Kündigung: Zugangszeitpunkt bei Einwurf-Einschreiben
Eine angestellte Zahnärztin arbeitete für ein Monatsgehalt von rund € 10.000,– brutto. Vereinbart war eine vierteljährliche Kündigungsfrist zum Quartalsende. Ihr Arbeitgeber kündigte ihr mit Schreiben vom 28.9.2021 zum Ende des Jahres. Er gab das Schreiben als Einwurf-Einschreiben bei der Deutschen Post AG auf und erhielt den Auslieferungsbeleg, wonach der Brief am 30.9.2021 in den Briefkasten seiner Angestellten eingeworfen worden war.
Die Zahnärztin erhob die Kündigungsschutzklage. Sie bestritt einen Einwurf des Kündigungsschreibens in ihren Hausbriefkasten zu üblichen Postzustellungszeiten am 30.9.2024. Mit einer Entnahme am selben Tag sei deshalb nicht zu rechnen gewesen, sodass der Zugang erst am 1.10.2021 erfolgt sei. Das Kündigungsschreiben sei deshalb nicht rechtzeitig zugegangen, sodass das Arbeitsverhältnis erst am 31.3.2024 ende.
Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.12.2021 gekündigt. Das BAG hat neu einen sogenannten »Beweis des ersten Anscheins« dafür festgestellt, dass ein Kündigungsschreiben bei Zustellung durch einen Bediensteten der Deutschen Post AG am Zustelltag zu den üblichen Postzustellzeiten in den Hausbriefkasten gelegt wird. Damit schloss sich das BAG der Rechtsprechung des BGH zu prozessual relevanten Fragen beim Versand von Kündigungen per Einwurf-Einschreiben an.
Das Kündigungsschreiben geht mit Einlegen in den Hausbriefkasten beim Empfänger zu, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Nach allgemeiner Lebenserfahrung wird ein Briefkasten nach den üblichen örtlichen Zustellzeiten am selben Tag geleert.
Insoweit ist der Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG ein Anscheinsbeweis dafür, dass das Schreiben während der regulären Arbeitszeit des Postboten eingeworfen worden ist. Die Zahnärztin konnte somit noch am selben Tag hiervon Kenntnis nehmen. Die Kündigungsfrist zum Quartalsende wurde eingehalten, die Kündigung rechtzeitig zugestellt.
Ein Anscheinsbeweis kann dabei erschüttert werden, indem man atypische Geschehensabläufe darlegt und gegebenenfalls beweist. Es handelt sich nicht um eine Beweisregel oder gar eine Beweislastumkehr. Hier hat die Zahnärztin aber den Zugang nur lediglich mit Nichtwissen bestritten und keine weiteren Umstände geschildert.
BAG, Urteil vom 20.6.2024, 2 AZR 213/23
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