Keine die Geschwister beeinträchtigende Schenkung an eins der Kinder bei gleichzeitiger Pflegeverpflichtung
Ein Elternpaar hatte sich testamentarisch gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die beiden Kinder, ein Sohn und eine Tochter, sollten nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners je hälftige Schlusserben werden. Nachdem die Mutter im Jahr 1995 verstorben war, übertrug der Vater im selben Jahr das Elternhaus auf die Tochter. Dabei behielt er sich ein lebenslanges Nießbrauchrecht an dem Anwesen vor. Zudem enthielt der Vertrag eine Vereinbarung, wonach der Vater unter bestimmten Voraussetzungen vom Übertragungsvertrag zurücktreten kann. Schließlich sah der Vertrag auch noch eine Pflegevereinbarung vor, dass die Tochter ihren Vater bei Bedarf „unentgeltlich zu pflegen und zu betreuen bzw. ihn kostenlos pflegen und betreuen zu lassen“ habe.
Der Vater verstarb im August 2012, ohne jemals pflegebedürftig geworden zu sein. Ende 2012 verkaufte die Tochter das Haus für 120.000 Euro. Davon wollte der Bruder die Hälfte abhaben. Er trug vor, dass es sich bei der Übertragung der Immobilie um eine ihn beeinträchtigende Schenkung gehandelt habe.
Das sah die Schwester wiederum nicht ein. Die Immobilienübertragung im Jahr 1995 sei keine Schenkung gewesen. Der Vater habe ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Hausübertragung gehabt. Erst beim Bundesgerichtshof konnte sie sich damit durchsetzen. Der BGH stellte fest, dass der der Fall hier analog einem Erbvertrag beurteilt werden muss. Der Anspruch des Bruders besteht demnach nur dann, wenn eine Schenkung vorliegt und diese erfolgt ist, um ein Schlusserben, hier den Sohn, zu beeinträchtigen.
Dazu muss zum einen die mit der Übertragung vereinbarte Pflegeverpflichtung berücksichtigt werden. Zum anderen muss eine Beeinträchtigungsabsicht beim Vater vorgelegen haben. Dafür ist es erforderlich, dass der Vater das ihm verbliebenes Verfügungsrecht Recht missbraucht hat. Ein solcher Missbrauch liegt dann aber nicht vor, wenn der Erblasser ein lebzeitiges Eigeninteresse an der Hausübertragung hatte, was wegen der Pflegevereinbarung hier zu vermuten ist. Im Ergebnis verwies der BGH die Angelegenheit an die Vorinstanz zurück, damit dort der Sachverhalt weiter aufgeklärt wird.
(BGH, Urteil vom 28.9.2016, Az. IV ZR 513/15)