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Frist für Zulassung verspäteter Klage für Schwangere zu kurz

Kündigung, Aufhebung & Arbeitszeugnis 16. Oktober 2024
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Syda Productions / stock.adobe.com

Die deutsche zwei-Wochen-Frist für den Antrag auf Zulassung der Kündigungsschutzklage ist mit EU-Richtlinien unvereinbar, wenn es der schwangeren Arbeitnehmerin erschwert wird, sich sachgerecht beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage sowie die eigentliche Klage abzufassen und einzureichen.

Eine Pflegerin wandte sich gegen ihre Kündigung. Sie berief sich dabei auf das Verbot, einer Schwangeren zu kündigen. Das Arbeitsgericht vertrat die Auffassung, die Klage sei grundsätzlich als verspätet abzuweisen. Als die Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft Kenntnis erlangte und die Klage erhob, sei die nach deutschem Recht vorgesehene ordentliche Frist bereits verstrichen gewesen (hier: drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung).

Weiter habe es die gekündigte Arbeitnehmerin versäumt, innerhalb der im deutschen Recht vorgesehenen weiteren Frist von zwei Wochen einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage zu stellen.

Das zuständige Arbeitsgericht legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, ob die deutsche Regelung mit der Richtlinie über schwangere Arbeitnehmerinnen vereinbar ist.

Der Europäische Gerichtshof entschied, die deutsche 2-Wochen-Frist ist eher zu kurz: Nach der deutschen Regelung verfügt eine schwangere Arbeitnehmerin, die zum Zeitpunkt ihrer Kündigung Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, über eine Frist von drei Wochen, um eine Klage zu erheben. Nach Verstreichen dieser Frist gilt die Kündigung als wirksam, sofern nicht ein Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage gestellt wird.

Dagegen verfügt eine Arbeitnehmerin, die aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund vor Verstreichen dieser Frist keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, nur über zwei Wochen, um zu beantragen, eine solche Klage erheben zu können.

Eine so kurze Frist kann, insbesondere verglichen mit der ordentlichen Klagefrist von drei Wochen, mit der Richtlinie unvereinbar sein.

Begründung: In Anbetracht der Situation, in der sich eine Frau zu Beginn ihrer Schwangerschaft befindet, kann diese kurze Frist dazu führen, dass es der schwangeren Arbeitnehmerin erheblich erschwert wird, sich sachgerecht beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage sowie die eigentliche Klage abzufassen und einzureichen. Zudem sind Unsicherheiten hinsichtlich des Beginns dieser 2-Wochen-Frist nicht auszuschließen.

Es wird vorliegend Sache des deutschen Arbeitsgerichts sein, zu prüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.

EuGH, Urteil vom 27.6.2024, C-284/23

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