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Birken dürfen trotz Pollenflugs bleiben, wenn der Grenzabstand stimmt

Wohnungseigentum & Grundbesitz 17. Oktober 2019
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alexialex / stock.adobe.com

Ein Grundstückseigentümer hat grundsätzlich keinen Anspruch gegen seinen Nachbarn, Bäume wegen der von ihnen ausgehenden natürlichen Immissionen auf sein Grundstück zu beseitigen. Vorausgesetzt, der Grenzabstand wurde eingehalten.

Zwei benachbarte Grundstückseigentümer aus Baden-Württemberg stritten über die Beeinträchtigung durch Birken-Pollenflug. Auf dem einen Grundstück standen in einem Abstand von mindestens zwei Meter zu der Grundstücksgrenze drei rund 18 m hohe, gesunde Birken.

Der Nachbar fühlt sich durch die von diesen Bäumen ausgehenden natürlichen Immissionen erheblich auf seinem Wohngrundstück gestört (z.B. Pollenflug, Herausfallen der Samen und Früchte, Herabfallen der leeren Zapfen sowie der Blätter und Birkenreiser). Er verlangte, die Bäume zu beseitigen. Hilfsweise forderte er eine monatliche Ausgleichleistung in Höhe von jeweils € 230,- für die Zeit von Juni bis November eines jeden Kalenderjahres.

Der Bundesgerichtshof hatte in diesem Nachbarschaftsstreit das letzte Wort. Er stellte klar: Die Birken dürfen stehenbleiben. Der klagende Nachbar hat keinen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Dieser setzt zunächst voraus, dass der andere Nachbar »Störer« im Sinne dieser Vorschrift ist.

Hierfür genügt aber nicht bereits das Eigentum am Grundstück bzw. an den Birken, von denen die Beeinträchtigungen ausgehen. Sondern es kommt vielmehr darauf an, ob er für die natürlichen Immissionen die Verantwortung trägt (z.B für den Pollenflug oder den Laubfall).

Das beurteilt sich für Störungen, die durch Naturereignisse ausgelöst werden, danach, ob das Grundstück, von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, „ordnungsgemäß bewirtschaftet“ wird. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn die landesrechtlichen Grenzabstandsregelungen für Pflanzen eingehalten werden.

Folge: Kommt es trotz Einhaltung der Grenzabstände zu natürlichen Immissionen auf dem Nachbargrundstück, ist der Eigentümer des Grundstücks hierfür regelmäßig nicht verantwortlich.

Da der Eigentümer der Birken die Rechtsvorschriften gehalten hat und somit für die Beeinträchtigungen nicht verantwortlich ist, entfällt auch der Ausgleichsanspruch.

BGH, Urteil vom 20.9.2019, V ZR 218/18