Auch eine Kameraattrappe darf nicht auf das Nachbargrundstück ausgerichtet werden
Zwei Wohnhäuser stehen auf nebeneinanderliegenden Grundstücken, die mit den Gärten aneinandergrenzen. Der eine Grundstückseigentümer brachte im Erdgeschoss seines Hauses eine funktionstüchtige Kamera an. Eine zweite Kamera – eine Attrappe – installierte er in einem Haselnussstrauch auf seinem Grundstück unmittelbar an der Grundstücksgrenze. Beide Kameras waren auf das Nachbargrundstück ausgerichtet.
Der Grundstückseigentümer wollte durch die vorgebliche Videoüberwachung Einbrecher abschrecken. Der Nachbar fühlte sich dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht gestört. Er klagte auf Entfernung der beiden Kameras.
Das Landgericht Koblenz verpflichtete den Grundstückseigentümer sowohl die funktionstüchtige Kamera als auch die Kameraattrappe zu demontieren. Eine Videoüberwachung greift nach ständiger Rechtsprechung in das sogenannten »Recht auf informationelle Selbstbestimmung« ein. Danach darf jeder grundsätzlich selbst entscheiden, wann und innerhalb welchen Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden sollen.
Wird eine Videoüberwachungsanlage auf einem Privatgrundstück installiert, ist deshalb stets sicherzustellen, dass weder angrenzende öffentliche Bereiche noch benachbarte Privatgrundstücke von den Kameras erfasst werden.
Ausnahmen gelten nur in besonderen Einzelfällen, etwa bei einer konkreten und besonderen Gefährdung der Sicherheit des Hauseigentümers. Das Ziel, Einbrecher abschrecken zu wollen, reicht dafür nicht aus.
Entsprechendes gilt auch für die Kameraattrappe. Denn bereits durch eine Attrappe kann bei einem Nachbarn ein sogenannter »Überwachungsdruck« entstehen (z.B. befürchtet er ernsthaft eine Überwachung seines Grundstückes). Auch dieser Überwachungsdruck verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Bei einer Attrappe kann der Nachbar nicht sicher sein, ob sie nicht durch eine funktionsfähige Kamera ausgetauscht wird. Einbrecher schreckt die hier im Haselnussstrauch angebrachte Kameraattrappe nicht ab, denn sie ist für Außenstehende kaum erkennbar.
Hier liegt somit der Verdacht nahe, das Anbringen der Attrappe war eine gezielte Provokation in einem ohnehin schwelenden Nachbarschaftsstreit.
LG Koblenz, Beschluss vom 5.9.2019, 13 S 17/19