Spaziergänger darf freilaufenden Hund abwehren
Ein Jogger trainierte im Wald. Er hatte seine Hündin dabei, die er an der Leine führte. Zeitgleich ging ein Ehepaar mit seinem nicht angeleinten Hund spazieren. Die gemeindliche Gefahrenabwehrverordnung verpflichtet den Tierhalter, einen Hund sofort und unaufgefordert anzuleinen, wenn sich andere Personen nähern.
Der Hund befand sich allerdings schon außerhalb der Sichtweite seines Halters, als er auf den Jogger zu rannte. Dieser forderte den Hundehalter, den er nicht sehen konnte, auf, seinen Hund zurückzurufen und anzuleinen. Der Ehemann rief sofort nach dem Tier, das jedoch nicht folgte.
Beim Versuch, den fremden Hund mit einem Ast von sich fernzuhalten, rutschte der Jogger aus und stürzte. Er zog sich einen Sehnenriss zu, der operiert werden musste. Vom Hundehalter forderte der Jogger Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Der zahlte jedoch nicht. Sein Hund sei nicht aggressiv gewesen, er habe mit der Hündin nur spielen wollen. Die Abwehr der Hundeattacke sein unverhältnismäßig gewesen, den Jogger treffe ein Mitverschulden.
Oberlandesgericht Koblenz stellte sich auf die Seite des Joggers und bejahte die volle Verantwortung des Hundehalters. Dieser haftet für die Folgen des Angriffs seines Vierbeiners.
Der Hundehalter hat gegen die Gefahrenabwehrverordnung verstoßen. Er hatte bei einem Waldspaziergang seinen nicht angeleinten Hund nicht mehr unter Kontrolle. Er konnte ihn nicht mehr jederzeit anleinen. Unerheblich ist dabei, ob der Hund nur spielen wollte oder tatsächlich aggressiv war.
Ein Spaziergänger – mit oder ohne Begleitung eines eigenen Hundes – muss das Verhalten eines heraneilenden Hundes, den sein Herrchen nicht unter Kontrolle hat, nicht erst analysieren, sondern darf sofort das Risiko eines möglichen Angriffs effektiv abwenden. Denn das Gefahrenpotenzial durch Hunde ist unberechenbar. Den Verletzten trifft kein Mitverschulden an seiner Sturzverletzung.
OLG Koblenz, Urteil vom 18.10.2018, 1 U 599/18