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Wird ein Azubi nicht ausgebildet, erhält er für seine Tätigkeit den Tariflohn

Arbeitnehmer & Auszubildende 26. Januar 2022
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jackfrog / stock.adobe.com

Ein Betrieb setzte einen Azubi als ungelernten Arbeitnehmer ein. Damit hat er Anspruch auf die dafür übliche tarifliche Vergütung. Denn er erbringt Leistungen, zu denen er auf der Grundlage des Ausbildungsvertrages nicht verpflichtet ist.

Ein Mann schloss einen Berufsausbildungsvertrag zum Gebäudereiniger ab. Im Vertrag wurde eine Ausbildungsvergütung in Höhe von € 775,- brutto vereinbart.

Der Arbeitgeber meldete das Ausbildungsverhältnis nicht bei der zuständigen Innung an. Er erstellte weder einen Ausbildungsplan noch meldete er ihn bei der Berufsschule an. Vielmehr erfolgte lediglich eine Einweisung durch einen Arbeitskollegen. Fortan wurde der Mann als Reinigungskraft mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden eingesetzt. Gezahlt wurde ihm hierfür lediglich die vereinbarte Ausbildungsvergütung. Der Mitarbeiter verlangte daraufhin den Tariflohn.

Das Arbeitsgericht Bonn stellte fest: Ein Azubi, der als Arbeitnehmer eingesetzt werde, ohne ausgebildet zu werden, erbringt Leistungen, zu denen er gemäß Berufsausbildungsvertrag nicht verpflichtet ist. Dem Mann steht somit ein Anspruch auf die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers zu. Denn er wird nach Art und Umfang seiner Arbeit wie eine ungelernte Kraft beschäftigt.

Konkret: Da er als ungelernte Kraft in der Gebäudereinigung beschäftigt worden sei, hat er Anspruch auf die tarifliche Vergütung (hier: Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung).

ArbG Bonn, Urteil vom 8.7.2021, 1 Ca 308/21