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Berufsbetreuerin betätigt sich als Erbschleicherin

Erben & Schenken 25. August 2021
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MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Berufsbetreuer haben oft Zugang zu größeren Vermögen. Schwarze Schafe unter ihnen nutzen das aus und machen sich selbst zum Erben. In besonders plumpen Fällen geht das schief, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle zeigt.

Ein 85-jähriger Mann hatte Ende 2004 einen schweren Schlaganfall erlitten und war danach nicht mehr in der Lage, den Alltag zu bewältigen. Im April 2005 kam er in ein Pflegeheim. Das Amtsgericht Hannover richtete für ihn eine rechtliche Betreuung ein. Eine Rechtsanwältin sollte sich  als Berufsbetreuerin um die gesundheitlichen und finanziellen Angelegenheiten kümmern, da der Mann keine nahen Verwandten hatte.

Die Betreuerin vermittelte dem Pflegebedürftigen nicht nur einen Begleiter für Spaziergänge und fürs Einkaufen. Sie bestellte zudem, ohne von dem Mann dazu beauftragt worden zu sein, eine Notarin, um im Pflegeheim sein Testament aufzuschreiben. Das Vermögen belief sich immerhin auf ca. € 350.000,-. Als Erben setzte die Notarin die Betreuerin und den Begleiter ein.

Als das Amtsgericht das Betreuungsverhältnis im Dezember 2005 verlängerte, erwähnte die Betreuerin das Testament nicht. Der Betreute starb im April 2012. Die beiden Erben teilte das Vermögen untereinander auf.

Das Nachlassgericht beauftragte daraufhin einen Nachlasspfleger, der das Vermögen zurückforderte. Mit Erfolg. Denn im Mai 2005 war der Erblasser laut OLG Celle nicht mehr "testierfähig". Das hatten ärztliche Gutachten und Zeugenaussagen bestätigt.

Die Betreuerin habe den Zustand unverfroren zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Kaum sei der Patient im Pflegeheim untergebracht worden, habe sie die Notarin geholt. Ohne zwingenden Grund sei sie beim Testamentstermin anwesend gewesen. Hinzu kam, dass der Betreute nicht mehr selbst schreiben konnte. Folglich wusste die Betreuerin, dass er das Testament allein nicht mehr würde ändern können. Dem Amtsgericht habe sie zudem die Erbeinsetzung bewusst verschwiegen. Damit sollte verhindert werden, dass das Gericht den Interessenkonflikt prüft. Das notarielle Testament sei daher sittenwidrig und nichtig.

OLG Celle, Urteil vom 7.1.2021, 6 U 22/20