BGH: Keine Eigenbedarfskündigung für Büronutzung
Eine Berliner Vermieterin hatte den Vertrag über eine kleine Zweizimmerwohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt. Zur Begründung gab sie an, ihr Mann benötige die Räume für sein Beratungsunternehmen im selben Gebäude. Die bislang genutzten Büroräume seien mit Akten überfüllt, so dass der Platz nicht reiche.
In den ersten beiden Instanzen wurde der Eigenbedarf zwar als solcher anerkannt, die Räumungsklage wurde dennoch abgewiesen. Die beabsichtigte gewerbliche Nutzung verstoße gegen das in Berlin geltende Zweckentfremdungsverbot, das die Umwandlung von Wohn- in Gewerberäume untersage.
Beim Bundesgerichtshof ließ man die Klage schon aus einem anderen Grund scheitern. Und zwar am fehlenden berechtigten Interesse der Vermieterin, auf das es bei einer Eigenbedarfskündigung aber immer ankommt, nicht nur in Berlin. Geht es um eine Eigenbedarfskündigung für Wohnzwecke, reicht es aus, wenn der Vermieter seine Nutzungsabsicht nachvollziehbar darlegt. Ein weiteres Abwägen der Interessen von Vermieter und Mieter ist dann nicht erforderlich.
Die Eigenbedarfskündigung für gewerbliche Zwecke fällt aber unter die Generalklausel des § 573 Abs. 1 BGB. Hier verlangt der Gesetzgeber sehr wohl eine einzelfallbezogene Prüfung und Abwägung der Vermieter- und Mieterinteressen. Das heißt, bei einer rein wirtschaftlich motivierten Kündigung sind an die Begründung der Kündigung erheblich höhere Anforderungen zu stellen. Der BGH vergleicht diese Art der Kündigung mit der sogenannten Kündigung zu wirtschaftlichen Verwertung. Im Ergebnis ist der Vermieter hier gezwungen, Argumente ins Feld zu führen, warum er die Wohnung so dringend braucht. Anerkennenswerte Gründe sind in diesem Zusammenhang die mangelnde Rentabilität der geschäftlichen Tätigkeit ohne die selbst genutzte Wohnung oder persönliche Gründe wie gesundheitliche Einschränkungen, Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen.
Und gerade solche Gründe wollten die Karlsruher Richter im konkreten Fall nicht sehen. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass dem Ehemann der Vermieterin beispielsweise durch eine mögliche Auslagerung von Altakten in entfernte Räumen wirtschaftliche oder organisatorische Nachteile von einigem Gewicht entstehen könnten.
(BGH, Urteil vom 29.3.2017, Az. VIII ZR 45/16)
Der Mietrechtssenat hat damit seine eigene Rechtsprechung aus dem Jahr 2012 geändert. Denn jetzt verlangt er neben der Darlegung des beruflichen oder geschäftlichen Bedarfs darüber hinausgehende erhebliche Gründe, die im Einzelfall das Interesse des Mieters an der Erhaltung des Wohnraummietvertrages überwiegen müssen. Das erhöht das Prozessrisiko für Vermieter in diesen Fällen enorm, so dass eine Eigenbedarfskündigung wegen gewerblicher oder beruflicher Nutzungsabsicht kaum empfehlenswert ist. Zumindest sollten die in der Entscheidung genannten anerkennswerten Gründe sorgfältig dargelegt und bewiesen werden. So reicht es womöglich, wenn Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen.