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Eigenbedarfskündigung: GbR darf im Interesse einzelner Mitglieder kündigen

Vermieten von Wohnraum & Garage 16. Dezember 2016
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Eigenbedarfskündigung: GbR darf im Interesse einzelner Mitglieder kündigen

© Kara / fotolia.com

Auch wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Hauseigentümerin keine natürliche Person ist, wird sie wegen der vergleichbaren Interessenlage als Vermieterin wie eine solche behandelt. Sie darf deshalb für Mitglieder kündigen.

Ein Ehepaar hatte in München seit 1985 eine 5-Zimmer-Wohnung in München gemietet. Die jetzige Vermieterin und Eigentümerin ist eine 1991 gegründete, aus vier Gesellschaftern bestehende GbR. Zweck der Gesellschaft ist laut Gesellschaftsvertrag die „Instandsetzung, Modernisierung und der Ausbau des Anwesens, dessen Vermietung sowie nach Möglichkeit die Aufteilung in Wohnungseigentum“. Im Jahr 1994 begann die Gesellschaft mit der Sanierung des Gebäudes und teilte es in Eigentumswohnungen auf. Einige der Wohnungen wurden inzwischen verkauft. Die Wohnung des Ehepaares ist die letzte, noch nicht sanierte Wohnung.

Im September 2013 kündigte die Gesellschaft das Mietverhältnis. In der Begründung hieß es, die Tochter eines der Mitgesellschafter habe Eigenbedarf. Es kam zum Räumungsprozess, weil sich die langjährigen Mieter damit nicht abfinden wollten. Die Mieter waren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht erfolgreich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Am Amtsgericht meinte man, die Kündigung sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Vermieterseite es versäumt habe, den Mietern eine seit April 2014 leerstehende 76 m² große 2-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss anzubieten. Am Landgericht meinte man, die Kündigung sei unwirksam, weil nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine GbR einen Wohnraummietvertrag überhaupt nicht wegen Eigenbedarfs eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen kündigen dürfe.

Letzteres sah der BGH anders. Die Karlsruher Richter urteilten, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sehr wohl Eigenbedarf für einen der Gesellschafter oder dessen Angehörigen geltend machen darf. Eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist zwar keine „natürliche Person“, so dass der auf natürliche Personen zugeschnittene Kündigungstatbestand der Eigenbedarfskündigung nicht direkt anwendbar ist. Die Interessenlage sei aber dieselbe wie bei Privatpersonen.

Der hier geltend gemachte Eigenbedarf an der Wohnung muss deshalb rechtlich so behandelt werden, als ob es sich bei den Gesellschaftern um eine Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft handelt. Eine Eigenbedarfskündigung wird in diesen Fällen nach allgemein üblichen Kriterien auf seine Wirksamkeit hin überprüft. Der BGH hat das Urteil des Landgerichts im Ergebnis aufgehoben und zurückverwiesen, damit die notwendigen Feststellungen zum Vorliegen einer zulässigen Eigenbedarfskündigung und zu möglichen Härtegründen auf Seiten der Mieter getroffen werden können.

Was die rechtliche Beurteilung durch das Amtsgericht anbetrifft, kam BGH zu dem Ergebnis, dass das unterlassene Angebot der kleineren Wohnung an die Mieter nicht zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung als solcher führt. Damit hat der Mietrechtssenat am BGH seine eigene Rechtsprechung geändert. Zwar ist ein Vermieter verpflichtet, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten, da der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen besondere Bedeutung von Verfassungsrang zukommt. Der Vermieter muss deshalb eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Wohnung zur Anmietung anbieten, wenn diese sich im selben Haus oder derselben Wohnanlage befindet.

Die Verletzung dieser Anbietpflicht soll aber künftig keine Unwirksamkeit der Kündigung mehr zur Folge haben. Die Verletzung dieser Pflicht sowie anderer Nebenpflichten soll vielmehr bloß Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Der Mieter kann somit in dieser Situation Geldersatz für hierdurch entstandene Schäden (etwa Umzugs- und Maklerkosten) verlangen.

(BGH, Urteil vom 14.12.2016, Az. VIII ZR 232/15)