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Wer haftet für einen Unfall durch eine sich automatisch schließende Tür?

Wohnungseigentum & Grundbesitz 31. Mai 2021
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Ipek Morel / stock.adobe.com

Wer als Passant auf dem Bahnhof von einer Automatik-Tür erfasst wird, kann Schadensersatz verlangen. Allerdings trifft ihn ein Mitverschulden, wenn er beim Laufen nicht darauf achtet, ob die Tür sich bereits im Schließvorgang befindet.

Eine 81-jährige Frau näherte sich im Eingangsbereich zu einer Bahnhofshalle aus spitzem Winkel einer automatischen Schiebetür. Durch das Schließen der Automatiktür wurde sie von den Türflügeln getroffen und stürzte. Dabei zog sie sich einen Oberschenkelhalsbruch zu.

Die Frau forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Betreiber des Bahnhofs, dem sie eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorwarf. Die Tür habe ihren Schließvorgang fortgesetzt, obwohl sie sich in deren unmittelbaren Bereich befand. Die Tür habe sich außerdem mit einer derartig hohen Kraft und Geschwindigkeit geschlossen, dass sie zumindest für ältere Menschen eine echte Gefahr dargestellt habe

Das Oldenburger Landgericht folgte der Argumentation der Verletzten. Der Bahnhofsbetreiber hat seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. In einem hoch frequentierten Bereich eines Bahnhofs (hier: Eingangsbereich) muss damit gerechnet werden, dass eine Tür von allen möglichen Seiten und Winkeln mit unterschiedlichen Geschwindigkeit durchschritten wird. Die Beweisaufnahme belegt, dass der Sturz im vorliegenden Fall darauf zurückzuführen war, dass der Bewegungsmelder die in einem sehr spitzen Winkel auf die Tür zulaufende Frau nicht erfasst hatte.

Der Bahnhofsbetreiber hat eine Gefahrenlage geschaffen, die er ohne weiteres hätte verhindern können. Der Eingangsbereich hätte umgestaltet werden müssen, um ein Zulaufen auf die Tür aus einem spitzen Winkel zu verhindern. Denn der Bewegungsmelder kann diese Position nicht erfassen. Zudem darf eine Automatiktür nicht so kraftvoll schließen, dass sie Personen zu Fall bringen kann.

Deshalb haftet der Betreiber. Doch der Frau wird ein Mitverschulden in Höhe von 30 % angerechnet. Sie hätte vor dem Betreten der Halle ihre Geschwindigkeit reduzieren und sich vergewissern müssen, ob die Tür sich bereits im Schließvorgang befindet.

LG Oldenburg, Urteil vom 23.2.2021, 4 O 2137/20, n. rk.

Hinweis: Dieses Urteil wurde durch das Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 20. Oktober 2022, 1 U 54/21 aufgehoben. Das OLG entschied, dass dem Betreiber keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nachgewiesen werden konnte, sofern die Tür ordnungsgemäß gewartet und keine technischen Mängel festgestellt wurden. Weitere Informationen finden Sie in den entsprechenden Urteilsdatenbanken​.