Vereitelung der Erbschaft durch vorherige Schenkung?
Die Parteien sind Tochter und Sohn der Erblasserin. Diese hatte mit ihrem Ehegatten vor dessen Tod ein gemeinsames Testament errichtet, welches die gemeinsamen Kinder als Schlusserben einsetzt. Nach dem Tod des Vaters wurde die Mutter zunächst Alleinerbin. Vor dem Tod der Mutter übertrug sie durch Schenkung unter anderem ihr Miteigentum an einem Grundstück, das der Sohn laut Testament hätte erben sollen, an die Tochter. Der Sohn wollte dieses Grundstück nach dem Tod der Mutter von seiner Schwester herausverlangen.
Ein Erbe kann die Herausgabe eines Geschenkes nur verlangen, wenn der Erblasser die Schenkung in der Absicht vorgenommen hat, den Erben zu beeinträchtigen. Einen etwaigen Missbrauch hinsichtlich der Vereitelung des späteren Erbes konnte der Sohn jedoch nicht beweisen.
Das Gericht erkannte infolge von Zeugenaussagen und Beweisanschauungen an, dass die Mutter die Schenkung an die Tochter aus Eigeninteresse vorgenommen hat. Die Tochter hat die pflegebedürftige Mutter in ihrem Haushalt eigenhändig gepflegt. Das Gericht merkte außerdem an, dass ohne die häusliche Pflege durch die Tochter den Geschwistern hohe Kosten für Pflegedienste oder -heime entstanden wären.
Es ging der Mutter folglich nicht um die Beeinträchtigung der Erbschaft an den Sohn, sondern um die Wertschätzung der Pflege durch die Tochter. Das LG Koblenz verneinte somit das Herausgabebegehren des Sohnes.
LG Koblenz, Urteil vom 18.11.2021, Az. 1 O 222/18