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Zum Anspruch der Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte nach Kündigung

Kündigung, Aufhebung & Arbeitszeugnis 2. September 2024
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Einsicht in die Personalakte ohne Anwalt

Ralf Geithe / fotolia.com

Ein Arbeitnehmer hat nach Kündigung einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Dieser ergibt sich aus der Datenschutzgrundverordnung, die nicht nur auf die elektronische Verarbeitung von Daten Anwendung findet, sondern auch schriftlichen Personalakten zu berücksichtigen ist.

Ein junger Mann stand im Zeitraum vom 1.9.2016 bis 30.3.2020 in einem Ausbildungsverhältnis zum Sport- und Gesundheitstrainer sowie zum Sport- und Fitnesskaufmann. Am 5.3.2020 wurde ihm eine Abmahnung erteilt. Vorwurf: Er habe angeblich sensible Mitgliederdaten seines Arbeitgebers auf einem USB-Stick gespeichert. Der Stick wurde von einem Kollegen gefunden und vom Geschäftsführer eingezogen.

Der ehemalige Azubi bestritt die Vorwürfe und verlangte die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte sowie Auskunft über seine personenbezogenen Daten. Er berief sich dabei auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Zudem verlangte er Schadensersatz wegen der angeblichen Verstöße gegen die DSGVO.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gab ihm recht. Ein Arbeitnehmer kann nach Ende des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses regelmäßig verlangen, dass die Abmahnung aus der Personalakte gelöscht wird(Art. 17 Abs. 1 DSGVO). Danach sind Abmahnungen für den Zweck, für den sie in der Personalakte gespeichert worden sind, grundsätzlich nicht mehr erforderlich. Insbesondere dient die Abmahnung auch nicht mehr der Geltendmachung der Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen des Arbeitgebers (Art. 3e DSGVO). Gesetzliche Aufbewahrungsfristen für Abmahnungen gibt es nicht.

Der Anspruch auf Entfernung der Abmahnung setzt dabei keine elektronische Verarbeitung der Daten voraus. Zugelassen ist nach dem Wortlaut der DSGVO jede Verarbeitung in einer Datei (Art. 2 Abs. 1 DSGVO). Den Begriff des Dateisystems definiert Art. 4 Nr. 6 DSGVO, wonach ein Dateisystem jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten ist, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird. Eine solche Datei ist deshalb auch eine papierene Personalakte.

Nimmt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen diesem gehörenden USB-Stick mit persönlichen Daten weg und liest diesen aus und sichert die Daten, hat er Auskunft zu erteilen, welche Daten er ausgelesen und gesichert hat. Im Fall der Verletzung dieser Auskunftspflicht haftet er auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO.

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.7.2023, 9 Sa 73/21; n. rk.

Anmerkung der Redaktion:

Davor hatte das Landesarbeitsgericht Sachsen anders entschieden. Es befand, dass kein Rechtsschutzinteresse auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte besteht. Das Gericht hat die Anwendung von Art. 17 Abs. 1 DSGVO verneint (LAG Sachsen, Urteil vom 31.3.2023, 4 Sa 117/21). Nun bleibt abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht hier das letzte Wort hat und Klarheit schaffen kann. Das LAG Baden-Württemberg hat zumindest die Revision zugelassen.