Zur Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen während des Urlaubs
Ein Manteltarifvertrag für Zeitarbeit in Deutschland regelte, in Monaten mit 23 Arbeitstagen wird ab einer geleisteten Arbeitszeit von mehr als 184 Stunden ein Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 25 % gezahlt. Zu den geleisteten Stunden zählen jedoch nur tatsächlich erbrachte Stunden, aber nicht die Urlaubszeit.
Gegen die Berechnung dieses »Schwellenwertes« klagte ein betroffener Leiharbeiter. Er hatte im August 2017 an 13 Tagen gearbeitet und für die verbleibenden zehn Arbeitstage bezahlten Urlaub genommen. Er bekam trotz Mehrarbeit keinen Zuschlag, weil durch die Urlaubstage die Schwelle dafür nicht überschritten wurde. Die Stunden des Urlaubs zog der Arbeitgeber tarifgemäß ab.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah in der Regelung die Gefahr, dass Arbeitnehmer davon abgehalten werden können, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Er legte die Frage zur Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.
Der EuGH stärkte die Rechte der Arbeitnehmer. Der entschied: Nimmt ein Arbeitnehmer bezahlten Urlaub, darf sich das nicht negativ auf Mehrarbeitszuschläge auswirken.
Die fragliche Tarifregelung kann einen Arbeitnehmer davon abhalten, in dem Monat, in dem er Überstunden gemacht habe, bezahlten Urlaub zu nehmen. Das Recht auf bezahlten Jahresurlaub dient jedoch dazu, dass ein Arbeitnehmer Zeit zur Erholung hat, um seine Sicherheit und seine Gesundheit zu schützen.
Folge: Jede Praxis oder Unterlassung eines Arbeitgebers, die Arbeitnehmer davon abhalten könne, bezahlten Jahresurlaub zunehmen, verstößt gegen dieses Ziel.
Im konkreten Fall muss nun das BAG unter Berücksichtigung des Urteils des EuGHs entscheiden.
EuGH, Urteil vom 13.1.2022, C-514/20