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Zwei Testamente – Welches gilt?

Erben & Schenken 9. Juni 2023
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Bianca Bender / stock.adobe.com

Tauchen beim Erbfall mehrere Testamente auf, stellt sich die Frage, welches die endgültige und rechtlich bindende Version ist. Grundsätzlich hat gemäß § 2258 BGB das zeitlich aktuellste Testament Vorrang.

Ein kinderloser, geschiedener Erblasser hatte im Jahr 2020 mehrere letztwillige Verfügungen verfasst. Das erste Testament war auf den 18.6.2020 datiert und in die amtliche Verwahrung beim Amtsgericht gegeben. Der Erblasser hatte es von dort aber wenige Zeit später wieder zurückgeholt. Das zweite Testament war auf den 12.6.2020 datiert. Inhaltlich unterschieden sich die beiden Testamente.

Die potenziellen Erben stritten nun darüber, welche Version rechtsverbindlich sei. In seinem Beschluss hat das mit dem Fall befasste Amtsgericht (AG) Bamberg einige wichtige Grundsätze im Zusammenhang mit der Existenz mehrerer Testamente wiederholt. Zum einen wird die Wichtigkeit der Datumsangabe auf einem Testament bestätigt. Für das dort genannte Datum besteht eine tatsächliche Vermutung für dessen Richtigkeit. Das bedeutet, dass Erben, die sich auf ein vermeintlich anderes Ausstellungsdatum berufen, diese Vermutung widerlegen und den Beweis für ein anderes Datum erbringen müssen.

Zum anderen wird die Frage geklärt, was für den Fall gilt, in dem es ein erstes Testament und später ein zweites Testament gibt, welches zwar das erste zunächst ungültig macht, im Nachgang dann aber auch widerrufen wird. In § 2258 Abs. 2 BGB wird für diesen Fall festgestellt, dass hier das erste Testament wieder gültig wird. Im dem Fall vor dem AG Bamberg hatten die Erben behauptet, der Erblasser wollte dies nicht. Wer dies geltend machen will, muss beweisen, dass der Erblasser im Zeitpunkt des Widerrufs des zweiten Testaments ausdrücklich nicht wollte, dass damit das erste wieder in Kraft tritt.

AG Bamberg, Beschluss vom 8.7.2022, RV VI 1123/21