Direkt zum Inhalt

Witwengeld trotz kurzer Ehe möglich

Erben & Schenken 13. August 2016
Image
Witwengeld trotz kurzer Ehe möglich

© Marco2811 / fotolia.com

Ist eine Ehe kurz vor dem Tod des Versorgungsempfängers geschlossen worden, besteht die Vermutung einer Versorgungsehe, was grundsätzlich zum Ausschluss der Hinterbliebenenversorgung führt. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Eine 1961 geborene Frau zog mit ihrem 1955 geborenen damaligen Lebensgefährten, einem im Ruhestand befindlichen Bundesbeamten, 1996 zusammen. Der Mann bezog eine monatliche Beamtenversorgung von zuletzt ca. 2.100 Euro, die Frau ein Arbeitseinkommen von rund 530 Euro netto monatlich. Nachdem sich bei dem Mann in der zweiten Jahreshälfte 2012 ein bösartiger Tumor festgestellt wurde, heirateten die beiden Anfang März 2013. Zwei Monate später verstarb der Ehemann.

Das im Juli 2013 beantragte Witwengeld lehnte der der Dienstherr, die Deutsche Telekom AG, wegen Vermutung einer Versorgungsehe ab. Die Klage dagegen war in zweiter Instanz erfolgreich.

Jahrelange eheähnliche Beziehung

Die Witwe konnte die Vermutung damit widerlegen, dass sie und ihr Ehemann schon 19 Jahre vor der Heirat eheähnlich zusammengelebt hatten. Ein Heiratstermin sei immer wieder verschoben worden. Zuletzt geplant war der 17.9.2011 als Hochzeitstag. Dieser wurde aber trotz schon getroffener Vorbereitungen wegen familiärer Probleme aufgehoben. Der Sohn der Ehefrau hatte sich von seiner Familie getrennt

Das überzeugte die Richter am VGH Baden-Württemberg. Denn für die Widerlegung der Vermutung einer Versorgungsehe ist es nicht  erforderlich, dass die Heirat aus objektiven oder zwingenden Gründe verschoben worden ist. Es reicht vielmehr, wenn die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen, wie hier die familiären Probleme, nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben worden ist.

Wäre es den späteren Eheleuten in erster Linie um die Versorgung der Frau gegangen, hätte es zudem nahegelegen, die Ehe sofort nach der Krebsdiagnose zu schließen. Stattdessen hatten sie erst im März 2013 geheiratet, nachdem der Mann die Chemotherapie abgeschlossen und sich sein Gesundheitszustand soweit gebessert hatte, dass ihm ärztlicherseits die Möglichkeit einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft in Aussicht gestellt wurde.

(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.6.2016, Az. 4 S 1562/15)