Verbände von mindestens 16 Radfahrern dürfen die Straße auch dann zu zweit nebeneinander befahren, wenn ein benutzungspflichtiger Radweg vorhanden ist. Denn in der Regel sind Radwege nicht breit genug, um von einem Verband befahren zu werden. Außerdem könnte man eine so große Gruppe, die hintereinander fährt, nicht überholen, ohne gegen die Straßenverkehrsordnung zu verstoßen.
Wenn Der Radweg nicht befahrbar ist
Können Sie einen an sich benutzungspflichtigen Radweg überhaupt nicht nutzen, weil er beispielsweise vereist, zugeparkt oder für Ihr spezielles Fahrrad zu schmal ist (z.B. sind Sie mit einem Dreirad oder mit einem Anhänger unterwegs), dürfen Sie ausnahmsweise auf die Straße ausweichen ( OLG Naumburg, Urteil vom 8.12.2011, 1 U 74/11 ). Das Gleiche gilt, wenn Sie ein Hindernis umfahren oder die Straßenseite wechseln wollen. Weichen Sie auf die Straße aus, müssen Sie allerdings besondere Sorgfalt walten lassen.
Vor Gefahrenstellen auf Radwegen muss durch Gefahrzeichen gewarnt werden, damit sich der Radfahrer darauf einstellen kann ( BGH, Urteil vom 13.7.1989, III ZR 122/88 ).
Beispiel:
Fehlt ein solcher Hinweis und stürzt ein Radfahrer an einer gefährlichen Stelle, kann grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde ( KG Berlin, Urteil vom 16.7.2010, 9 U 103/09 ) oder auch Privatpersonen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.7.2019, 14 U 60/16) bestehen.
Den Gehweg dürfen Sie hingegen auch in diesen Fällen nicht benutzen ( OLG Naumburg, Urteil vom 8.12.2011, 1 U 74/11 ).
Beachten Sie: Fahren Sie trotz vorhandenem, befahrbarem Radweg lieber auf der Straße und erleiden dort einen Unfall, bekommen Sie deutlich weniger oder sogar gar keinen Schadensersatz, selbst wenn Sie eigentlich keine Schuld an dem Unfall haben. Im Zweifel sollten Sie deshalb stets den Radweg nutzen.
Zweifel sollten Sie deshalb stets den Radweg nutzen.
Beispiel:
Ein Rennradfahrer rutschte auf einer Ölspur aus und erhielt nur 50 % Schadensersatz, weil die Radwegebenutzungspflicht den Schutzzweck hat, Radfahrer unter anderem vor Gefahren wie Ölspuren auf der allgemeinen Fahrbahn zu schützen ( OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 28.10.2011, 24 U 134/11 ).
Manche Radwege müssen Sie nicht benutzen
Ein Weg, der nicht durch ein blaues Schild gekennzeichnet ist, seiner Gestaltung nach aber eindeutig für die Benutzung durch Radfahrer bestimmt ist, gilt als Radweg und darf als solcher genutzt werden, muss aber nicht ( VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 28.3.2017, 3 L 282/17.NW).
Ohne Radweg müssen Sie auf der Straße fahren
Wenn kein Radweg vorhanden ist, müssen Erwachsene auf die Straße ausweichen. Gehwege dürfen auch in diesem Fall nur Kinder bis zehn Jahre sowie gegebenenfalls eine Begleitperson benutzen.
Kommt es auf dem Gehweg zu einem Zusammenstoß mit einem Fußgänger, tragen Sie als Radfahrer in aller Regel die Hauptschuld. Gleiches gilt, wenn Sie auf dem Gehweg unterwegs sind und dort mit einem Fahrzeug kollidieren, das langsam aus einer Grundstücksausfahrt heraus- oder hereinfährt ( LG Dessau, Urteil vom 19.8.2005, 1 S 79/05 ).
Auch für erlaubterweise auf dem Gehweg radelnde Kinder mit ihren Begleitpersonen gilt: Wer auf dem Gehweg fährt, hat Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen und muss absteigen, wenn es eng wird.
Beachten Sie: Eine Haftung des Radfahrers kann jedoch dann entfallen bzw. geringer ausfallen, wenn der Fußgänger außerhalb des Bürgersteiges unterwegs ist oder der Autofahrer zu schnell unterwegs ist und so seine eigenen Sorgfaltspflichten missachtet.
Beispiel:
- Ein Fußgänger, der den Bürgersteig verlässt und die Fahrbahn jenseits einer Ampel betritt, ist zu besonderer Sorgfalt verpflichtet. Kommt es hier zu einem Unfall mit einem Radfahrer, muss der Fußgänger beweisen, dass der Radler zu schnell war oder der Unfall bei einer niedrigeren Geschwindigkeit vermieden worden wäre (OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.11.2011, 4 U 3/11-2).
- Fußgänger müssen auch dann auf Radfahrer Rücksicht nehmen, wenn ein farblich markierter Radweg um eine Ampel herumführt und Fußgänger diesen überqueren müssen (OLG Hamm, Urteil vom 19.1.2018, I-26 U 53/17).
Beachten Sie: Sie dürfen Fußgängerüberwege zur Überquerung der Fahrbahn nur dann mitbenutzen, wenn Sie Ihr Rad schieben.
Diese Radwege gibt es
Sonderweg Radfahrer (Zeichen 237)
Ein reiner Radweg darf nur von Radlern befahren werden. Überquerende Fußgänger müssen hier aufpassen. Wenn der Radweg aber beispielsweise wegen großer Schlaglöcher unzumutbar ist, darf auf die Straße ausgewichen werden.
Getrennter Rad-/Fußweg (Zeichen 241)
Immer häufiger findet man auch kombinierte Rad-/Gehwege, bei denen die beiden Spuren durch eine durchgezogene weiße Linie voneinander getrennt sind. Hier haben sich Radfahrer und Fußgänger gegenseitig aufeinander einzustellen und entsprechend Rücksicht zu nehmen. Das heißt, ein Fußgänger haftet für Schäden des Radfahrers, wenn er den Radweg unaufmerksam überquert und es dadurch zu einer Kollision kommt. Gegenüber Kindern und älteren Menschen ist besondere Rücksichtnahme geboten.
Gemeinsamer Fuß-/Radweg (Zeichen 240)
Wenn es nicht zwei getrennte Spuren, sondern nur eine gemeinsame für Radfahrer und Fußgänger gibt, haben Letztere als die schwächeren Verkehrsteilnehmer gegenüber Radfahrern Vorrang. Das heißt, sie dürfen darauf vertrauen, dass Sie sich als Radfahrer rechtzeitig durch Klingelzeichen bemerkbar machen. Fußgänger müssen Sie dann auch passieren lassen, indem sie gegebenenfalls zur Seite treten (OLG Oldenburg, Beschluss vom 8.3.2004, 8 U 19/04).
Als Radfahrer haben Sie die Belange der Fußgänger auf solchen Wegen besonders zu berücksichtigen und insofern erhöhte Sorgfaltspflichten. Insbesondere bei einer unklaren Verkehrslage müssen Sie gegebenenfalls per Blickkontakt eine Verständigung mit dem Fußgänger suchen. Soweit erforderlich, müssen Sie Schrittgeschwindigkeit fahren, damit ein sofortiges Anhalten möglich ist.
Auf betagte oder unachtsame Fußgänger haben Sie als Radfahrer besondere Rücksicht zu nehmen.
Beispiel:
Mit Unaufmerksamkeiten oder Schreckreaktionen ist stets zu rechnen ( OLG Celle, Beschluss vom 19.8.2019, 14 U 141/19 ).
Ein Fußgänger hat beim Überschreiten eines Radwegs dieselben Sorgfaltspflichten wie beim Überschreiten einer Fahrbahn.
Beispiel:
Ein Fußgänger muss sich vergewissern, ob der Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann (OLG Celle, Urteil vom 20.11.2018, 14 U 102/18).
Kommen Sie als Radfahrer auf einem solchen Weg zu Fall, weil trotz Glatteis nicht gestreut worden ist, haben auch Sie einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die streupflichtige Gemeinde. Selbst wenn der Schutz der Fußgänger im Vordergrund steht, stehen Ihnen als Radler nicht weniger Rechte zu, als wenn Sie zu Fuß unterwegs wären ( BGH, Urteil vom 9.10.2003, III ZR 8/03 ).
Auf Fahrradstraßen haben Radler Vorrang
Reine Fahrradstraßen sind gekennzeichnet durch das runde blaue Fahrradweg-Symbol , das auf einem quadratischen weißen Schild abgebildet ist. Direkt unter dem Schild prangt der Schriftzug »Fahrradstraße« (Zeichen Nr. 244).
Fahrradstraßen sind grundsätzlich für Kraftfahrzeuge gesperrt. Autos, Motorräder und Lastwagen dürfen dort nur fahren, wenn ein Zusatzschild das erlaubt. Das Gleiche gilt für Fußgänger, Rollerfahrer oder Inline-Skater.
Radler haben auf Fahrradstraßen Vorrang und dürfen beispielsweise nebeneinander fahren. Das Rechtsfahrgebot gilt allerdings auch dort. Will ein Autofahrer überholen, muss er mindestens 1,5 m Abstand zu den Radfahrern halten.
In Fahrradstraßen gilt für alle Verkehrsteilnehmer eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h – also für Fahrräder ebenso wie gegebenenfalls für Autos. In der Regel können Fahrradstraßen in beiden Richtungen benutzt werden. An Kreuzungen und Einmündungen gelten die üblichen Vorfahrtsregeln wie »rechts vor links«.
Beispiel:
Ein Autofahrer, der von rechts auf die (für Autos freigegebene) Fahrradstraße einbiegt, hat Vorfahrt – sofern die Fahrradstraße keine Vorfahrtsstraße ist.
Fahrradzonen (Zeichen 244.3)
Kommunen haben die Möglichkeit, spezielle Fahrradzonen einzurichten. Darin sind grundsätzlich nur Radfahrer erlaubt. Ausnahmsweise kann die Zone durch ein Zusatzschild auch für andere Verkehrsteilnehmer freigegeben werden. Hier herrscht eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h.
Radschnellweg (Zeichen 350.1)
Bei Radschnellwegen handelt es sich um Fahrbahnen, die ein schnelles und sicheres Befahren durch Radfahrer über größere Entfernungen ermöglichen sollen. Daher werden sie auch als »Autobahnen für Radfahrer« bezeichnet.
Radschnellwege gewähren Fahrrädern Vorfahrt an Kreuzungen und sind sowohl vom Fußgänger- als auch vom motorisierten Verkehr getrennt. Die Benutzung ist für alle Fahrzeuge außer Fahrrädern und Elektrokleinstfahrzeugen (z.B. E-Scooter oder Segways) verboten.
Hier dürfen Kinder fahren
Kinder unter zehn Jahren dürfen auf dem Gehweg fahren
Im Straßenverkehr sind Kinder besonders geschützt. Deshalb dürfen Kinder unter zehn Jahren auf dem Gehweg fahren, bis zu ihrem 8. Geburtstag müssen sie es sogar. Sie dürfen dabei von einem älteren Radler (ab 16 Jahren) auf dem Gehweg begleitet werden. Wollen sie eine Straße queren, müssen beide absteigen und ihr Fahrrad schieben. Sind mehrere Erwachsene mit dem Kind unterwegs, darf nur einer das Kind begleiten, die übrigen müssen auf der Straße bleiben.
Beachten Sie: E-Bikes und Pedelecs dürfen auch als Begleitung kleiner Kinder nicht auf dem Gehweg fahren. Fußgänger haben auf dem Gehweg absoluten Vorrang. Es gilt also, vorsichtig und nicht zu schnell zu fahren.
Ausnahmsweise dürfen Kinder unter acht Jahren auf der Straße fahren
Gibt es weder Geh- noch Radweg, dürfen Kinder die Fahrbahn benutzen, und zwar auch dann, wenn auf der anderen Straßenseite ein Rad- oder Gehweg vorhanden ist, dazu aber die Fahrbahn überquert werden müsste.
Kinder unter acht Jahren dürfen nur baulich abgeteilte Radwege nutzen
Radwege, die baulich von der Fahrbahn getrennt sind (z.B. durch einen Bordstein), dürfen auch von unter 8-Jährigen genutzt werden. Radwege auf der Fahrbahn dürfen dagegen erst mit acht Jahren befahren werden.
Wer haftet, wenn etwas passiert?
Kinder unter zehn Jahren sind im Straßenverkehr privilegiert
Um der kindlichen Entwicklung besonders Rechnung zu tragen, sieht das Gesetz für 7- bis 10-Jährige eine Begrenzung der Haftung bei Unfällen mit einem (fahrenden) Kraftfahrzeug, einer Schienen- oder Schwebebahn vor.
Dieses »Haftungsprivileg« ist auf Situationen mit den genannten Fahrzeugen beschränkt und gilt in der Regel weder für den ruhenden Verkehr noch bei Unfällen beispielsweise mit anderen Radfahrern oder Fußgängern.
Beispiel:
Wenn das Kind zum Beispiel ein parkendes Fahrzeug beschädigt, gelten ebenfalls die allgemeinen Vorschriften (BGH, Urteil vom 30.1.2004, VI ZR 365/03).
Beachten Sie: Stoppt das betreffende Fahrzeug nur verkehrsbedingt, etwa vor einer roten Ampel (BGH, Urteil vom 17.4.2007, VI ZR 109/063), gilt das Haftungsprivileg. Ähnliches gilt bei Unfällen mit verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugen mit geöffneten Türen ( BGH, Urteil vom 11.3.2008, VI ZR 75/07 ). Denn auch hier verwirklichen sich in der Regel die Gefahren des motorisierten Verkehrs, obwohl das Auto steht.
Bei Unfällen mit Radfahrern und Fußgängern gelten die allgemeinen Vorschriften
Kommt auf dem Gehweg ein Fußgänger durch ein Rad fahrendes Kind zu Schaden, haftet das Kind nach den allgemeinen Vorschriften. Das bedeutet konkret: Kinder unter sieben Jahren haften nie, ältere Kinder haften nach ihrer Einsichtsfähigkeit.
Vorsätzliches Handeln wird nicht privilegiert
Allerdings wird von den Gerichten Kindern in dieser Altersklasse nur selten unterstellt, dass sie jemanden absichtlich geschädigt haben oder mögliche Folgen absehen konnten und trotzdem so handelten.
Beispiel:
• So greift das Haftungsprivileg sogar in aller Regel dann, wenn ein Kind gar nicht radelt, sondern sein Fahrrad schiebt und dabei frei rollen lässt und so ein Fahrzeug beschädigt ( BGH, Urteil vom 16.10.2007, VI ZR 42/07 ).
• Ein 9-Jähriger war mit einem Fahrrad ohne Bremsen auf der Straße unterwegs und fuhr »ungebremst« in ein Auto. Die Richter bewerteten das Fahren ohne Bremsvorrichtung nicht als vorsätzlich, sondern als typisch leichtsinnig für ein Kind in diesem Alter. Damit konnte der Junge gemäß § 828 Abs. 2 BGB nicht zur Haftung herangezogen werden ( OLG Köln, Beschluss vom 2.4.2007, 24 W 13/07 ).
Wann haften die Eltern?
Neben der Frage, ob das betreffende Kind selbst für sein Handeln verantwortlich gemacht werden kann, ist auch die Verantwortung der Eltern zu klären. Diese haften regelmäßig dann, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzen. Wie weit die Aufsichtspflicht geht, ist immer abhängig von der Situation und dem Alter des Kindes.
Bei Kindern im Alter zwischen sechs und zehn Jahren, die in der Regel den Schulweg allein zurücklegen, genügt es, dass die Eltern sich über das Verhalten ihrer Kinder einen Überblick verschaffen, sofern nicht konkreter Anlass zu besonderer Aufsicht besteht.
Beispiel:
- Ein 8-jähriges Kind, das hinreichend sicher Fahrrad fahren kann und ausreichend über die Verkehrsregeln unterrichtet wurde, kann auch ohne Überwachung durch die aufsichtspflichtigen Eltern mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilnehmen. Insofern haften die Eltern hier nicht für den Schaden, der durch einen Unfall ihres Kindes ensteht, das auf seinem Fahrrad mit einem Auto zusammenstößt (LG Osnabrück, Urteil vom 28.2.2019, 4 S 172/18).
- Zwei Kinder, sechs und sieben Jahre alt, touchierten bei einem »Wettrennen« mit dem Rad zum Spielplatz mehrere Fahrzeuge, wobei ein Schaden von fast € 8.000,– entstand. Die Eltern mussten für den Schaden nicht aufkommen. Ihnen konnte kein Aufsichtsverschulden zur Last gelegt werden. Die Kinder kannten die Begebenheiten vor Ort und waren im Rahmen der Verkehrserziehung in Kindergarten und Schule über die richtigen Verhaltensweisen aufgeklärt worden. Eine ständige Beobachtung kann in dieser Altersklasse nicht mehr erwartet werden (LG Koblenz, Beschluss vom 7.2.2018, 13 S 2/18).
- Auch ein 5-jähriges in einer Spielstraße radelndes Kind muss nicht so eng überwacht werden, dass der Aufsichtspflichtige jederzeit eingreifen kann (AG Mönchengladbach, Urteil vom 2.2.2012, 11 C 106/11).
Kinder über zehn Jahren haften nach ihrer Einsichtsfähigkeit
Auch wenn Kinder mit Überschreiten des 10. Lebensjahres nicht mehr unter das gesetzlich verankerte Haftungsprivileg fallen, trifft bei einem Unfall mit einem Auto in der Regel den Kfz-Fahrer ein überwiegendes, wenn nicht gar alleiniges Verschulden. Denn Autofahrer dürfen generell nicht darauf vertrauen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer, und ganz besonders Kinder, vorschriftsmäßig verhalten. Angemessene Geschwindigkeit sowie ständige Bremsbereitschaft sind in Gegenwart von Kindern Pflicht.
Bei schweren Verkehrsverstößen seitens eines älteren Kindes kann es aber ausnahmsweise auch mal anders aussehen.
Beispiel:
Wenn ein 13-jähriges Kind die Straße trotz roter Ampel überquert, kann es bei einem Unfall mit einem Auto für den dadurch entstandenen Schaden voll haftbar gemacht werden ( AG Gießen, Urteil vom 14.8.2012, 49 C 147/12 ).
• Auch ein 14-Jähriger, der regelmäßig mit dem Fahrrad am Straßenverkehr teilgenommen hat, ist für sein Verhalten als verantwortlich anzusehen (LG Dortmund, Urteil vom 19.2.2015, 21 O 148/14).
Weil Schadensersatzverpflichtungen finanziell sehr belastend sein können, ist eine Privathaftpflichtversicherung sehr empfehlenswert. Diese tritt auch bei grob fahrlässig verursachten Schäden ein. Die Privathaftpflichtversicherung ist eine echte Familienversicherung, das heißt, dass Ehepartner und minderjährige Kinder ohne Beitragszuschlag voll mitversichert sind.
Unterwegs auf speziellen Wegen
Feld- und Waldwege sind grundsätzlich tabu
Feld- und Waldwege sind normalerweise für Fahrzeuge aller Art gesperrt (Zeichen 250), mit Ausnahme von landwirtschaftlichem- und/oder forstwirtschaftlichem Verkehr. Auch als Radfahrer dürfen Sie hier nur fahren, wenn es durch das Zusatzzeichen »Radfahrer frei« ausdrücklich gestattet ist.
Die Gemeinde haftet jedoch in keinem Fall für Schäden, die hier wegen schlechter Straßenqualität entstehen können. Das Gleiche gilt für Naturradwege, die zum Teil mit Rollsplitt belegt sind. Hier müssen Sie umso mehr aufpassen. Vor Schranken oder Ketten, die den Autoverkehr unterbinden sollen, muss allerdings rechtzeitig gewarnt werden, etwa durch eine entsprechende Beschilderung.
Radeln Sie durch Wald und Wiesen, müssen Sie nicht nur auf plötzlich den Weg querende Waldtiere (z.B. Hasen oder Rehe), sondern auch auf frei laufende Hunde gefasst sein. Stürzen Sie, weil Sie z.B. erschrecken und zu stark abbremsen, haben Sie in aller Regel keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Halter des Tiers. Denn in der freien Natur müssen Sie damit rechnen, dass Ihnen auch mal ein frei laufender Hund entgegenkommt.
Auf Gefahrenstellen muss durch Gefahrzeichen hingewiesen werden, damit sich der Radfahrer darauf einstellen kann.
Beispiel:
Gerät ein Radfahrer in einen quer über den Feldweg gespannten, ungekennzeichneten Stacheldraht, so muss er damit nicht rechnen. Er kann daher Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, ohne dass ihm ein Mitverschulden angerechnet wird ( BGH, Urteile vom 23.4.2020, III ZR 250/17 und III ZR 251/17).
Fußgängerzonen: Meist nichts für Radler
In Fußgängerzonen haben Sie als Radfahrer grundsätzlich »nichts zu suchen«, es sei denn, sie ist auch für Radler freigegeben oder Sie schieben Ihr Rad. Beachten Sie: Fährt hier ein Fahrradfahrer zum Beispiel bei Dunkelheit gegen Absperrketten, die für Fußgänger erkennbar sind, hat er das Nachsehen, trägt den Schaden also allein ( OLG Jena, Urteil vom 10.11.2004, 4 U 432/04 ).
Wenn in Fußgängerzonen der Radfahrverkehr zugelassen ist, muss Schrittgeschwindigkeit (ca. 4 km/h bis 6 km/h) eingehalten werden, sodass Fußgänger nicht gefährdet werden. Bisweilen sind auch farblich markierte Sonderfahrspuren für Radfahrer vorhanden. Fußgänger müssen sich hier entsprechend auf Radverkehr einstellen.
Vorsicht in verkehrsberuhigten Bereichen
Auf diesen sogenannten »Mischflächen« dürfen auch Fahrräder fahren, allerdings nur mit Schrittgeschwindigkeit . Fußgänger haben auch hier Vorrang.
Insbesondere in »Spielstraßen« müssen Autofahrer mit unbeaufsichtigt herumfahrenden und spielenden Kindern rechnen. Kollidiert ein Kfz-Fahrer hier mit einem unter 10-jährigen Kind auf einem Fahrrad, haftet es nicht für etwaige Schäden.
Manchmal dürfen Sie die Busspur nutzen
Radfahrer dürfen eine Busspur nur dann mitbenutzen, wenn es ein Radfahrer frei«-Schild gestattet. Sie sollten dann rechts fahren, den Bus nicht behindern und auf ein- und aussteigende Fahrgäste Rücksicht nehmen.
Das Benutzen der Busspur entgegen der Fahrtrichtung ist jedoch in jedem Fall untersagt, dies stellt sogar eine grobe Verkehrswidrigkeit dar.
Beispiel:
Eine Radfahrerin war mitten auf der Busspur als »Geisterradfahrerin« unterwegs, stieß dort mit einem Kfz zusammen, das aus einer Grundstücksausfahrt kam, und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Die Schadensersatzklage der Frau blieb erfolglos. Denn das leichte Verschulden der aus der Grundstücksausfahrt ausfahrenden Kraftfahrerin tritt gegenüber dem grob verkehrswidrigen Verhalten der Radfahrerin vollständig zurück ( OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 5.6.2012, 4 U 88/11).
Auch Radler müssen sich an Verkehrsregeln halten
Die richtige Richtung muss es sein
Das Rechtsfahrgebot gilt auch für Radwege
Auf deutschen Straßen herrscht das Rechtsfahrgebot – das gilt auch für Radfahrer und auch auf Radwegen. In aller Regel müssen Sie daher auch die rechts verlaufenden Radwege benutzen. Gegen die Fahrtrichtung dürfen Sie nur fahren, wenn dies durch ein entsprechendes Verkehrszeichen (Sonderweg Radfahrer; Zeichen 237) ausdrücklich gestattet ist. Auch auf dem Radweg selbst gilt das Rechtsfahrgebot. So haftet ein falsch fahrender Radler allein, wenn er einen anderen Radler durch seine Geisterfahrt zum Sturz bringt.
Wenn Sie zulässigerweise auf einem Radweg gegen die Fahrtrichtung fahren, müssen Sie die Seite nicht wechseln, wenn dort ein zusätzlicher Radweg beginnt – es sei denn, Sie werden durch die Verkehrsführung ausdrücklich auf den anderen Radweg umgelenkt.
Auch auf Radwegen, die gegen die Fahrtrichtung führen, sind der Querverkehr und die Vorfahrtsregeln zu beachten. Wer beispielsweise aus einem verkehrsberuhigten Bereich kommt, muss sämtlichen Verkehrsteilnehmern, auch den »Geisterradfahrern«, Vorfahrt gewähren. Unter Umständen tragen diese jedoch eine Mitschuld.
Beispiel:
Das OLG Hamm sprach einer älteren Radfahrerin 2/3 des ihr entstandenen Schadens zu, obwohl sie den Radweg in der falschen Richtung, aber auf der bevorrechtigten Straße befahren hatte, als sie an einer Kreuzung mit einem 14-jährigen Radler zusammenstieß. Der Junge war aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf den Radweg »geschossen«. Die ältere Dame stürzte und verletzte sich schwer ( OLG Hamm, Urteil vom 6.6.2014, 26 U 60/13 ).
Hindernisse umrunden
An Hindernissen dürfen Sie vorbeifahren (z.B. Mülltonnen, die nach der Leerung auf der Straße stehen), die Autos hinter Ihnen müssen im Zweifel entsprechend langsamer fahren und warten.
Einbahnstraßen
Einbahnstraßen dürfen grundsätzlich nicht in die entgegengesetzte Richtung befahren werden, selbst wenn dort ein Radweg vorhanden ist. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Einbahnstraße mit dem entsprechenden Verkehrsschild ausdrücklich für den Fahrradverkehr in der Gegenrichtung zugelassen ist.
Beispiel
In einer Einbahnstraße ist das Radfahren entgegen dem Verlauf der Einbahnstraße erlaubt, wenn unterhalb des Verkehrszeichens »Verbot der Einfahrt« (Zeichen 267) das Zusatzschild »Radverkehr frei« (Verkehrszeichen 1022-10) angebracht ist. Den Autofahrern wird diese Regelung oft angezeigt durch das Zusatzschild »Radverkehr von links und rechts« (Zusatzzeichen 1000-32) unterhalb des Einbahnstraßenschildes (Zeichen 220).
Beachten Sie unbedingt den Seitenabstand
Fahren Sie auf der Straße, sollten Sie stets ausreichenden Seitenabstand zum Fahrbahnrand einhalten (ca. 80 cm), bei einem Parkstreifen mindestens einen Meter. Dieser Sicherheitsabstand dient der Unfallvermeidung (z.B. durch das Öffnen von Türen geparkter Autos).
Nicht zu schnell fahren
Geschwindigkeitsbegrenzungen für Autofahrer gelten auch für Radfahrer – in einer 30er-Zone sollten Sie also nicht mit Renngeschwindigkeit unterwegs sein. Auf kombinierten Rad-/Gehwegen ist prinzipiell Schrittgeschwindigkeit einzuhalten (ca. 4 km/h bis 6 km/h). Unabhängig von eventuellen Geschwindigkeitsbegrenzungen müssen Sie auch als Radfahrer stets mit der Verkehrssituation angepasster Geschwindigkeit fahren, d.h., Sie müssen Ihre Fahrweise den Wetter- und Wegeverhältnissen anpassen. Gibt es viel Laub, Schlaglöcher oder sonstige Hindernisse, sollten Sie entsprechend vorsichtig fahren. Ansonsten kann man Ihnen bei einem Unfall unter Umständen ein Mitverschulden zusprechen.
Beispiel:
- Wenn ein Radfahrer bei Dunkelheit auf einem kombinierten Fuß-/Radweg mit batteriebetriebener Leuchte unterwegs ist, leuchtet diese nur eine Strecke von ca. 4 m in einer Breite von 1,50 m aus. Bei diesen stark eingeschränkten Lichtverhältnissen ist eine Geschwindigkeit von 20 km/h bis 25 km/h eindeutig zu hoch ( OLG Nürnberg, Urteil vom 7.4.2004, 4 U 644/04 ).
- Ein Radfahrer, der in »Rennradler-Haltung« über den Lenker gebeugt mit einer Geschwindigkeit von 45 km/h eine innerörtliche Straße befährt und dort mit einem Fußgänger kollidiert, ist ebenfalls eindeutig zu schnell. Fußgänger müssen nicht damit rechnen, dass ein Fahrradfahrer mit Geschwindigkeiten daherkommt, wie sie normalerweise von motorisierten führerscheinpflichtigen Fahrzeugen erreicht werden.
- Ein Radler, der an einer Gruppe ins Gespräch vertiefter, teilweise auf der Fahrbahn stehender Jugendlicher mit hoher Geschwindigkeit so nah vorbeifährt, dass er durch eine unbedachte Bewegung einer der Jugendlichen zu Fall kommt, muss sich ebenfalls einen Mitverschuldensvorwurf gefallen lassen ( OLG Köln, Urteil vom 23.8.2000, 11 U 16/00 ).
Überholen und Abbiegen - bitte vorsichtig
Überholen – immer mit Abstand
Zwischen Kraftfahrzeugen und Fahrradfahrern muss stets ein Abstand von mindestens 1,50 m (innerorts) bzw. 2 m (außerorts) eingehalten werden – auch bei geringer Geschwindigkeit.
Beispiel:
Außerorts darf ein Pkw einen Fahrradfahrer mit höherer Geschwindigkeit überholen, wenn die Fahrbahnbreite 6 bis 7 m beträgt und er zum Überholvorgang die Fahrspur insgesamt wechselt (LG Mühlhausen, Urteil vom 8.7.2003, 2 S 75/02). Wenn Sie als Radfahrer einen anderen Radfahrer überholen, ist ein geringerer Abstand ausreichend. Im Zweifel hilft hier ein Klingelzeichen, falls es eng werden sollte. Allerdings muss ein Radfahrer grundsätzlich mit Schwankungen in der Fahrlinie eines vorausfahrenden Radfahrers rechnen. Ist auf einem 2 m breiten Radweg ein Überholen mit ausreichendem Seitenabstand nicht möglich, muss im Zweifel vom Überholen abgesehen werden.
Beispiel:
(Überholen Sie mit dem Rad einen anderen Radfahrer mit einem Seitenabstand von 32 cm, ist das in der Regel zu gering ( OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.5.2016, 9 U 115/15 ).
Grundsätzlich muss links überholt werden. Als Radfahrer dürfen Sie ausnahmsweise die auf dem rechten Fahrstreifen wartenden Fahrzeuge mit mäßiger, der Situation angepasster Geschwindigkeit und großer Vorsicht rechts überholen.
Sie sollten es jedoch vermeiden, an Fahrzeugen auf einer Linksabbiegerspur rechts vorbeizufahren. Den dort befindlichen Fahrern ist es nicht zuzumuten, den Verkehrsraum rechts von ihrem Fahrzeug ständig zu überprüfen. Hier hätten Sie als Radfahrer bei einem Unfall schlechte Karten.
Beachten Sie: Wenn Sie an einer Reihe stehender Autos vorbeifahren, sollten Sie immer auf Fußgänger aufpassen, die sich an den Autos orientieren und nicht unbedingt mit schneller fahrenden Radlern rechnen – auch wenn Sie auf einem Radweg fahren. Kommt es hierbei zu einem Unfall, haben Sie als Radfahrer regelmäßig ein (hälftiges) Mitverschulden zu tragen.
Beispiel:
Überquert ein Fußgänger einen Radweg, um in einen Bus einzusteigen, muss er auf dort fahrende Radler aufpassen. Trotzdem sollten Sie als Radfahrer hier nur so schnell fahren, dass Sie auf unachtsame Fußgänger rechtzeitig reagieren können. Andernfalls trifft Sie unter Umständen ein Mitverschulden, wenn es zum Unfall kommt. Notfalls müssen Sie warten.
Grundsätzlich sind Sie als Radfahrer verpflichtet, überholungswillige Fahrzeuge überholen zu lassen. Das kann auch bedeuten, eventuell langsam fahren oder an geeigneten Stellen anhalten zu müssen (z.B. Seitenstreifen oder Bushaltestellen).
Überholverbote, die für Kraftfahrzeuge untereinander gelten, haben im Verhältnis Kfz/Radfahrer keine Bedeutung. Von Kraftfahrzeugen dürfen Sie immer an geeigneter Stelle überholt werden, wenn Sie mit dem Rad unterwegs sind.
Eine Ausnahme bildet hier das gesonderte gekennzeichnete Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen, insbesondere Fahrrädern (Zeichen 277.1). Das Zeichen zeigt einen roten Pkw links von einem Fahrrad und einem Motorrad. Einspurige Fahrzeuge dürfen hier überholen, aber nicht von zweispurigen Fahrzeugen überholt werden.
Die Ausstattung
Licht an im Dunkeln
Die Fahrradbeleuchtungsvorschriften haben sich im Lauf der Jahre geändert. Es gilt Folgendes:
- Beleuchtung vorne: ein Scheinwerfer für weißes Abblendlicht und ein weißer Front-Reflektor, der auch in den Scheinwerfer eingebaut sein kann,
- Beleuchtung hinten: ein Schlussleute für rotes Licht und einen roter Rückstrahler der Kategorie Z (Z-Strahler), der nicht dreieckig sein darf,
- Leuchten muss bauartgenehmigt sein, d.h. ein amtliches Prüfzeichen tragen,
- Pedale: müssen mit je zwei gelben Rückstrahlern versehen sein
- Vorder- und Hinterrad: entweder zwei um 180 Grad versetzt angebrachte Speichenreflektoren (Katzenaugen), vollständige weiß retroreflektierende Speichen oder weiß retroreflektierende Streifen am Reifen
Anders als früher können Sie wählen, welche Energiequelle Sie als Lichtanlage an Ihrem Fahrrad anbringen wollen (Dynamo, Batterien, Akkus). Da Scheinwerfer und Schlussleuchte nicht mehr zusammen einschaltbar sein müssen, ist auch eine elektrische Leitung zwischen beiden nicht mehr nötig.
Tipp
Weitere Informationen zur richtigen Beleuchtung, insbesondere für E-Bikes, erhalten Sie beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (www.adfc.de).
Unabhängig von der richtigen technischen Ausstattung gilt, dass bei Dämmerung, Dunkelheit oder entsprechend schlechten Lichtverhältnissen Radfahrer im Straßenverkehr mit Licht fahren müssen.
Ein unbeleuchtetes Fahrrad darf nur geschoben werden. Kommt es wegen der mangelnden Beleuchtung zu einem Unfall, haftet der Radler (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 3.12.2004, 24 U 201/03, NZV 2006 S. 36). Die Beweislast dafür, dass das Licht wirklich funktioniert hat, trägt er.
Als Radler muss man sich darauf einstellen, dass Autofahrer, die einen wegen mangelnder Beleuchtung zu spät sehen, ruckartig ausweichen und so schwere Unfälle verursachen. Die anteilige Haftung des Radlers kann in solchen Fällen beträchtlich sein.
Müssen Sie einen Helm tragen?
In Deutschland besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zum Helmtragen ( BGH, Urteil vom 17.6.2014, VI ZR 281/13 ). In anderen Ländern, wie etwa Australien, Finnland oder Spanien, sieht das anders aus. Deshalb müssen Sie sich hierzulande als Fahrradfahrer kein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn Sie ohne Helm unterwegs sind und die Folgen des Unfalls schwerer ausfallen als mit Helm.
Ein Radfahrer fährt ohne Helm in falscher Richtung auf dem Radweg und kollidiert mit einem Kfz. Dabei zieht er sich schwere Kopfverletzungen zu. Der Autofahrer und der Radfahrer müssen sich den Schaden teilen. Dass der Schaden aufseiten des Radlers erheblich höher ausgefallen ist, weil er keinen Helm getragen hat, erhöht seinen Mitverschuldensanteil nicht ( OLG Hamm, Urteil vom 4.8.2017, 9 U 173/16 ).
Nicht entschieden hat der Bundesgerichtshof die Frage, inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichttragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann. Auf diese Frage kam es im zu entscheidenden Fall nicht an.
Daher gilt hier nach wie vor die Ausnahme, wer mit seinem Rennrad Freizeitsport auf öffentlichen Straßen ausübt, muss grundsätzlich einen Schutzhelm tragen. Andernfalls trifft den Hobbyfahrer im Falle einer Kopfverletzung ein Mitverschulden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.2.2007, I-1 U 182/06, NJW 2007 S. 3075). Im entschiedenen Fall hatte der Hobbyrennradfahrer schwere Kopfverletzungen, unter anderem ein Schädelhirntrauma zweiten Grades sowie eine Schädel- und Mittelgesichtsfraktur erlitten.
Verkehrsverstöße: Wie teuer kommen sie den Radler?
Die von Radlern begangenen Straßenverkehrsverstöße können ebenso mit Verwarnungsgeldern und Geldbußen geahndet werden wie bei Kraftfahrzeugfahrern. Ihre Sünden sind allerdings nicht ganz so teuer, in der Regel sind 15,00 € fällig, sofern der Bußgeldkatalog nichts anderes vorsieht (§ 2 BKatV).
Was die typischen Missetaten von radelnden Verkehrssündern im Einzelnen kosten können, entnehmen Sie bitte der nachfolgenden Übersicht:
Verstoß | Euro |
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Nicht verkehrssicheres Fahrrad | |
Fahrrad ohne oder mit nicht funktionierender Beleuchtung – mit Gefährdung anderer – es kam zum Unfall |
25,00 35,00 |
Rennrad bis 11kg ohne erforderliches Licht | 20,00 |
Sie führten ein Fahrrad ohne die vorgeschriebene seitliche Kenntlichmachung, § 67 Abs. 7 StVZO |
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(Zur seitlichen Kenntlichmachung sind zwei gelbe Speichenrückstrahler um 180° versetzt und/oder ringförmig retroreflektierende weiße Streifen je Rad vorgeschrieben.) | |
Fahrrad ohne funktionierende Bremsen | 10,00 |
Fahrrad ohne Klingel | 15,00 |
Fahren | |
– Benutzen von Mobiltelefon ohne Freisprecheinrichtung – Handynutzung mit Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer – Handynutzung mit Unfallfolge – sich an ein anderes Fahrzeug angehängt – freihändig gefahren – die Füße von den Pedalen genommen | 55,00 75,00 100,00 5,00 5,00 5,00 |
Rotlicht missachtet – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 60,00 100,00 120,00 |
Rotlicht, das bereits länger als eine Sekunde dauert, missachtet – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 100,00 160,00 180,00 |
Überqueren eines Bahnübergangs trotz geschlossener Schranke | 350,00 |
Radwegbenutzung | |
Radweg nicht benutzt – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 20,00 25,00 30,00 35,00 |
Radweg in nicht zugelassene Richtung benutzt – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 20,00 25,00 30,00 35,00 |
Radfahrer und Fußgänger | |
Fußgängerweg befahren – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 55,00 70,00 80,00 100,00 |
In einem Fußgängerbereich (Zeichen 239 oder 242/243 mit Zusatzschild), in dem Fahrzeugverkehr zugelassen ist, – mit mehr als Schrittgeschwindigkeit befahren – einen Fußgänger gefährdet |
30,00 |
Die auch für Radfahrer geltende Rotlicht-Ampel für Fußgänger missachtet | 60,00 |
Straßenbenutzung | |
Entgegen der Einbahnstraße gefahren – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 20,00 25,00 30,00 35,00 |
Busspur verbotswidrig benutzt – andere behindert | 15,00 35,00 |
Befahren eines für Fahrräder gesperrten Bereichs – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall |
20,00 25,00 30,00 |
Beim Vorhandensein einer Schutzstreifenmarkierung gegen das – und behinderten dadurch andere – und gefährdeten dadurch andere – es kam zum Unfall |
20,00 25,00 30,00 |
Wird am rechten Fahrbahnrand ein Schutzstreifen für Radfahrer so markiert, dann dürfen andere Fahrzeuge die Markierung bei Bedarf überfahren; | |
Als Radfahrer nebeneinandergefahren und – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall |
25,00 30,00 |
Fehler beim direkten oder indirekten Linksabbiegen – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall |
20,00 25,00 30,00 |
Als Radfahrer die Straße benutzt, obwohl diese gesperrt war – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 15,00 20,00 25,00 30,00 |
Verbot der Einfahrt nicht beachtet – andere behindert – andere gefährdet – es kam zum Unfall | 20,00 25,00 30,00 35,00 |
Personenbeförderung auf dem Fahrrad | |
Eine über 7 Jahre alte Person auf einem einsitzigen Fahrrad befördert | 5,00 |
Kind ohne Sicherheitsvorrichtung auf dem Fahrrad befördert | 5,00 |