Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht ist eine Schenkung auch bei dauerhafter Hinderung an der Ausübung
Ein Vater hatte seiner Tochter mit notariellem Kaufvertrag aus dem Jahr 1996 ein Wohnhaus zum Preis von seinerzeit DM 354.000,– übertragen. In derselben Urkunde räumte die Tochter ihren Eltern ein unentgeltliches lebenslanges Wohnungsrecht an einer Wohnung im zweiten Obergeschoss ein. Maßgabe war, dass dieses Recht keinem Dritten überlassen werden durfte.
Die Mutter wurde im Jahr 2009 von ihrem Betreuer in ein Pflegeheim eingewiesen. Der Vater lebte ab November 2013 in derselben Einrichtung. Im Jahr 2014 verzichteten die Eltern, die Mutter vertreten durch ihren Betreuer, auf das Wohnungsrecht und bewilligten die Löschung. Nach der Genehmigung des Verzichts der Mutter durch das Betreuungsgericht wurde das Wohnungsrecht im Grundbuch gelöscht. Im gleichen Jahr veräußerte die Tochter das Haus zu einem Preis von rund € 230.000,–.
Da beide Elternteile wegen ihres Heimaufenthaltes bis zu ihrem Tod Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt € 58.891,57 erhalten hatten, verlangte die zuständige Behörde jetzt von der Tochter die Rückgabe der Zuwendung wegen Verarmung der Eltern. Der Verzicht auf das Wohnungsrecht stelle hier eine rückgabepflichtige Schenkung an die Tochter dar, weil sich der Verkehrswert des Grundstücks um € 41.000,– erhöht habe. Das sah man beim Bundesgerichtshof auch so. Dass die Eltern das Wohnrecht nicht mehr ausüben konnten, war hier unerheblich. Denn das habe nicht zum Erlöschen des Wohnungsrechts geführt, da es auf Dauer bestand.
BGH, Urteil vom 20.10.2020, X ZR 7/20