Aufhebungsvertrag nur bei sofortiger Annahme – ist das erlaubt?
Eine Verkaufsangestellte senkte mehrfach unbefugt Einkaufspreise in der EDV. Sie wurde zu einem Gespräch mit dem Arbeitgeber eingeladen. In diesem wurden ihr die betrügerischen Handlungen vorgeworfen und zugleich der Abschluss eines Aufhebungsvertrags angeboten. Dieses Angebot galt aber nur unter der Bedingung, dass die Angestellte den Aufhebungsvertrag sofort unterschreibt. Abgesehen von einer 10-minütigen Pause wurde der Mitarbeiterin keine Bedenkzeit eingeräumt. Ihr wurde deutlich gemacht, dass das Angebot bei Verlassen des Raums erlischt.
Die Mitarbeiterin unterschrieb den Aufhebungsvertrag. Anschließend focht Sie den Vertrag an. Sie fühlte sich unangemessen unter Druck gesetzt. Ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags mit einer außerordentlichen Kündigung sowie einer Strafanzeige gedroht worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei abgelehnt worden. Der Arbeitgeber habe somit gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen.
Das Bundesarbeitsgericht widersprach: Es liegt kein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns vor. Der Aufhebungsvertrag ist wirksam zustande gekommen.
Es stelle kein unfaires Verhandeln dar, wenn der Arbeitgeber die Bitte des Arbeitnehmers nach Einräumung einer Bedenkzeit bzw. Einholung eines Rechtsrates ablehnt, sondern sein Aufhebungsvertragsangebot nur zur sofortigen Annahme unterbreitet. Dabei darf er den Druck auch erhöhen, um das Verhandlungsziel zu erreichen (z.B. darf er dem Arbeitnehmer signalisieren, dass das Angebot erlischt, wenn dieser den Raum verlässt).
Die Entscheidungsfreiheit des Arbeitsnehmers ist unfair beeinträchtigt, wenn der Abschluss des Aufhebungsvertrags die einzige Option ist, um sich der Verhandlungssituation zu entziehen. Verbleibt ein schlichtes »Nein«, liegt kein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns vor.
BAG, Urteil vom 24.2.2024, 6 AZR 333/21
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