Eine Willenserklärung durch Emoji ist auslegungsbedürftig

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Ein Kunde hatte einen konfigurierten Ferrari Typ SF90 Stradale im Wert von € 600.000,– bestellt. Den Lieferzeitpunkt hatte der Autohändler in den Vertragsunterlagen »unverbindlich« für das zweite oder dritte Quartal 2021 in Aussicht gestellt. Vereinbart war weiter, erst wenn das unverbindliche Zeitfenster um zwei Quartale überschritten werde, könne der Käufer die Lieferung anmahnen.
Im September 2021 informierte der Händler den Käufer per WhatsApp, die Lieferung verschiebe sich auf das zweite Quartal 2022. Diese Nachricht beantwortete der Käufer mit »Ups« und dem »Grimassen-Emoji« 😬 (Unicode U+1F62C). Er verlangte eine schriftliche Bestellbestätigung des Ferraris, auf deren Erhalt er mit dem »Daumen-hoch-Emoji« 👍 reagierte.
Da sich die Lieferung des Autos weiter verzögerte, trat der Kunde schließlich vom Kauf zurück. Der Verkäufer musste den konfigurierten Ferrari unter Wert verkaufen. Den Verlust von € 100.000,– verlangte er vom Käufer ersetzt. Dieser habe durch seine Emoji-Nachricht einer Lieferfristverlängerung zugestimmt. Deshalb sei der Rücktritt vom Kauf so früh nicht möglich gewesen.
Das Oberlandesgericht München entschied: Emojis sind zwar grundsätzlich dazu geeignet, eine rechtsverbindliche Willenserklärung abzugeben. Aber: Es kommt jeweils auf die entsprechende Auslegung im Einzelfall an. Zu beachten ist außerdem, dass die Verwendung von Emojis fehleranfällig ist. Welche Bedeutung einzelne Emojis haben, kann sich von Personenkreis zu Personenkreis unterscheiden.
So ist stets der Kontext der Verwendung der Emoji zu betrachten. Hier hat der Käufer durch das »Grimassen-Emoji« 😬 sein Erstaunen über die verzögerte Lieferung mitteilen und nicht etwa ihr rechtlich bindend zustimmen wollen. Das »Ups« stellt ebenfalls keine Zustimmung dar, sondern ist ein Ausdruck der Überraschung.
Auch das »Daumen-hoch-Emoji« 👍 war nicht als Zustimmung zu werten. Diese Reaktion bezog sich allein auf den Erhalt der Bestellbestätigung, nicht auf die angekündigte Lieferverzögerung. Der Autoverkäufer ging somit leer aus.
OLG München, Urteil vom 11.11.2024, 19 U 200/24