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Wann blendet das Dach den Nachbarn zu stark?

Wohnungseigentum & Grundbesitz 30. August 2019
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Cla78 / stock.adobe.com

Dachziegel eines Hauses können Sonnenlicht so reflektieren, dass sie den Nachbarn stark beeinträchtigen. Ob der Eigentümer die Blendwirkung verhindern muss, entscheidet in der Regel ein Ortstermin. Schematische Richtwerte gibt es nicht.

Die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke stritten über die Blendwirkung von Dachziegeln. Einer der Eigentümer hatte sein Dach im Juni 2015 mit hochglänzend glasierten Dachziegel eindecken lassen. Diese tauschte er im Mai 2017 größtenteils gegen matt glasierte Ziegel aus. Die glänzenden Ziegel verblieben nur im Bereich der Ortgänge und des Dachfirsts.

Sein Nachbar fühlte sich durch die Lichtreflexionen des Daches stark beeinträchtigt. Er machte geltend, seinen Garten und Wohnbereich nur noch mit gesenktem Kopf nutzen zu können. Insbesondere in den Monaten April bis Oktober in der Zeit von 10:30 Uhr bis 15:30 Uhr und bei Vollmond in den Wintermonaten käme es zu starken Blendung sowohl durch die hochglänzend als auch durch die matt glasierten Dachziegel. Er verlangte, dass sein Nachbar jegliche Blendwirkung, die von seinem Hausdach ausgeht, verhindern müsse.

Ein Sachverständiger hatte dazu festgestellt, dass zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten die Leuchtwirkung der Dachziegel unzumutbar ist. In erster Instanz wurde der Nachbar verurteilt, die Blendwirkung, die über 100.000 Candela pro Quadratmeter liegt, zu verhindern. Dem Nachbarn ging dies nicht weit genug und ging in Berufung.

Das Oberlandesgericht Hamm folgte seinem Ansinnen jedoch nicht. Es lehnte weitergehende Ansprüche ab. Durch die verbleibenden glänzenden Dachpfannen auf dem Dach wird das Nachbargrundstück nur unwesentlich beeinträchtigt.

Wie stark die Sonne reflektiert und den Nachbarn blendet, kann nicht schematisch anhand von pauschalen Grenzwerten beurteilt werden. Zudem gibt für diesen Fall keine verbindlichen Richtwerte, die eine wesentliche Beeinträchtigung definieren, wenn sie überschritten werden. Vielmehr ist nach Auffassung der Richter am OLG auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und das Empfinden eines sogenannten „Durchschnittsmenschen“ abzustellen. Dafür ist in der Regel ein Ortstermin erforderlich.

OLG Hamm, Urteil vom 9.7.2019, 24 U 27/18