Aufgepasst beim Passieren der Müllabfuhr!
Ein Fahrzeug der Müllabfuhr war erkennbar im Einsatz. Das Müllfahrzeug stand mit laufendem Motor, laufender Schüttung und eingeschalteten gelben Rundumleuchten sowie Warnblinkanlage in der Straße.
Eine Mitarbeiterin eines Pflegedienstes wollte mit ihrem Dienstwagen in der Gegenrichtung an dem Müllwagen vorbeifahren. Dabei kollidierte sie mit einem Müllcontainer, den ein Müllwerker hinter dem Müllwagen quer über die Straße schieben wollte. Der Pflegedienst verlangte Schadensersatz.
Der Bundesgerichtshof sprach den geltend gemachten Anspruch teilweise zu. Er sah dabei ein Verschulden auf beiden Seiten.
Ausschlaggebend ist zunächst die Haftung aus Betriebsgefahr (§ 7 StVG). Das Kfz des Pflegedienstes war bei dem Betrieb des Müllabfuhrfahrzeugs beschädigt worden. Hier hatte der Müllwerker den Müllcontainer quer über die Straße geschoben, ohne dabei auf den Verkehr und das Fahrzeug der Klägerin zu achten. Der BGH wertete dies als einen schuldhaften Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO. Die von der entleerten Mülltonne auf der Straße für andere Verkehrsteilnehmer ausgehende Gefahr ist dem Betrieb des Müllabfuhrfahrzeugs zuzurechnen.
Doch auch die Fahrerin des Pflegedienstes hat gegen die StVO verstoßen. Sie hat die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt nicht ausreichend beachtet. Wer an einem Müllabfuhrfahrzeug vorbeifährt, das erkennbar im Einsatz ist, darf nicht uneingeschränkt auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Müllwerker vertrauen. Er muss deshalb sein Fahrverhalten entsprechend einrichten. Das heißt konkret, ausreichenden Seitenabstand zum Müllfahrzeug einhalten oder – sofern das nicht geht – die Geschwindigkeit reduzieren, notfalls, bis das Kfz zum Stehen kommt.
Die Fahrerin war mit 20 km/h zwar langsam gefahren. Bei einem Seitenabstand von maximal 50 cm zum Müllabfuhrfahrzeug war diese Geschwindigkeit aber trotzdem immer noch zu hoch, um das Fahrzeug notfalls anhalten zu können.
Der BGH hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Es ist erneut über die Haftungsverteilung zu entscheiden.
BGH, Urteil vom 12.12.2023, VI ZR 77/23
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